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Medizinisches Versorgungszentrum Urteilsbesprechung im Vertragsarztrecht — Angabe der Praxisanschrift und Nachbesetzung einer Arztstelle im MVZ

Urteilsbesprechung 1: Anforderungen an die Bewerbung um einen Vertragsarztsitz

LSG Berlin-Brandenburg: Bewerbung um einen Vertragsarztsitz – Strenge Anforderungen an die Angabe der Praxisanschrift

In einer aktuellen Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 24. April 2024 (Az. L 7 KA 4/22) wurden die Anforderungen an die Angabe eines Vertragsarztsitzes im Zulassungsverfahren präzisiert. Diese Entscheidung ist für niedergelassene Ärzte und MVZ-Träger von erheblicher Bedeutung, da sie die Bedeutung einer klar definierten Praxisanschrift unterstreicht.

Kernpunkte der Entscheidung

Der Fall betraf einen Kinderarzt, der sich um einen Vertragsarztsitz bewarb. Der Bewerber gab eine Praxisadresse an, die laut Gericht „nahezu unrealistisch“ war und nicht den Anforderungen des § 18 Abs. 1 Satz 2 der Ärzte-Zulassungsverordnung (Ärzte-ZV) entsprach. Das LSG stellte klar, dass die Angabe einer konkreten, nutzbaren Praxisanschrift bereits zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Zulassungsausschuss zwingend erforderlich ist. Eine nachträgliche Korrektur der Praxisadresse wurde vom Gericht ausgeschlossen.

Praxisrelevanz

Für Ärzte und MVZ-Träger bedeutet dies, dass bei der Bewerbung um einen Vertragsarztsitz größte Sorgfalt auf die Auswahl und Dokumentation der Praxisräume gelegt werden muss. Der Zulassungsantrag sollte eine präzise Anschrift beinhalten, die eindeutig belegt, dass die Räumlichkeiten tatsächlich genutzt werden können. Mietoptionen oder Bestätigungen älteren Datums reichen nicht aus, um die Voraussetzungen zu erfüllen.

Die Entscheidung verdeutlicht zudem die strengen Anforderungen an die Vollständigkeit der Unterlagen und die Notwendigkeit einer frühzeitigen Kommunikation mit dem Zulassungsausschuss. Bewerber sollten sich rechtzeitig um geeignete Praxisräume kümmern und deren Verfügbarkeit vorab sicherstellen.

Fazit

Diese Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg setzt klare Maßstäbe für die Angabe eines Vertragsarztsitzes im Zulassungsverfahren. Ärzte und MVZ-Träger sollten bereits im Vorfeld der Antragstellung die Realisierbarkeit ihrer Pläne sorgfältig prüfen und dokumentieren, um Verzögerungen oder Ablehnungen zu vermeiden.

Urteilsbesprechung 2: Nachbesetzung einer Arztstelle im MVZ

LSG Baden-Württemberg: Strenge Anforderungen an die Nachbesetzung von Arztstellen im MVZ

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 15. Mai 2024 (Az. L 5 KA 1146/23) klargestellt, dass bei der Nachbesetzung von Arztstellen in Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) strenge Anforderungen an die fachliche Übereinstimmung zwischen dem ausscheidenden Arzt und dem Nachfolger gelten. Diese Entscheidung hat weitreichende Auswirkungen für MVZ-Betreiber.

Sachverhalt

In dem entschiedenen Fall ging es um die Nachbesetzung einer Arztstelle in einem MVZ, die zuvor von einem Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Rheumatologie besetzt war. Der potenzielle Nachfolger war ebenfalls Facharzt für Innere Medizin, allerdings mit dem Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie. Das Gericht entschied, dass diese Konstellation nicht die gesetzlichen Anforderungen erfüllt, da der neue Arzt nicht in der Lage war, die rheumatologischen Patienten seines Vorgängers weiter zu behandeln.

Rechtliche Grundlagen und Bedeutung

Das LSG verwies auf die Vorschriften des § 103 Abs. 4a Satz 3 SGB V sowie auf die Bedarfsplanungsrichtlinien. Es wurde betont, dass die Nachbesetzung einer Arztstelle sicherstellen muss, dass das Leistungsspektrum im Wesentlichen erhalten bleibt. Abweichungen können zu einer Veränderung der Versorgungssituation führen und sind unzulässig.

Konsequenzen für MVZ-Träger

Diese Entscheidung zeigt, dass bei der Nachbesetzung von Arztstellen nicht nur die Zugehörigkeit zur gleichen Arztgruppe, sondern auch die inhaltliche Übereinstimmung des Leistungsspektrums eine zentrale Rolle spielt. MVZ-Träger sollten daher sicherstellen, dass der neue Stelleninhaber über dieselben fachlichen Qualifikationen verfügt wie der ausscheidende Arzt.

Die Anforderungen an eine Nachbesetzung sind zudem besonders relevant in Regionen mit Überversorgung, da hier die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften streng überwacht wird. Fehlende Übereinstimmung im Leistungsspektrum kann nicht nur zur Ablehnung des Antrags, sondern auch zu rechtlichen Konsequenzen führen.

Fazit

Die Entscheidung des LSG Baden-Württemberg unterstreicht die Wichtigkeit einer sorgfältigen Planung und Umsetzung bei der Nachbesetzung von Arztstellen. Für MVZ-Träger ist es entscheidend, die fachliche Eignung potenzieller Nachfolger genau zu prüfen und gegebenenfalls rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen.

Beitrag veröffentlicht am
6. Januar 2025

Thomas Oedekoven
DH&K Rechtsanwälte
Rechtsanwalt, Wirtschaftsmediator

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