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Erbrecht Der Erbfall ist eingetreten – Wie geht es weiter?

Ist der Erbfall eingetreten, sind neben der eigentlich im Vordergrund stehenden Trauerbewältigung eine Vielzahl von Dingen zu regeln. Häufig fühlt man sich als Hinterbliebener überfordert und weiß nicht recht, womit man anfangen soll. Mit diesem Beitrag soll eine erste Orientierung gegeben werden, welche Maßnahmen unmittelbar nach dem Erbfall zu ergreifen sind.

I. Automatisch eintretende Rechtswirkungen des Erbfalls – Rechtsnachfolge der Erben

Mit dem Erbfall wird der bzw. werden die Erben unmittelbar, automatisch und ohne jedes Zutun Rechtsnachfolger des Erblassers. Es bedarf insbesondere keiner ausdrücklichen Annahme der Erbschaft. Will der vom Erblasser durch letztwillige Verfügung eingesetzte oder der durch gesetzliche Erbfolge berufene Erbe nicht Rechtsnachfolger des Erblassers bleiben, muss er aktiv werden und die Erbschaft innerhalb einer Frist von sechs Wochen ausschlagen.

Nicht selten kommt es vor, dass die Hinterbliebenen nicht genau wissen, wer Erbe geworden ist. Es ist dann zunächst einmal die Erbfolge zu klären. Die kann sich aus einer letztwilligen Verfügung (Testament, Erbvertrag) oder aus der gesetzlichen Erbfolge ergeben.

Ist den Hinterbliebenen nicht bekannt, ob der Erblasser eine letztwillige Verfügung hinterlassen hat, ist dies in Erfahrung zu bringen. In Betracht kommt hierzu zunächst die Durchsicht der persönlichen Unterlagen des Erblassers. Idealerweise hat der Erblasser die im Erbfall bedeutsamen Unterlagen bereits zu Lebzeiten zusammengestellt und seine Hinterbliebenen bzw. Erben über den Aufbewahrungsort informiert. Aufgefundene letztwillige Verfügungen sind dann beim Nachlassgericht abzuliefern. Hierzu besteht eine gesetzliche Verpflichtung, deren Verletzung auch strafrechtlich relevant sein kann, nämlich als strafbare Urkundenunterdrückung.

Wird man bei den persönlichen Unterlagen des Erblassers nicht fündig, empfiehlt sich eine Anfrage beim zuständigen Nachlassgericht oder beim Zentralen Testamentsregister, ob eine letztwillige Verfügung vom Erblasser in amtliche Verwahrung gegeben wurde.

II. Erste Maßnahmen im Rahmen der Nachlassverwaltung

Parallel zur gegebenenfalls erforderlichen Ermittlung der Erben sind unmittelbar nach dem Erbfall erste Maßnahmen der Nachlassverwaltung einzuleiten. Hierzu zählt in erster Linie die Organisation der Bestattung und die Beauftragung eines Bestattungsunternehmens. Der Bestattungsunternehmer muss nicht zwingend vom Erben beauftragt werden. Beauftragt ein Hinterbliebener, der nicht Erbe geworden ist, ein Bestattungsunternehmen, hat er in Bezug auf die anfallenden Bestattungskosten einen Erstattungsanspruch gegen den oder die Erben. Die Kosten der Bestattung sind nach der gesetzlichen Regelung in § 1968 BGB aus dem Nachlass zu zahlen.

Ferner ist die Erteilung einer Sterbeurkunde beim Standesamt zu beantragen, um den Eintritt des Erbfalls gegenüber Behörden und anderen Institutionen belegen zu können.

Darüber hinaus sind verschiedene Meldepflichten zu erfüllen, d. h. der Todesfall ist verschiedenen Stellen bzw. Institutionen anzuzeigen. Hierzu zählen z.B. die Krankenkasse des Erblassers und die Deutsche Rentenversicherung oder andere private oder öffentlich-rechtliche Rentenversicherer.

Besonderes Augenmerk ist auf private Lebens-, Unfall- oder Sterbegeldversicherungen zu richten. Der Todesfall sollte den Versicherern umgehend mitgeteilt werden. Nach den Versicherungsbedingungen bestehen hier regelmäßig Fristen für die Mitteilung des Todesfalls, deren Versäumung sich auf die Zahlungsverpflichtungen des Versicherers auswirken und zu seiner Leistungsfreiheit führen kann.

III. Die Verwaltung und Abwicklung des Nachlasses – Wer ist zuständig? Wer darf handeln?

1. Die Rolle des Nachlassgerichts

Es entspricht einer durchaus landläufigen Auffassung, dass das Nachlassgericht für Fragen der Verwaltung und der Abwicklung des Nachlasses zuständig sei. So wenden sich Hinterbliebene nach dem Erbfall häufig an das Nachlassgericht und bitten dort um Unterstützung.

Von den Ausnahmefällen der Nachlassverwaltung und der Nachlasspflegschaft abgesehen, ist das Nachlassgericht für Fragen der Nachlassverwaltung und -abwicklung nicht zuständig. Diese obliegen -sofern der Erblasser nicht durch letztwillige Verfügung eine Testamentsvollstreckung angeordnet hat- allein den Erben. Die Zuständigkeit des Nachlassgerichtes beschränkt sich auf die Verwahrung und Eröffnung letztwilliger Verfügungen, die Entgegennahme von Ausschlagungserklärungen und die Erteilung bzw. Einziehung von Erbscheinen, die Erteilung von Europäischen Nachlasszeugnissen und die Benennung bzw. Entlassung von Testamentsvollstreckern sowie die Erteilung von Testamentsvollstreckerzeugnissen.

2. Alleinerbe bzw. Erbengemeinschaft als zuständiges Organ

Zuständig für die Nachlassverwaltung und -abwicklung ist der Alleinerbe bzw. bei mehreren Erben die Erbengemeinschaft. Im Falle einer Erbengemeinschaft hat diese im Außenverhältnis, etwa zu Banken, Versicherungen, Vermietern oder sonstigen Vertragspartner des Erblassers, gemeinsam zu handeln.

Sowohl bei gesetzlicher Erbfolge als auch in zahlreichen Fällen der gewillkürten Erbfolge (Testament, Erbvertrag) ist häufig unmittelbar nach dem Erbfall noch nicht klar, wer Erbe geworden ist. Oder aber die Erbfolge ist zwar klar, sie kann Dritten gegenüber jedoch nicht belegt bzw. nachgewiesen werden. So lassen kontoführende Banken häufig den Ausgleich von Nachlassverbindlichkeiten vom Erblasserkonto nicht zu, weil die anweisenden Personen ihre Erbenstellung (noch nicht) belegen können. Der Nachweis der Erbenstellung ist dann über einen beim Nachlassgericht zu beantragenden Erbschein zu führen. Das Erbscheinerteilungsverfahren kann auch in einfach gelagerten und unstreitigen Fällen durchaus Wochen, in streitigen und schwierigen Fällen Monate dauern.

In solchen Fällen ist dann eine vom Erblasser zu Lebzeiten erteilte und über den Tod hinaus wirkende Generalvollmacht hilfreich. Die einem oder mehreren Erben -etwa in Form einer Vorsorgevollmacht- erteilte Generalvollmacht hält den Nachlass unmittelbar nach dem Erbfall handlungsfähig. Gibt es eine solche Vollmacht nicht und kann die Erbfolge auch nicht hinreichend durch Vorlage einer notariellen letztwilligen Verfügung nebst Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts belegt werden, ist schnellstmöglich einen Erbschein zu beantragen.

3. Weitere Verwaltungsmaßnahmen

Abschließend noch einige kurze Hinweise auf weitere „to dos“, die zeitnah nach dem Erbfall erledigt werden sollten.

Es sollten zügig die im Nachlass befindlichen Unterlagen, insbesondere Bank- oder Versicherungsunterlagen gesichtet werden, um sich einerseits einen ersten Überblick über den Bestand des Nachlasses zu verschaffen und andererseits die bereits angesprochenen Meldepflichten gegenüber Versicherungsunternehmen erfüllen zu können. Der Bestand des Nachlasses sollte dann sinnvollerweise in einem geordneten Bestandsverzeichnis erfasst werden.

Auch sind die noch laufenden Verträge des Erblassers zu sichten, um diese schnellstmöglich kündigen zu können. Dabei ist zu beachten, dass eine wirksame Kündigung nur durch sämtliche Erben gemeinsam ausgesprochen werden kann, sofern nicht zu Lebzeiten Vollmachten vom Erblasser erteilt wurden, die einen einzelnen Erben dazu legitimieren.

Auch das digitale Erbe des Erblassers sollte Beachtung finden. Alle Rechte an Daten des Erblassers auf Smartphone, Tablet oder Computer gehen auf die Erben über. Die Betreiber von sozialen Netzwerken, Internetplattformen oder E-Mail-Accounts sind über den Erbfall zu unterrichten und zu bitten, den Erben den Zugriff auf die Daten zu ermöglichen. Hilfreich ist es hierbei natürlich, wenn der Erblasser bereits zu Lebzeiten eine Übersicht über digitale Accounts nebst Passwörtern erstellt und den Erben zugänglich macht. So sind diese direkt in der Lage, das digitale Erbe zu verwalten.

Schließlich ist in den in § 30 ErbStG näher beschriebenen Fällen das Finanzamt innerhalb von drei Monaten über den Erbfall zu informieren.

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