Miete und Insolvenz in den Niederlanden
Von unserem DIRO-Anwalt in Enschede, Herr Dr. A.S. (Arjen) Westerdijk, Tel: +31 88 480 4091 , E-Mail: arjen.westerdijk@kienhuislegal.nl , www.kienhuislegal.nl
Insolvenz des Vermieters
Für die Insolvenz eines Vermieters gibt es keine besonderen Regelungen. Wenn ein Vermieter insolvent wird, ändert sich grundsätzlich nichts an einem laufenden Mietvertrag. Die Insolvenz hat nämlich keinen direkten Einfluss auf laufende Verträge.
Die Insolvenz liefert dem Insolvenzverwalter keinen Grund, den Mietvertrag zu kündigen oder die gemieteten Räumlichkeiten zu räumen. Ein Mieter kann also gegen Zahlung der Miete die gemieteten Räumlichkeiten weiterhin nutzen. Selbstverständlich kann der Insolvenzverwalter einen Mietvertrag auf Grundlage der Vereinbarungen im Mietvertrag oder der Möglichkeiten, die das Gesetz dem Vermieter bereits bietet, kündigen. Ein Insolvenzverwalter kann sich auch dafür entscheiden, einen Mietvertrag nicht zu verlängern, wenn dafür seine Mitwirkung erforderlich ist.
Verkauft und übergibt der Insolvenzverwalter den Mietgegenstand an einen Dritten, gilt uneingeschränkt die Regel „Kauf bricht Miete nicht”: Die Rechte und Pflichten des insolventen Vermieters aus dem Mietvertrag gehen auf den neuen Eigentümer über. Ab der Übergabe ist dieser der Vermieter. Für den Mieter ändert sich damit wenig.
Insolvenz des Mieters
Ein laufender Mietvertrag bleibt grundsätzlich auch bei Insolvenz des Mieters bestehen. Es gelten jedoch erweiterte Möglichkeiten zur vorzeitigen Kündigung.
Beendigung des Mietvertrags
Aufgrund der niederländischen Insolvenzordnung, dem „Faillissementswet“ (kurz: „Fw“), können sowohl der Mieter als auch der Vermieter den Mietvertrag im Falle einer Insolvenz vorzeitig kündigen (Artikel 39 Fw), unabhängig davon, was die Parteien im Mietvertrag vereinbart haben.
Bei einer vorzeitigen Kündigung aufgrund dieses Artikels gilt eine Kündigungsfrist; eine Frist von drei Monaten ist in jedem Fall ausreichend. Der Mieter hat bei dieser Kündigung keinen Anspruch auf Schadenersatz, auch wenn im Mietvertrag etwas anderes vereinbart ist.
Eine Kündigung gemäß Artikel 39 Fw ist für den Vermieter nicht möglich, wenn (i) dies gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstößt oder (ii) ein Missbrauch der Befugnisse vorliegt. Dies ist nur in Ausnahmefällen der Fall.
Mietzahlungen
Die vor der Insolvenz entstandenen Mietschulden (die also bereits vor dem Insolvenzdatum fällig waren) stellen eine Insolvenzforderung dar. Der Vermieter hat dabei keinen Vorrang vor anderen Gläubigern, und vorrangige Gläubiger (wie Pfand- und Hypothekengläubiger) werden auch vorrangig befriedigt. In der Praxis bleiben diese Insolvenzforderungen oft unbezahlt.
Die Mietzahlungen, die während der Insolvenz fällig werden, sind jedoch Masseverbindlichkeiten. Der Vermieter hat dafür in der Insolvenz Vorrang vor den meisten Gläubigern. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Mietzahlungen beglichen werden, ist daher größer.
Übertragende Sanierung bzw. Neustart
Nach einer Insolvenz wird häufig geprüft, ob eine übertragende Sanierung bzw. ein sogenannter Neustart möglich ist. Wenn der Insolvenzverwalter Chancen sieht, kann der Mietvertrag durch Vertragsübernahme vom insolventen Unternehmen auf die Auffanggesellschaft übertragen werden. Dazu ist die Mitwirkung des Vermieters erforderlich.
Forderungsübergang
Weigert sich der Vermieter, an einer Vertragsübernahme mitzuwirken, kann der Insolvenzverwalter bei der Vermietung von Geschäftsräumen das Gericht bitten, ihn zu ermächtigen, den Nachfolger bzw. die Auffanggesellschaft anstelle des Mieters einzusetzen (Artikel 7:307 BW).
Das Vorstehende erscheint im Falle einer Insolvenz wenig sinnvoll, da der Vermieter – wie bereits erwähnt – den Mietvertrag im Falle einer Insolvenz kündigen kann. Wenn jedoch konkrete Pläne für die Übertragung des Unternehmens bestehen und eine ausreichende Sicherheit dafür gegeben ist, dass die Verpflichtungen gegenüber dem Vermieter erfüllt werden, kann eine Kündigung gemäß Artikel 39 Fw gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen. Die (beabsichtigte) Kündigung durch den Vermieter steht einer übertragenden Sanierung bzw. einem Neustart also nicht immer im Wege.
Für eine erfolgreiche Geltendmachung eines Forderungsübergangs gilt außerdem, dass (1) eine tatsächliche Unternehmensübertragung vorliegen muss, (2) der Insolvenzverwalter ein schwerwiegendes Interesse daran hat und (3) die Auffanggesellschaft bzw. der Nachfolger ausreichende Garantien für die vollständige Erfüllung des Mietvertrags und eine ordnungsgemäße Geschäftsführung bietet. Schließlich findet eine Interessenabwägung statt; für eine Bewilligung muss diese zugunsten des Insolvenzverwalters ausfallen.
Bei einem Forderungsübergang übernimmt die Auffanggesellschaft bzw. der Nachfolger die Rechte und Pflichten des insolventen Mieters aus dem Mietvertrag vollständig. Dies bedeutet auch, dass die Auffanggesellschaft bzw. der Nachfolger verpflichtet ist, etwaige Mietrückstände des insolventen Mieters zu begleichen. Dies kann für den Vermieter ein Anreiz sein, einem Forderungsübergang zuzustimmen, da so der durch die Insolvenz entstandene Schaden begrenzt bleibt.
Ergebnis
Die Insolvenz hat grundsätzlich keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Mietvertrag: Dieser läuft einfach weiter.
Bei einer Insolvenz des Mieters gelten abweichende Regeln, die genau beachtet werden müssen. Beide Parteien können den Mietvertrag bei einer Insolvenz des Mieters vorzeitig beenden.
Darüber hinaus gelten Mietschulden aus der Zeit vor dem Insolvenzdatum nur als Insolvenzforderungen, während Mietzahlungen, die während der Insolvenz fällig werden, als Masseverbindlichkeiten gelten und somit eine bessere Regressposition bieten.
Eine übertragende Sanierung bzw. ein Neustart mit Übernahme des Mietvertrags kann Komplikationen mit sich bringen, ist jedoch nicht unmöglich. Manchmal kann diese Übernahme sogar ohne Zustimmung des Vermieters durch eine gerichtliche Geltendmachung eines Forderungsübergangs erfolgen.
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