Viele Kanzleien. Ein starkes Netzwerk.
Aktuelles
Neues aus Markt und Netzwerk
 

Pokergewinn und Einkommenssteuer – BFH X R 43/12

Poker und Steuer: Muss ein Pokerspieler seinen Pokergewinn in Deutschland einkommenssteuerrechtlich versteuern? Diese Frage beschäftigt seit Jahren die Finanz- und Verwaltungsgerichte in Deutschland. Deshalb möchte unsere steuerrechtlich spezialisierte Wirtschaftsrechtskanzlei hier erläutert, wann Pokergewinne versteuert werden müssen und was die bisherige Rechtsprechung für Pokerspieler bedeutet.

Dabei gehen wir ganz aktuell auf die Entscheidung des Bundesfinanzhof (BFH) Az. X R 43/12 ein und erläutern die Auswirkungen für Pokerspieler. Durch die neue Rechtsprechung ist damit zu rechnen, dass die Finanzämter in Zukunft verstärkt auf Pokerspielen zugehen und Pokergewinne auch Jahre später noch zur Besteuerung herangezogen werden - mit Zinsen und Zinseszinsen!

Pokergewinn und Steuer:

Ob der Pokergewinn eines Pokerspielers versteuert werden muss, hängt davon ab, ob das Pokerspielen als gewerbliche Leistung qualifiziert wird. Ist das der Fall, so unterfallen die Pokergewinne der Einkommenssteuer aus gewerblichen Unternehmungen nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Einkommenssteuergesetz (EStG).

In der Vergangenheit wurde die Abgrenzung hauptsächlich über die Unterscheidung zwischen Glücksspiel und Geschicklichkeitsspiel vorgenommen. Das höchste deutsche Gericht in Steuerangelegenheiten, der Bundesfinanzhof (BFH), hat dieses Abgrenzungsmerkmal in seiner Revisionsentscheidung X R 43/12 jedoch grundsätzlich aufgegeben. Vielmehr kommt es alleine auf das Merkmal eines Gewerbes an. Das bedeutet, maßgeblich ist, ob das Pokerspielen gewerblich betrieben wird.

Poker als Gewerbe:

Eine gewerbliche Tätigkeit liegt nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG vor, wenn eine selbständige nachhaltige Betätigung mit der Absicht ausgeübt wird, Gewinn zu erzielen und sich dabei als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt.

Eine selbständige und nachhaltige Tätigkeit liegt vor, wenn der Pokerspieler das Spielen nicht nur als Hobby und nur gelegentlich betreibt. Hierbei kommt es immer auf den Einzelfall an, es ist also eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Insbesondere bei Pokerspielern, die regelmäßig an Turnieren (teilweise europa- oder weltweit) teilnehmen und hierfür einen hohen Zeitaufwand betreiben, kann grundsätzlich von einer nachhaltigen Tätigkeit ausgegangen werden.

Die dauerhafte Gewinnerzielungsabsicht dürfte bei allen Pokerspielern zu bejahen sein, die um größere Summen spielen. Dabei ist es im Steuerrecht sogar unerheblich, ob die Gewinnerzielungsabsicht nur ein Nebenzweck der Tätigkeit ist. Ebenfalls ist für die Einordnung eines Gewerbebetriebs unerheblich, ob tatsächlich Gewinne erzielt werden.

Problematisch ist beim professionellen Poker insbesondere, ob sich das Pokerspielen als Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Zu dieser Frage hat der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 16.09.2015 Az. X R 43/12 Stellung genommen.

BFH X R 43/12 zur Versteuerung von Pokergewinnen:

In der Vergangenheit wurde die Abgrenzung zwischen Poker und Gewerbe insbesondere an der Unterscheidung zwischen Glücksspiel und Geschicklichkeitsspiel vorgenommen. BFH X R 43/12 hat nun klargestellt, dass es darauf gar nicht ankommt. Das Steuerrecht und das Einkommenssteuerrecht knüpfen für die Abgrenzung zum Gewerbe weder in positiver, noch in negativer Hinsicht an das Merkmal des Glücksspiels an. Deshalb ist es steuerrechtlich unerheblich, ob das Straf- oder Verwaltungsrecht Poker als Glücksspiel qualifiziert.

Entscheidend ist, ob das Pokerspielen eine am Markt orientierte Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Hierfür müsste das Pokerspielen eine Tätigkeit am Markt gegen Entgelt darstellen. Die Tätigkeit muss nach außen in Erscheinung treten und sich an eine, wenn auch begrenzte Allgemeinheit wenden.

Der Bundesfinanzhof hat dies zumindest für das professionelle Pokern bejaht. Die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr setzt keinen Güteraustausch gegen festes Entgelt voraus. Vielmehr kann das Entgelt auch erfolgsabhängig bestimmt werden. Und die angebotene Leistung muss nicht aus Gütern bestehen, sondern kann auch aus einer geistigen Dienstleistung bestehen.

Wer also professionell bei Turnieren Poker spielt, bietet seine spielerischen Fähigkeiten als Dienstleistung an, die erfolgsabhängig durch das jeweilige Preisgeld vergütet wird. Das jeweilige Startgeld (Buy-in) stellt dabei eine Betriebsausgabe im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG dar; ist also notwendige Aufwendung (Ausgabe), die durch die Tätigkeit als Pokerspieler bedingt ist. Demnach muss der Pokerspieler seinen Gewinn (Einnahmen über Ausgaben) versteuern.

Auswirkungen für Pokerspieler:

Die jüngste Entscheidung des Bundesfinanzhofs zu Poker und Einkommenssteuer hat grundsätzliche Bedeutung für alle professionellen Pokerspieler. Wer dauerhaft durch sein Können am Pokertisch Gewinne erzielt, muss diese wohl künftig in Deutschland versteuern, sobald das Finanzamt hiervon Kenntnis hat. Dies gilt grundsätzlich sowohl für Gewinne beim Online-Poker, als auch für die Gewinne bei örtlichen Pokerturnieren. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob das Pokerspielen gewerblich ausgeübt wird.

Professionelle Pokerspieler sollten deshalb frühzeitig dafür Sorge tragen, die Ausgaben (Startgelder und Buy-ins, Reisekosten, Fortbildungskosten für Coachings, Betriebsmittel usw.) nachweisen zu können. Will das Finanzamt die Pokergewinne nämlich besteuern und können keine Ausgaben nachgewiesen werden, so schätzt das Finanzamt die Ausgaben. Dies dürfte in der Regel nachteilig für den Pokerspieler sein, da vielfach der Return-on- invest wesentlich geringer ist, als von Laien angenommen.

Die Festsetzungsfrist (Verjährungsfrist) zur steuerlichen Veranlagung liegt grundsätzlich bei vier Jahren. Hinzu kommen aber unter Umständen noch drei weitere Jahre, wenn gar keine Steuererklärung abgegeben wurde.

Bei Steuerhinterziehung beträgt die Festsetzungsfrist sogar zehn Jahre. Das hat zur Folge, dass Pokergewinne im Zweifel sogar bis zu 7 bis 13 Jahre rückwirkend besteuert werden könnten. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass jährlich noch sechs Prozent Zinsen auf die ursprüngliche Steuerforderung aufgeschlagen werden.

Ob ein Pokerspieler seine Verluste beim Poker aus Vorjahren als Verlustvortrag geltend machen kann, ist noch nicht entschieden. Konsequenterweise müsste dies aber zu bejahen sein, wenn professionelles Poker als Gewerbe qualifiziert und zur Einkommenssteuer herangezogen wird.

Zusammenfassung:

  • Der Pokergewinn muss versteuert werden, wenn es sich um eine gewerbliche Tätigkeit handelt.
  • Eine gewerbliche Tätigkeit liegt vor, wenn es sich um eine selbständige nachhaltige Betätigung handelt, die mit der Absicht ausgeübt wird, Gewinn zu erzielen und sich dabei als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt.
  • Eine selbständige nachhaltige Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht liegt in der Regel bei allen Pokerspielern vor, die das Pokerspielen nicht nur als Hobby betreiben. Entscheidend ist hierbei immer eine wertende Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls.
  • Unerheblich ist dabei, ob die Gewinnerzielung nur Nebenzweck der Tätigkeit ist. Ebenfalls unerheblich ist, ob tatsächlich Gewinne erzielt werden.
  • Ob Poker eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, ist nach BFH X R 43/12 nicht mehr von der Unterscheidung zwischen Glücks- und Geschicklichkeitsspiel abhängig. (Wobei in der jüngeren Rechtsprechung mittlerweile anerkannt ist, dass die gängigen Pokervarianten eine Mischform aus Glücks- und Geschicklichkeitsspiel sind, bei der professionelle Pokerspieler einen Geschicklichkeitsvorteil haben.)
  • Bei professionellen Pokerspielern stellt die Teilnahme an Turnieren eine Dienstleistung dar, die erfolgsabhängig durch das Preisgeld vergütet wird und somit Einnahme im Sinne des Einkommenssteuerrechts ist.
  • Die Startgelder (Buy-in) beim Poker sind notwendige Betriebsausgaben.
  • Professionelle Pokerspieler sollten deshalb alle Ausgaben (Startgelder und Buy-ins, Reisekosten, Fortbildungskosten für Coachings, Betriebsmittel usw.) dokumentieren, damit diese von den Pokereinnahmen abgezogen werden können. Andernfalls schätzt das Finanzamt unter Umständen die Ausgaben.
  • Ob Verluste beim Poker als Verlustvortrag steuermindernd geltend gemacht werden können, ist noch nicht entschieden. Bei konsequenter Anwendung der jüngeren Rechtsprechung spricht allerdings vieles dafür.
  • Das Finanzamt kann Pokergewinne auch noch Jahre nach dem Gewinnereignis zur Besteuerung heranziehen. In Einzelfällen kann die Festsetzungsfrist sogar zwischen 7 bis 13 Jahren nach dem Gewinnereignis liegen. Dabei werden in der Regel noch sechs Prozent Zinsen pro Jahr aufgeschlagen.

Beitrag veröffentlicht am
20. Juli 2016

Diesen Beitrag teilen

Alle Fachbeiträge zeigen