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Restschuldbefreiung nach drei Jahren und präventive Restrukturierungsrahmen

Zukünftig werden Schuldner im Rahmen der Insolvenz bereits nach drei Jahren von der Restschuldbefreiung profitieren. Wann dies genau der Fall sein wird, ist noch nicht klar - dass es so kommen wird allerdings schon. Der Grund ist eine zwingende EU-Richtlinie, die nur noch vom deutschen Gesetzgeber umgesetzt werden muss. Allerspätestens im Sommer 2022 muss das Gesetz ratifiziert sein und in Kraft treten, falls der Gesetzgeber die gesamte Umsetzungsfrist samt Verlängerung ausreizt. Die Richtlinie stellt hinsichtlich der Restschuldbefreiung zunächst nur auf den selbständigen Unternehmer ab, soll laut Erwägungsgrund 21 der Richtlinie aber ausdrücklich auch auf Verbraucher erstreckt werden.

Und diese Ausweitung auf alle natürliche Personen ist in Deutschland bereits politisch beschlossen.

Die Restschuldbefreiung in der Insolvenz:

Bei der Privatinsolvenz wird der Schuldner grundsätzlich nach sechs Jahren von seinen restlichen Schulden befreit. Voraussetzung ist allerdings, dass kein Versagungsgrund vorliegt (siehe § 290 InsO) und keine Ausnahme für bestimmte Forderungen vorliegt (beispielsweise für deliktische Forderungen, Steuerschulden oder Unterhaltsschulden).

Dem Schuldner, der nach drei Jahren 35% der im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen und die Kosten des Insolvenzverfahrens bezahlt hat, wird bereits nach drei Jahren die Restschuldbefreiung erteilt. Die Wohlverhaltensperiode verkürzt sich also von derzeit sechs auf drei Jahre. Kann der Schuldner nur die Verfahrenskosten aufbringen, so wird er immerhin schon nach fünf Jahren von seinen Schulden befreit.

EU Richtlinie 2019/1023 zur Restschuldbefreiung:

Das Europäische Parlament und der Rat haben im Sommer 2019 die EU Richtlinie 2019/1023 über Restrukturierung und Insolvenz erlassen und sodann in Kraft treten lassen. Teil der Richtlinie ist es, dass die Mitgliedsstaaten bis Juni 2021 die Restschuldbefreiung nach drei Jahren umsetzen. Verpflichtend muss dies nach der Richtlinie nur für Unternehmer in nationales Recht umgesetzt werden.

Im Erwägungsgrund 21 der Richtlinie wird allerdings ausdrücklich empfohlen, die zwingende Restschuldbefreiung nach drei Jahren auch auf Verbraucher auszuweiten. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht hat bereits im November 2019 angekündigt, dass dies in Deutschland auch kurzfristig so umgesetzt werden soll.

Hierfür werden Übergangsregeln eingeführt, damit Verbraucher nicht mit dem Insolvenzantrag warten, bis die neuen Regeln tatsächlich eingeführt wurden. In diesem Fall würden die Ämter nämlich mit einer Antragsflut überlaufen.

Ab dem 17. Dezember 2019 soll daher die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens jeden Monat um einen Kalendermonat verkürzt werden (gerechnet vom Tag des Inkrafttretens der Richtlinie im Juli 2019). Für ein zwischen dem 17.1. und 16.2.2020 beantragtes Insolvenzverfahren würde danach eine Frist von fünf Jahren und sechs Monaten gelten. Ab dem 17. Juli 2022 beträgt die Frist wie in der Richtlinie vorgesehen drei Jahre. Das bedeutet, dass Verbraucher schon heute von der Richtlinie 2019/1023 zur Restschuldbefreiung profitieren.

Lesen hierzu das Merkblatt zur verkürzten Restschuldbefreiung für überschuldete Verbraucher.

EU Richtlinie 2019/1023 zum präventiven Restrukturierungsrahmen:

Zu Zwecken der Harmonisierung im europäischen Binnenmarkt sollen nun alle Unternehmer die Möglichkeit haben, schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens - also außerhalb eines formellen Insolvenzverfahrens -Sanierungsmaßnahmen mit gesetzlichen Schutzmaßnahmen zu starten. In Deutschland gibt es diese Möglichkeit - im Unterschied zu den meisten anderen Mitgliedsstaaten bisher nicht. Durch Restrukturierungspläne sollen Sanierungsmaßnahmen beschlossen werden, welche einzelne Gläubiger grundsätzlich nicht alleine verhindern können, da dann per Mehrheitsbeschluss über den Plan abgestimmt wird.

Das Gericht kann dann ein Moratorium anordnen. In dieser Phase soll das Unternehmen vor Störungen durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger oder durch den Wegfall betriebsnotwendiger Vertragsverhältnisse geschützt werden. Dieser Schutzzeitraum dauert zum Schutz der Gläubigerinteressen vier Monate und kann auf maximal zwölf Monate verlängert werden.

Zusammenfassung:

  • In der Privatinsolvenz wird der Schuldner grundsätzlich nach sechs Jahren von seinen restlichen Schulden befreit (Restschuldbefreiung).
  • Voraussetzung ist allerdings, dass kein Versagungsgrund vorliegt und dass es sich nicht um Forderungen handelt, die von der Restsschuldbefreiung ausgenommen sind.
  • Schuldner, die nach drei Jahren 35% der im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen und die Kosten des Insolvenzverfahrens bezahlt haben, werden bereits nach drei Jahren die Restschuldbefreiung erteilt.
  • Kann der Schuldner nur die Verfahrenskosten aufbringen, so wird er immerhin nach fünf Jahren von seinen Schulden befreit.
  • Das Europäische Parlament und der Rat wollen Schuldner und Unternehmen nun besser vor und nach der Insolvenz schützen und hierdurch auch den Binnenmarkt harmonisieren.
  • Die EU-Richtlinie 2019/1023 über Restrukturierung und Insolvenz ist deshalb bereits verkündet und in Kraft getreten.
  • Die Restschuldbefreiung wird für Unternehmer zwingend nach spätestens drei Jahren erfolgen und wird auch auf Verbraucher erweitert.
  • Durch einen präventiven Restrukturierungsrahmen sollen Unternehmen die Möglichkeit bekommen, unter einem gesetzlichen Schutzschirm zu sanieren. Hierbei soll das Unternehmen insbesondere vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen geschützt werden.
  • Die Umsetzung in nationales Recht muss bis Juni 2021 - bei Verlängerungsantrag bis Juni 2022 abgeschlossen sein.

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