Steuerlast auf Veräußerungsgewinn Negative Kapitalkonten bei Personengesellschaften – mit insolvenzrechtlichem Bezug
Kommt für Sie folgende Situation in Betracht bzw. liegt vor?
- Sie sind Gesellschafter einer Personengesellschaft (z.B. Gesellschaft bürgerlichen Rechtes, oHG oder Kommanditgesellschaft)
- und Ihr Kapitalkonto als Gesellschafter weist einen negativen Saldo aus, z.B. aufgrund von bisherigen Überentnahmen
- und es werden in der Vergangenheit und für die Zukunft keine Gewinne erwirtschaftet bzw. erwartet, mittels derer das negative Kapitalkonto abgebaut werden kann, wobei dies mit der möglichen Folge verbunden sein kann, den Geschäftsbetrieb der Personengesellschaft zu schließen oder ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Personengesellschaft zu erwarten ist.
Diese Situation bewertet das Finanzgericht Münster für steuerrechtliche Zwecke in einem Urteil vom 20.07.2022 (9 K 3170/19 wie folgt:
„Das negative Kapitalkonto des Gesellschafters einer Personengesellschaft fällt zum Zeitpunkt weg, zu dem feststeht, dass ein Ausgleich des negativen Kapitalkontos mit zukünftigen Gewinnanteilen nicht mehr in Betracht kommt, spätestens im Moment der Betriebsveräußerung oder -aufgabe.“
Das klingt auf den ersten Blick unspektakulär -ist es aber im Hinblick auf die steuerrechtlichen Folgen nicht. Denn der Folgesatz für die steuerrechtliche Bewertung lautet: „Wenn das negative Kapitalkonto wegfällt, entsteht ein (steuerpflichtiger) Veräußerungsgewinn.
Und der Zeitpunkt, zu dem dieser Veräußerungsgewinn entsteht, wird wie folgt bestimmt:
- spätestens der Zeitpunkt der Aufgabe des Geschäftsbetriebes, Moment der Betriebsveräußerung oder -aufgabe
- oder bereits früher zu dem Zeitpunkt, zu dem feststeht, dass ein Ausgleich aus den zukünftigen Gewinnen nicht mehr in Betracht kommt, also künftig Gewinnanteilen nicht mehr entstehen.
Zu diesem Zeitpunkt entsteht die Steuerlast auf den Veräußerungsgewinn wegen Wegfalls des negativen Kapitalkontos. Und wenn man dann als Gesellschafter einer Personengesellschaft seine persönlichen Verbindlichkeiten nicht mehr bezahlen kann, stellt sich die Frage des Insolvenzverfahrens über das eigene Vermögen mit dem Ziel der Restschuldbefreiung.
Von einer Restschuldbefreiung umfasst werden können aber nur die Verbindlichkeiten, die vor der Insolvenzeröffnung entstanden sind. Damit ist von erheblicher Bedeutung, dass es sich bei der Steuerlast auf den Veräußerungsgewinn um eine Insolvenzforderung handelt. Eine Insolvenzforderung liegt dann vor, wenn sie vor der Insolvenzeröffnung entstanden ist.
Es ist daher dringend darauf zu achten, dass der Insolvenzantrag über das Vermögen des Gesellschafters (mit dem Ziel der Restschuldbefreiung) erst dann gestellt wird, wenn der Veräußerungsgewinn aus dem Wegfall des Kapitalkontos entstanden ist: es sollte also der Geschäftsbetrieb der Personengesellschaft bereits eingestellt oder veräußert sein oder über das Vermögen der Personengesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet worden sein. Im zeitlich nächsten Schritt kann sich dann die Insolvenz über das Vermögen des Gesellschafters anschließen.
Wichtig zu wissen ist aber auch, dass eine solche Situation nicht zwangsläufig entsteht. Es kommt nicht unerheblich darauf an, ob gesellschaftsrechtlich eine Pflicht zum Ausgleich des negativen Kapitalkontos besteht oder, wie bei einem Kommanditisten, der nur die Einlagenleistung schuldet (vgl. § 167 HGB), nicht. Aber auch derjenige benötigt eine auskömmliche insolvenz- und steuerrechtliche Beratung, der seiner Einlageleistungspflicht nicht nachkommen kann.