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Disquotale Einlagen in der Kapitalgesellschaft – Schenkungsteuerliche Risiken für mittelständische Unternehmen und Handlungsoptionen

Worum geht es bei disquotalen Einlagen?

Immer wieder stellt sich in der Beratungspraxis mittelständischer Unternehmen die Frage, wie Einlagen von Gesellschaftern in eine Kapitalgesellschaft steuerlich zu behandeln sind, wenn die Beträge nicht im exakt gleichen Verhältnis wie die Beteiligungsquoten der Gesellschafter erbracht werden. Solche sogenannten „disquotalen Einlagen“ – also Einlagen, die von den einzelnen Gesellschaftern in einem vom Geschäftsanteil abweichenden Umfang getätigt werden – bergen besondere steuerliche Fallstricke. Spätestens seit der Gesetzgeber auf eine frühere Besteuerungslücke reagiert hat, ist besondere Aufmerksamkeit bei Gestaltung und Dokumentation solcher Finanzierungsmaßnahmen geboten.

Quotal – Disquotal: Ein grundlegender Unterschied

Unter einer quotalen Einlage versteht man eine Gesellschaftereinlage entsprechend dem jeweiligen Gesellschaftsanteil. Beispiel: Sind vier Gesellschafter an einer GmbH zu je 25 % beteiligt, zahlt im Idealfall jeder ein Viertel der Gesamteinlage ein. Anders bei der disquotalen Einlage: In diesem Fall erfolgt die Zuführung von Eigenmitteln abweichend vom Beteiligungsschlüssel, d.h. einzelne Gesellschafter zahlen mehr bzw. weniger als es ihrer Quote entspräche. Die Gründe hierfür sind vielfältig – von Uneinigkeit in der Liquiditätslage bis hin zu Investitionsbereitschaft einzelner Gesellschafter. Für die Praxis relevant wird hierdurch insbesondere die Frage nach steuerlichen Konsequenzen.

Wie der Gesetzgeber die Schenkungsteuerlücke schloss

Bis zum Jahr 2011 blieb eine besondere Besteuerung von disquotalen Einlagen aus. Der Bundesfinanzhof hatte zwar entschieden, dass eine disquotale Einlage nicht als Schenkung unter Gesellschaftern einzuordnen ist. Grund: Die Kapitalgesellschaft als eigenständige juristische Person lässt – trotz Wertsteigerung für die Mitgesellschafter – keine unmittelbare unentgeltliche Zuwendung erkennen. Zugleich wurde die Kapitalgesellschaft selbst nicht Begünstigte einer Schenkung, denn motiviert war die Zuführung von Mitteln meist durch das gesellschaftliche Interesse. Eine gesetzliche Lücke war entstanden, da bei unmittelbarer Zuwendung zwischen den Gesellschaftern Steuerpflicht ausgelöst worden wäre – bei der disquotalen verdeckten Wertverschiebung jedoch nicht.

Durch die Einführung des § 7 Abs. 8 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) wurde diese Lücke geschlossen. Seither gilt: Wird durch die Einlage eines Gesellschafters der Wert der Anteile eines (anderen) Gesellschafters an der Gesellschaft gesteigert, wird dies wie eine Schenkung behandelt – und ist damit grundsätzlich schenkungsteuerpflichtig.

Wann liegt eine steuerbare Werterhöhung vor?

Entscheidend für die Besteuerung ist, ob durch die disquotale Einlage tatsächlich der Wert der Gesellschaftsanteile von Mitgesellschaftern steigt. Maßstab ist hierbei der sogenannte gemeine Wert – sprich, der Verkehrswert, der auch unter Dritten erzielbar wäre. Nur soweit die Einlage auch wirklich einen Wertzuwachs für andere Gesellschafter begründet, greift die Vorschrift.

Praktisch wichtig: Bestehen zwischen den leistenden und nicht-leistenden Gesellschaftern Abreden, wonach z.B. der die Einlage leistende Gesellschafter im Gegenzug Sonderrechte (z.B. höhere Gewinnbeteiligung oder besondere Ansprüche im Fall der Liquidation) erhält, muss eine Werterhöhung und somit Steuerpflicht sorgfältig geprüft werden.

Nicht erforderlich ist übrigens, dass ein sogenannter „Schenkerwille“ besteht – allein der objektive Wertzuwachs ist maßgeblich. Die Finanzverwaltung nimmt ein offensichtliches Missverhältnis, und damit eine steuerpflichtige Werterhöhung, bereits bei einer Wertdifferenz von 20 % an. Maßgeblich ist nicht der Einzahlungsbetrag, sondern der effektive Wertzuwachs der Anteile – meist entspricht beides jedoch einander.

Sonderfälle und Einschränkungen der Besteuerung

Der Wortlaut des § 7 Abs. 8 ErbStG ist weit gefasst. Umso wichtiger: Eine differenzierte Gesamtbetrachtung.

Nicht schenkungsteuerpflichtig sind beispielsweise solche Fälle, in denen alle Gesellschafter im Rahmen eines vorab fixierten Konzepts (sogenannter „Gesamtplan“) disquotale Einlagen erbringen, die in der Summe eine dem Beteiligungsverhältnis entsprechende Wertentwicklung nach sich ziehen. Auch kann eine Kompensation durch wechselseitige Leistungen unter den Gesellschaftern die Steuerpflicht entfallen lassen.

Ebenso entfällt die Besteuerung, falls sich die Einlage leistenden Gesellschafter mit gesellschaftsvertraglich oder schuldrechtlich gesicherten Sonderrechten absichern. Dazu zählen insbesondere Vereinbarungen über eine von den Quoten abweichende Gewinnverteilung, über Sondervorteile im Fall der Liquidation oder über eine Rückzahlung der Einlage, die lediglich vorübergehend im Gesellschaftsvermögen verbleibt.

Wichtig zu wissen: Während Übertragungen von Gesellschaftsanteilen unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich begünstigt sein können (§§ 13a, 13b ErbStG), gilt dies ausdrücklich nicht für eine durch disquotale Einlagen ausgelöste Werterhöhung fremder Anteile.

Gestaltungsspielraum: Wie kann Schenkungsteuer vermieden werden?

Praxisbewährte Gestaltungsmöglichkeiten bieten sogenannte „gesellschafterbezogene Rücklagen“: Vereinbaren die Gesellschafter, dass zusätzliche Einlagen schuldrechtlich dem jeweiligen Einzahler zugeordnet und spätestens bei Gesellschaftsauflösung diesem zurückgewährt werden, wird eine endgültige Vermögensverschiebung verhindert – und somit keine Schenkungsteuer ausgelöst. Die Finanzverwaltung erkennt diese Konstruktion ausdrücklich an.

Alternativ kann mittels gesellschaftsvertraglicher Anpassungen (etwa eine Sonderregelung in der Satzung für die Behandlung solcher Einlagen) einem späteren steuerlichen Zugriff begegnet werden.

Dennoch sind solche Modelle nicht risikolos: Ertragsteuerliche Folgen, wie etwa die Behandlung nachträglicher Anschaffungskosten oder Fragen der steuerlichen Einlagenrückgewähr, sowie gegebenenfalls auch Bewertungsfragen im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer müssen mitgedacht werden. Hier bedarf es einer genauen steuerlichen und rechtlichen Begleitung.

Zusammenfassung und Handlungsempfehlung

Disquotale Einlagen sind ein gängiges Mittel zur Deckung des Kapitalbedarfs – gerade auch in mittelständischen Unternehmen. Sie bergen jedoch die Gefahr ungewollter schenkungsteuerlicher Belastungen, wenn die gesellschaftsvertragliche oder schuldrechtliche Ausgestaltung nicht klar und rechtssicher erfolgt. Handlungsempfehlung für die Praxis: Sichern Sie jede disquotale Einlage mit passgenauen Vereinbarungen ab und dokumentieren Sie die Rechtsgrundlage eindeutig. Lassen Sie die steuerlichen Folgen – auch abseits der Schenkungsteuer – umfassend prüfen und halten Sie Rücksprache mit Ihrem steuerrechtlichen Berater, bevor Sie Zahlungen leisten oder entgegennehmen.

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