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Sonderurlaub bei Geburt

Für die meisten Väter ist es heutzutage selbstverständlich, dass sie bei der Geburt des Kindes dabei sind. Doch steht ihnen hierfür auch Sonderurlaub zu? Haben Väter einen Anspruch auf (bezahlte) Freistellung von der Arbeit?

Für Mütter besteht sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt ein Beschäftigungsverbot. Das ist so in § 6 Mutterschutzgesetz geregelt.

Bei Vätern ist die Rechtslage nicht so eindeutig. Hierbei muss zunächst festgestellt werden, ob das Arbeitsverhältnis einem Tarifvertrag unterliegt oder sich besondere Bestimmungen zum Sonderurlaub aus einer Betriebsvereinbarung bzw. dem Arbeitsvertrag selbst ergeben.

Sonderregelungen gibt es auch für Beamte.

Liegt keine spezielle Regelung vor, dann kommt es auf die gesetzliche Regelung des § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) an. Dieser ist grundsätzlich auf alle Arbeitsverhältnisse anwendbar.

Gesetzliche Regelung zum Sonderurlaub

Grundsätzlich gibt es keine spezielle Regelung, die den Sonderurlaub für Väter bei der Geburt des eigenen Kindes regelt.

Der § 616 BGB gewährt jedoch eine bezahlte Freistellung von der Arbeit, wenn der Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund und ohne eigenes Verschulden an der Arbeit verhindert ist.

Aus dieser Regelung kann der Vater einen Anspruch auf Sonderurlaub für die Geburt des eigenen Kindes ableiten.

Die Voraussetzungen hierfür sind:

  • Persönliche Gründe (wie zum Beispiel die Geburt des eigenen Kindes).
  • Eine verhältnismäßig nicht erhebliche Dauer der Freistellung (i.d.R. 1 bis max. 2 Tage).
  • Verhinderung an der Arbeit ohne eigenes Verschulden.

Besonders der letzte Punkt ist relevant. Der Arbeitnehmer hätte also am Tag der Geburt auch tatsächlich arbeiten müssen. Das bedeutet, dass bei einer Fünftagewoche von Montag bis Freitag und einer Geburt am Samstagabend, kein Anspruch auf nachträgliche Freistellung von der Arbeit besteht. Das gleiche gilt, wenn der Arbeitnehmer sich zum Zeitpunkt der Geburt schon im normalen Erholungsurlaub befindet. Denn auch dann hätte er nicht arbeiten müssen und ist deshalb während der Geburt nicht von der Arbeit verhindert.

Weiterhin muss beachtet werden, dass die gesetzliche Regelung des § 616 BGB nicht zwingend ist. Das bedeutet, dass in einem Arbeits- oder Tarifvertrag bzw. einer Betriebsvereinbarung, die Anwendung des § 616 BGB abgeändert oder sogar ausgeschlossen werden kann.

Regelung zum Sonderurlaub im Arbeitsvertrag

Wenn der Arbeitsvertrag eine spezielle Regelung zum Sonderurlaub erhält, dann geht diese Regelung der allgemeinen gesetzlichen Regelung des § 616 BGB vor.

Es kann also sein, dass sich bereits aus dem Arbeitsvertrag ein Recht auf Sonderurlaub wegen der Geburt des eigenen Kindes ergibt.

Andererseits kann im Arbeitsvertrag aber auch geregelt werden, dass der § 616 BGB in speziellen Fällen ausgeschlossen wird und in solchen Fällen auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung findet.

Ein genereller Ausschluss des § 616 BGB im vorformulierten Arbeitsvertrag stellt jedoch in der Regel eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar und kann gegen die sogenannte AGB-Kontrolle verstoßen. Eine generelle Ausschlussklausel wäre dann unwirksam, wenn es sich dabei um eine vorformulierte Standardklausel im Arbeitsvertrag handelt, die nicht zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer individuell ausgehandelt wurden.

Im Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ist ein genereller Ausschluss der gesetzlichen Regelung des § 616 BGB jedoch zulässig. Dies liegt daran, dass die jeweiligen Bestimmungen individuell zwischen den Vertragsparteien ausgehandelt wurde.

Deshalb muss auch darauf geachtet werden, ob der Arbeitsvertrag auf die Anwendung eines Tarifvertrags verweist.

Regelungen zum Sonderurlaub wegen Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung

Häufig finden sich abschließende Regelungen zum Sonderurlaub in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung. Dies betrifft in der Regel auch den Fall der Geburt des eigenen Kindes. Dort ist dann genau geregelt, ob und unter welchen Voraussetzungen wie viele Tage Sonderurlaub gewährt werden.

Wenn das Arbeitsverhältnis im Geltungsbereich eines Tarifvertrags liegt oder der Arbeitsvertrag auf einen Tarifvertrag verweist, dann gehen diese Regelungen der gesetzlichen Regelung des § 616 BGB vor. Gleiches gilt für spezielle Regelungen in Betriebsvereinbarungen.

Sind also spezielle Fälle (Heirat, Tod eines nahen Angehörigen etc.) für den Sonderurlaub explizit im Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung abschließend geregelt, dann ergibt sich daraus, dass alle anderen Fälle ausgeschlossen werden sollen.

Für alle nicht geregelten Fälle, kann dann nicht die gesetzliche Regelung aus § 616 BGB herangezogen werden.

Weiterhin ist es in einem Tarifvertrag möglich, die Ansprüche aus § 616 BGB generell auszuschließen. Dies kann durch bestimmte Formulierungen, wie zum Beispiel „vergütet wird nur die tatsächliche Arbeitszeit“ geschehen. Hieraus ergibt sich in zulässiger Weise, dass § 616 BGB keine Anwendung finden soll.

Wenn sowohl der Tarif- als auch der Arbeitsvertrag eine Regelung zum Sonderurlaub wegen Geburt enthält, dann gilt die für den Arbeitnehmer günstigere Regelung.

Sonderurlaub für Beamte und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst

Beamte und Richter haben bei der Niederkunft der Ehefrau oder Lebenspartnerin einen Anspruch auf einen Tag Sonderurlaub, vgl. § 12 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 Sonderurlaubsverordnung.

Das gleiche gilt für die meisten (nicht-verbeamteten) Mitarbeiter im öffentlichen Dienst. Wenn sie unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) fallen, ist § 29 Absatz 1 TVöD anwendbar. Auch dieser gewährt einen Tag Sonderurlaub bei Niederkunft der Ehefrau oder Lebenspartnerin im Sinne des LPartG.

Unter Lebenspartnerin im Sinne des LPartG sind gleichgeschlechtliche, eheähnliche Partnerschaften gemeint, die in einem formellen Verfahren eingetragen werden. Dies kann also nur die eingetragene Lebenspartnerin der werdenden Mutter sein.

Das schließt im Umkehrschluss den Anspruch für alle nicht-ehelichen (männlichen) Lebenspartner aus!

Bei allen vertraglichen Regelungen muss nämlich immer auf den genauen Wortlaut geachtet werden.

Wenn in der jeweiligen Vereinbarung nur Ehepartner oder Lebenspartnerinnen im Sinne des LPartG genannt sind, dann kann der Vater keinen Anspruch auf Sonderurlaub ableiten, wenn er nicht mit der Mutter des Kindes verheiratet ist.

Wenn in der jeweiligen Vereinbarung der Sonderurlaub ganz allgemein für die Niederkunft der Ehe- oder Lebenspartnerin gewährt wird, dann kann der Sonderurlaub auch noch zeitlich verlagert, also nach der Geburt genommen werden.

Zusammenfassung

Zunächst kommt es darauf an, welche Regelung auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist.

Ein Anspruch auf Sonderurlaub wegen der Geburt des eigenen Kindes kann sich aus

Unter Umständen kann der Anspruch auf Sonderurlaub auch komplett ausgeschlossen sein.

Es kommt immer auf den genauen Wortlaut der jeweiligen Vereinbarung an, ob nur Verheiratete (bzw. eingetragene Lebenspartnerinnen) Anspruch auf Sonderurlaub haben bzw. in welchem Zeitraum der Urlaub genommen werden muss.

Grundsätzlich ist es immer hilfreich, wenn der Arbeitnehmer frühzeitig das Gespräch mit dem Arbeitgeber sucht und den ausgerechneten Geburtstermin bekannt gibt. Häufig gewährt der Arbeitgeber nämlich auch ohne eine Verpflichtung eine Freistellung (oder bezahlten Sonderurlaub) für den Tag der Geburt.

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