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Leitfaden für Geschäftsführer

Gesellschaftsrecht in Deutschland
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Leitfaden für Geschäftsführer: Insolvenzverschleppung, Versicherung und das Dilemma der Haftung

Von unserem DIRO-Anwalt in Aachen, Herr Carsten Lange, Tel: +49 241 94621138 , E-Mail: lange@dhk-law.com , www.dhk-law.com

Ein Blick auf das Konfliktfeld aus Unternehmenspraxis und Rechtsprechung

Geschäftsführer und Vorstände von Kapitalgesellschaften sind im Alltag zahlreichen Anforderungen ausgesetzt – doch kaum eine Pflicht wiegt so schwer wie die, im Krisenfall keine unzulässigen Zahlungen zu leisten und einen Insolvenzantrag rechtzeitig zu stellen. Um sich vor persönlichen Haftungsfolgen zu schützen, ist der Abschluss einer D&O-Versicherung fast schon Standard. Doch wie zuverlässig greift dieses Instrument tatsächlich bei Haftungsansprüchen des Insolvenzverwalters, insbesondere bei Vorwürfen der Insolvenzverschleppung?

Juristische Weichenstellung: Die jüngste Entscheidung aus Frankfurt/M.

Ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 5. März 2025 (Az. 7 U 134/23) liefert hierzu Diskussionsstoff. Das OLG äußert darin seine Rechtsansicht, dass eine D&O-Versicherung sich dann auf einen Leistungsausschluss berufen kann, wenn der Geschäftsleiter seine elementaren Insolvenzantragspflichten oder das Zahlungsverbot nach Insolvenzreife wissentlich missachtet. Bemerkenswert ist dabei die Annahme des Gerichts, dass bereits die objektive Missachtung dieser Kernaufgaben ausreicht, um auf ein bewusstes Fehlverhalten zu schließen. Wer als Geschäftsführer die Krise – und damit die Zahlungs- oder Überschuldungsreife – hätte erkennen müssen, aber trotzdem nicht handelt, wird nach dieser Ansicht als mit wissentlicher Pflichtverletzung Handelnder gleichgesetzt. Für die Annahme des Bewusstseins zum Pflichtverstoß seien keine weiteren Nachweise erforderlich.

Konsequenzen und Unwägbarkeiten für die Unternehmensleitung

Die Folgen dieser richterlichen Haltung sind gravierend: Wird eine derartige Pflichtverletzung unterstellt, besteht das Risiko, dass das Versicherungsunternehmen im Haftungsfall keinen Schutz bietet. Die Unsicherheit ist umso drängender, als bislang hierzu die höchstrichterliche Rechtsprechung noch aussteht – das letzte Wort im konkreten Fall ist dem Bundesgerichtshof vorbehalten.

Stimmen aus der Wissenschaft: Plädoyer für eine nuanciertere Betrachtung

Solche pauschalen Annahmen zur Geschäftsführerhaftung werden in der juristischen Literatur kritisch kommentiert. So fordert Thole (ZIP 2025, 1363 ff.), jede Situation differenziert zu bewerten. Es sei stets festzustellen, ob tatsächlich ein Insolvenzgrund vorlag, ob der Entscheider um dessen Existenz wusste und Zahlungen in Kenntnis dessen veranlasste. Die pauschale Verknüpfung zwischen Verstoß einer sog. Kardinalpflicht und Vorsatz wird im Zuge dessen abgelehnt, weil dies zu einer faktischen Verschiebung der Darlegungs- und Beweislast auf den Geschäftsführer führe. Besonders in Situationen, die sich im Graubereich zwischen fahrlässigem und vorsätzlichem Handeln bewegen, sind pauschale Unterstellungen aus Sicht von Kommentatoren unzulässig.

Handlungsbedarf: Empfehlungen für einen risikoarmen Umgang mit Krisensituationen

Unternehmensleitungen sollten sich angesichts dieser Entwicklung keinesfalls in falscher Sicherheit wiegen. Der Verlass auf die D&O-Versicherung allein reicht nicht – stattdessen empfiehlt sich ein strukturiertes und proaktives Risikomanagement, insbesondere:

  • Permanente Kontrolle der finanziellen Lage und genaue Dokumentation aller Managemententscheidungen,
  • Einholung von juristischem Rat, sobald Zweifel an der fortbestehenden Zahlungsfähigkeit oder Überschuldung aufkommen,
  • Kritische Prüfung des individuellen D&O-Versicherungsvertrags in Hinblick auf Ausschlusstatbestände und Meldepflichten,
  • Fortlaufende Anpassung der Compliance-Prozesse an die aktuelle Rechtsprechung.

Ausblick: Warten auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Solange eine endgültige höchstrichterliche Leitentscheidung noch aussteht, bleibt das Terrain unsicher. Geschäftsführer sollten weder organisatorisch noch versicherungstechnisch auf Lücken setzen, sondern die eigene Sorgfalt zur Maxime machen.

Sie haben Fragen zum Gesellschaftsrecht? Sprechen Sie uns gerne an!

Wer rechtliche Fragen rund um Haftung, Versicherungsschutz und Krisenmanagement hat, kann sich an Rechtsanwalt Carsten Lange wenden.

Unser DIRO-Anwalt in Aachen, Herr Carsten Lange berät Sie gerne, Tel: +49 241 94621138 , E-Mail: lange@dhk-law.com , www.dhk-law.com