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Abberufung des Geschäftsführers

Gesellschaftsrecht in Deutschland
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Abberufung des Geschäftsführers: Wirksamkeit und Durchführung

Von unserem DIRO-Anwalt in Aachen, Herr Christoph Schmitz-Schunken, Tel: +49 241 94621143 , E-Mail: schmitz-schunken@dhk-law.com , www.dhk-law.com

Die Abberufung von GmbH-Geschäftsführern stellt für viele Unternehmen einen kritischen Punkt dar, der mit bedeutenden rechtlichen und organisatorischen Herausforderungen verbunden ist. Unternehmen müssen verstehen, wie sie diesen Prozess rechtlich sicher und praktisch effizient gestalten können. In diesem Beitrag erfahren Sie, warum die Abberufung relevant ist, welche rechtlichen Grundlagen und Verfahren zu beachten sind, und erhalten praktische Tipps für eine erfolgreiche Durchführung.

Die Abberufung ist dabei zwingend von der Beendigung des Dienstvertrages des Geschäftsführers rechtlich zu unterscheiden. Die Abberufung betrifft allein das gesellschaftsrechtliche Organverhältnis (die Bestellung) des Geschäftsführers zur Gesellschaft. Die Beendigung des Dienstvertrages (dienst- oder arbeitsrechtliches Verhältnis des Geschäftsführers zur Gesellschaft) folgt eigenen Regeln, die nicht Gegenstand der nachstehenden Erläuterungen sind!

1. Abberufung des Geschäftsführers

Die Abberufung von Geschäftsführern ist zentral in § 38 des GmbH-Gesetzes (GmbHG) geregelt. Dieser Paragraph erlaubt es der Gesellschafterversammlung als dem zuständigen Organ, die Bestellung eines Geschäftsführers jederzeit frei zu widerrufen, es sei denn, dass dieses Recht durch Anordnungen des Gesellschaftsvertrages beschränkt ist. Die Gestaltungsfreiheit des Gesellschaftsvertrages endet jedoch bei Vorliegen eines wichtigen Grundes (bspw. grobe Pflichtverletzung oder nachgewiesen Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung). Liegt ein wichtiger Grund vor, dann kann der Geschäftsführer jederzeit abberufen werden. In mitbestimmten GmbHs, in denen Arbeitnehmer durch das Mitbestimmungsgesetz (MitBestG) Teilhaberechte genießen, müssen zusätzliche Anforderungen berücksichtigt werden.

2. Wirksamkeit der Abberufung des Geschäftsführers

Die Abberufung erfolgt durch wirksamen Beschluss der Gesellschafterversammlung. Zur Abhaltung einer solches muss daher zunächst formal und inhaltlich richtig eingeladen und die Versammlung muss als solche richtig durchgeführt werden. Die Beschlussfassung in der Versammlung bedarf dann im Wesentlichen noch der wirksamen Beschlussfeststellung.

a. GmbH, die nicht nach MitBestG mitbestimmt ist.

Die Mehrzahl, der in der Rechtsform der GmbH organisierten Unternehmen in Deutschland, sind nicht mitbestimmt. Dies bedeutet, dass die Arbeitnehmer der Gesellschaft keine Einwirkungsmöglichkeiten über das MitBestG auf die Unternehmensleitung besitzen.

(1.) kein satzungsmäßiges Sonderrecht auf Geschäftsführung (Grund-/Regelfall)

Steht in einer solchen GmbH dem Geschäftsführer kein satzungsmäßiges Sonderrecht auf Geschäftsführung zu, ist der Abberufungsbeschluss grundsätzlich wirksam, wenn der Beschluss förmlich festgestellt worden ist (wirksame Beschlussfeststellung). In diesem Fall kann der betroffenen Geschäftsführer die Beschlussfassung durch Erhebung der Beschlussanfechtungsklage angreifen.

Bei fehlender förmlicher Beschlussfeststellung ist die Abberufung nicht vorläufig wirksam. Die Wirksamkeit der Abberufung hängt vielmehr von der materiellen Rechtslage ab. Der durch das Abstellen auf die materielle Rechtslage eintretende Schwebezustand ist bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der Abberufung hinzunehmen. § 84 Absatz 3 Satz 4 AktG findet keine Anwendung (BGH mit Urteil vom 20.12.1982, II ZR 110/82).

(2.) mit satzungsmäßigem Sonderrecht auf Geschäftsführung

Die Satzung der GmbH kann einem Gesellschafter ein Sonderrecht auf Geschäftsführung zuweisen. In dieses Sonderrecht greift jeder Abberufungsbeschluss ein, dem der betroffene Gesellschafter nicht zugestimmt hat. Der Abberufungsbeschluss verstößt in diesem Fall gegen die Anordnung des § 35 BGB, so dass der Beschluss nichtig ist.

Gleichwohl kann auch ein Geschäftsführer mit Sonderrecht abberufen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Gerichtlich muss die Gesellschaft in einem solchen Fall die Zustimmung des Geschäftsführers zu Beschlussfassung über die Abberufung einklagen (wenn die Zustimmung verweigert wird) bzw. Feststellung beantragen, dass die Voraussetzungen für den Entzug des Sonderrechts vorliegen. Bis zu dieser rechtskräftigen Feststellung durch Urteil bleibt der Geschäftsführer aber vertretungsbefugt. Erst das Urteil ersetzt dann gem. § 894 ZPO die fehlende Individualzustimmung zur Abberufung. Bis zu dem rechtskräftigen Urteil bleibt der Abberufungsbeschluss schwebend unwirksam.

Tipp für den Geschäftsführer:

Liegt ein nichtiger Abberufungsbeschluss vor, muss formal nicht mit der Beschlussmängelklage reagiert werden. Damit der betroffene Geschäftsführer aber nicht jedes Mal nach innen wie nach außen begründen muss, weshalb seine Organstellung noch besteht, ist ihm anzuraten, diese Klage zu führen, um das Ergebnis auch amtlich festgestellt zu wissen. Das gilt erst recht, wenn der Versammlungsleiter den Abberufungsbeschluss trotz fehlender Zustimmung fälschlicherweise festgestellt hat.

b. GmbH, die nach MitBestG mitbestimmt ist.

Bei einer mitbestimmten GmbH ist die Abberufung selbst bei einem Streit über das Vorliegen eines wichtigen Grundes zunächst sofort wirksam (§ 84 Absatz 3 Satz 4 AktG, § 31 Absatz 1 MitbesG). Die sofortige Wirksamkeit gilt bis zur gerichtlichen Feststellung der Unwirksamkeit. Ein abberufener Geschäftsführer kann sich also in dieser Konstellation nur durch Erhebung der Beschlussmängelklage verteidigen und muss bis zu deren Entscheidung „das Feld räumen“.

3. Wirksamkeit der Abberufung des Geschäftsführers im Außenverhältnis

Grundsätzlich verliert der Geschäftsführer materiell die organschaftliche Vertretungsbefugnis mit Wirksamkeit seiner Abberufung. Er kann in diesem Fall die Gesellschaft nicht wirksam vertreten. Allerdings gilt gem. § 15 Abs. 3 HGB, dass Dritte / Geschäftspartner, die keine Kenntnis von der Wirksamkeit der Abberufung haben, auf die Eintragung im Handelsregister vertrauen dürfen. Die GmbH muss ich in diesem Fall die Rechtshandlungen des abberufenen Geschäftsführers gegen sich gelten lassen. Die Wirksamkeit der Abberufung wird daher erst effektiv mit Eintragung der Abberufung im Handelsregister, auch wenn die Eintragung der Abberufung für diese nicht Wirksamkeitsvoraussetzung ist.

Geschäftspartner, die wissen weiß, dass der im Handelsregister eingetragene Geschäftsführer abberufen wurde, dieser sich aber gerichtlich gegen die Abberufung wehrt, dürfen ebenso auf die Wirkung der Handelsregisterpublizität gemäß § 15 HGB vertrauen, bis ihnen positiv bekannt ist, dass die Abberufung wirksam ist beziehungsweise sie im Handelsregister eingetragen wurde.

4. Wechselseitige Abberufung in der Zwei-Personen-GmbH

Die Zwei-Personen-GmbH ist im besonderen Maße anfällig für eine wechselseitige Zerrüttung in der menschlichen Beziehung zueinander. In diesem Punkt unterscheidet sich diese Situation nicht von anderen Zwei-Personen-Konstellationen.

Im GmbH-Kontext führt dies nicht selten zu dem Versuch, sich wechselseitig als Geschäftsführer aus wichtigem Grund abzuberufen. Dabei reagiert der von der Abberufung bedrohte Gesellschafter-Geschäftsführer aus der Ankündigung seiner Abberufung heraus selbst mit der Ankündigung der Beschlussfassung über die Abberufung des anderen Geschäftsführers aus wichtigem Grund.

Ziel dabei ist die Schaffung einer komplexen oder unübersichtlichen Gemengelage, um zu verhindern, dass ein Gericht gegen die Aufrechterhaltung des Status-Quo entscheidet. Der zuerst betroffene Gesellschafter wird dadurch formal als Geschäftsführer im Spiel gehalten, kann Versammlungen einberufen und hat Zugang zu allen Ressourcen der Gesellschaft. Insgesamt entsteht durch die wechselseitige Abberufung erheblichen Druck sich gütlich zu einigen.

In einem solchen Abberufungswettstreit gelten für die Frage der Wirksamkeit eines Abberufungsbeschlusses jedoch keine Qualifizierungen oder Besserstellungen im Verhältnis zu den sonstigen Fällen. Entscheidend bleiben die objektive Rechtslage und die Frage nach dem Vorliegen eines wichtigen Grundes. Daher müssen beide Geschäftsführer im einstweiligen Verfügungsverfahren vorbehaltlich anderer Regelungen im Gesellschaftsvertrag bis zur rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache weiter amtieren. Ebenso bleiben die Möglichkeiten des vorbeugenden einstweiligen Rechtsschutzes gegen die drohende Abberufung erhalten, wenn Abberufungsgründe erkennbar nicht vorliegen oder selbst auf Nachfrage hin nicht substantiiert aufgedeckt werden und die Rechtslage eindeutig ist. Da auch die nachhaltige Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses ein tauglicher Abberufungsgrund darstellen kann, muss sich der angreifende Gesellschafter sehr klar darüber sein, ob zu Lasten des anderen Gesellschafters mit Beginn des Wettstreits ein tauglicher Abberufungsgrund vorliegt. Andernfalls riskiert er, dass das Gericht den Beginn des Angriffs als Ursache der Zerrüttung wertet, mit der Folge, dass der Angreifer das Spielfeld am Ende verlassen muss. Sorgfältige Vorbereitung und Beratung unter Aufarbeitung des Sachverhaltes sind deshalb anwaltlich von Beginn an notwendig.

In der gerichtlichen Auseinandersetzung sowohl im Hauptsacheverfahren (Beschlussanfechtung) als auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (einstweiligen Verfügungsverfahren) ist darauf zu achten, dass beide Angriffe gemeinsam gerichtlich verhandelt und auch gemeinsam entschieden werden. Eine getrennte Verhandlung und Entscheidung ist ermessensfehlerhaft, da bei der Gesamtabwägung des Vorliegens wichtiger Gründe das Verhalten beider Geschäftsführer materiellrechtlich zu berücksichtigen ist.

5. Zeitliche Grenzen für die Abberufung des Geschäftsführers

Eine besondere Frist ist für die Abberufung nicht zu beachten. Sie kann sich auch auf länger zurückliegende Aspekte stützen. Wichtige Gründe zur Abberufung müssen aber grundsätzlich bei Beschlussfassung vorliegen. Auf ein Kennenmüssen aller Gründe kommt es nicht an. Nachträglich bekannt gewordene Umstände können als Ergänzung nachgeschoben werden.

Es gilt insbesondere nicht die Frist des § 626 Abs. 2 BGB! Diese ist nur für die Frage der Kündigung des Dienstvertrages von Bedeutung, nicht aber für die davon losgelöst zu beurteilende Frage der Abberufung.

Gleichwohl kann nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) die Geltendmachung eines wichtigen Grundes verwirkt sein, wenn trotz Kenntnis über längerer Zeit nichts unternommen wird (Zeitmoment) und der Geschäftsführer nach Treu und Glauben davon ausgehen darf, dass der Grund nicht mehr herangezogen wird (Umstandsmoment). Langes Abwarten mit einer Entscheidung kann aber immerhin dagegensprechen, dass es sich bei dem relevanten Vorgang um einen wichtigen Grund handelt. Die Gesellschafter dürfen aber Verständigungsversuche unternehmen, ohne das Risiko der Verwirkung einzugehen (arg. ex. § 203 BGB).

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