Haftung des GmbH-Geschäftsführers im Insolvenzverfahren
Von unserer DIRO-Anwältin in Köln, Frau Nina Haverkamp, Tel: +49 221 9730960 , E-Mail: haverkamp@ahs-kanzlei.de , www.ahs-kanzlei.de
In Deutschland haftet der Geschäftsführer einer GmbH im Falle der Insolvenz der Gesellschaft zivil- und strafrechtlich. Nicht selten gerät der Geschäftsführer dadurch selbst in die Insolvenz. Die Haftung ergibt sich aus Pflichtverletzungen, z.B. durch verspätete Insolvenzanmeldung. Häufig hat der Geschäftsführer auch z.B. für Darlehen der Gesellschaft gebürgt.
1. Haftung wegen Insolvenzverschleppung
Der Geschäftsführer einer GmbH ist dazu verpflichtet nach Eintritt der Insolvenzreife der Gesellschaft, einen Insolvenzantrag zu stellen. Dies ist in § 15b InsO geregelt. Nach dieser Vorschrift haftet der Geschäftsführer persönlich, also mit seinem Privatvermögen, für alle Zahlungen, die die Gesellschaft nach Eintritt der Insolvenzreife leistet. Dies betrifft auch Zahlungen, die im Kontokorrent des Geschäftskontos eingehen. Denn diese Zahlungen mindern die Insolvenzmasse. Stellt der Geschäftsführer nicht umgehend nach Eintritt der Insolvenzreife, spätestens innerhalb von drei Wochen, einen Insolvenzantrag, haftet er!
Wann liegt überhaupt eine Insolvenzreife vor?
Das deutsche Recht bestimmt die Insolvenzreife zu einem sehr frühen Zeitpunkt. Der Zeitpunkt ist so früh, dass die meisten Geschäftsführer den Zeitpunkt für eine fristgerechte Stellung des Insolvenzantrags verpassen und daher nach Eröffnung des Verfahrens vom Insolvenzverwalter in die Haftung genommen werden.
Die deutsche Insolvenzordnung kennt zwei Kriterien für eine Insolvenzreife: Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Für die Insolvenzantragspflicht genügt, wenn ein Kriterium erfüllt ist.
Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn fällige Zahlungen nicht geleistet werden können. Sie müssen noch nicht angemahnt oder gar vollstreckt worden, sondern einfach nur sein. Es genügt bereits ein geringer Teil der nicht erfüllbaren Zahlungsverpflichtungen (5%). Können die Verbindlichkeiten insgesamt innerhalb von drei Wochen bezahlt werden, liegt lediglich eine Zahlungsstockung vor. Diese löst noch keine Antragspflicht aus.
Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen die Schulden nicht deckt. Dabei sind auch nicht fällige Verbindlichkeiten und Rückstellungen zu berücksichtigen. Sowohl für die Aktiva als auch für die Passiva sind nicht die handelsrechtlichen Buchwerte, sondern die Verkehrswerte maßgeblich. Es ist auf die jeweiligen Veräußerungserlöse (Liquidationswerte) der einzelnen Vermögensgegenstände abzustellen. Fortführungswerte dürfen nur angesetzt werden, wenn die Fortführung des Unternehmens überwiegend wahrscheinlich ist, also insbesondere auch die Zahlungsfähigkeit gewährleistet ist. Dies hat der Geschäftsführer in einem späteren Haftungsprozess darzulegen. Die bilanzielle Überschuldung ist ein Indiz für die insolvenzrechtliche Überschuldung. Dieses Indiz kann der Geschäftsführer beseitigen, indem er in einem Gutachten vorlegt, wonach eine positive Fortführungsprognose festgestellt wird.
TIPP: Bei Anzeichen einer Krise ist der Geschäftsführer zur laufenden Prüfung des Insolvenzgrundes verpflichtet. Durchführung und Ergebnis der Prüfung sind zu dokumentieren und zu erläutern. Bei komplexeren Sachverhalten empfiehlt es sich, Sachverständige hinzuzuziehen. Zu empfehlen ist eine Liquiditätsplanung, die abhängig von der Intensität der Krise wöchentlich oder täglich kontrolliert und angepasst wird, um den Zeitpunkt der Pflicht zur Insolvenzantragsstellung nicht zu verpassen. Mit Eintritt des Insolvenzgrundes haben die Geschäftsführer alle Zahlungen und Verfügungen über das Vermögen zu unterlassen, die nicht zur Erhaltung des Vermögens oder der Gesellschaft notwendig sind.
2. Haftung gegenüber dem Finanzamt
Der Geschäftsführer haftet persönlich in voller Höhe für die Lohnsteuer der Arbeitnehmer. Die Höhe der Lohnsteuer richtet sich nach dem tatsächlich ausgezahlten Gehalt.
TIPP: Fehlt die Liquidität, um Löhne in voller Höhe und alle Lohnnebenkosten zu zahlen, empfiehlt es sich, den Netto-Lohn nicht in voller Höhe auszuzahlen, so dass die geschuldete Lohnsteuer sich entsprechend reduziert. Im Ergebnis wird dann ein Teil des Lohns und die vollständige auf diesen Lohnanteil entfallende Lohnsteuer gezahlt. Auf diese Weise reduziert sich die Haftung des Geschäftsführers.
Der Geschäftsführer haftet dem Finanzamt persönlich, soweit er fällige Steuerschulden (Umsatzsteuer, Körperschaftssteuer) nicht in gleichem Umfang wie andere Verbindlichkeiten begleicht. Beispiel: Fällige Verbindlichkeiten betragen € 100.000,-, € 20.000,- werden an die Gläubiger, jedoch nicht an das Finanzamt, gezahlt. In diesem Fall wäre das Finanzamt mit 20% zu berücksichtigen.
TIPP: Der Geschäftsführer sollte also sicherstellen, dass die Gesellschaft alle Steuerschulden der Gesellschaft in voller Höhe zahlt, um eine spätere private Haftung zu vermeiden.
3. Haftung gegenüber Krankenkassen
Der Geschäftsführer haftet mit seinem Privatvermögen für die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung. Sozialversicherungsbeiträge sind auch dann geschuldet, wenn der Lohn nicht ausbezahlt wird!
TIPP: Fehlt die Liquidität, um die Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu leisten, sollte der Geschäftsführer zumindest die Arbeitnehmerbeiträge mit entsprechender Tilgungsbestimmung zahlen.
4. Strafrechtliche Haftung
Das Insolvenzgericht leitet die Insolvenzakte an die Staatsanwaltschaft weiter, die die Haftung des Geschäftsführers wegen sog. Insolvenzstraftaten prüft. Hierzu gehört üblicherweise die Haftung wegen Insolvenzverschleppung, Veruntreuung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung, Bankrott. Hinzu kommen kann auch ein Verdacht auf Betrug.
Meistens erfährt der Geschäftsführer dann von Ermittlungsverfahren, wenn er eine Ladung der Polizei erhält.
TIPP: Geschäftsführer sollten nicht zur Polizei gehen, sondern einen spezialisierten Anwalt beauftragen, der zunächst einmal Akteneinsicht nimmt und dann mit dem Geschäftsführer bespricht, wie man die Vorwürfe entkräften kann. Auf diese Weise können die Ermittlungsverfahren häufig zur Einstellung gebracht werden, so dass es nie zu einer öffentlichen Gerichtsverhandlung kommt.
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