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Homeoffice in Belgien

Zwischen Vorteilen und Herausforderungen

Die COVID-19-Pandemie hat die Arbeitsgewohnheiten des belgischen Arbeitsnehmers erheblich verändert und das Homeoffice, ein bis dahin eher unauffälliges Arbeitsmodell, verbreitet.

Für viele Arbeitnehmer, insbesondere für diejenigen, die nicht unmittelbar neben dem Arbeitsplatz wohnen, ist das Arbeiten im Homeoffice attraktiv.

Doch gibt es auch berechtigte Fragen, die sich in diesem Rahmen stellen. Wird der Arbeitgeber durch das Homeoffice anfallende zusätzliche Kosten übernehmen? Wie geht man mit E‑Mails um, die außerhalb der Arbeitszeiten eintreffen? Muss der Arbeitgeber ergonomisches Büromobiliar zur Verfügung stellen, wie einen zweiten Bildschirm oder einen geeigneten Stuhl?

Der rechtliche Rahmen des Homeoffice in Belgien

Das Homeoffice wird in Belgien durch zwei gesetzliche Vorschriften geregelt. Einerseits handelt es sich um das Kollektive Arbeitsabkommen Nr. 85, welches das sogenannte strukturelle, beziehungsweise regelmäßige Homeoffice regelt (z. B. wenn jede Woche an einem bestimmten Tag von zu Hause gearbeitet wird).

Andererseits regelt das Gesetz vom 5. März 2017 alle Formen des „gelegentlichen“ Homeoffice (z. B. wenn ausnahmsweise von zu Hause gearbeitet wird, um auf einen Handwerker zu warten).

In beiden Fällen müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Vereinbarung treffen. Für regelmäßiges Arbeiten im Homeoffice muss diese Vereinbarung schriftlich festgehalten werden, entweder in einer individuellen Vereinbarung oder als Zusatz zum Arbeitsvertrag. Für eine gelegentliche Tätigkeit im Homeoffice ist eine schriftliche Vereinbarung nicht zwingend erforderlich, wird jedoch dringend empfohlen, um im Falle eines Konflikts einen Nachweis zu haben. Diese Modalitäten können auch kollektiv verhandelt und in eine Betriebsvereinbarung oder die Arbeitsordnung aufgenommen werden.

Homeoffice als freiwilliges Arbeitsmodell

Das Homeoffice bleibt grundsätzlich ein freiwilliges Modell. Dies bedeutet, dass sowohl die Zustimmung des Arbeitnehmers als auch die des Arbeitgebers erforderlich ist. Keiner der beiden kann eine Vereinbarung zur Arbeit im Homeoffice dem anderen auferlegen.

Welche Entschädigungen stehen dem Arbeitnehmer für seine regelmäßige Arbeit im Homeoffice zu?

Wenn ein Arbeitnehmer seine eigenen Geräte und/oder Einrichtungen für das Homeoffice nutzt, kann er in bestimmten Fällen Anspruch auf eine Entschädigung für das Arbeiten zu Hause erhalten. Die Bedingungen hängen von der Art der Tätigkeiten im Homeoffice ab, die der Arbeitnehmer ausführt, und von den Vereinbarungen, die hierzu getroffen worden sind.

Arbeitet der Arbeitnehmer im strukturellen Homeoffice, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die notwendige Ausrüstung bereitzustellen, zu installieren und zu warten. Darüber hinaus müssen alle Kommunikations- und Verbindungskosten im Zusammenhang mit dem Homeoffice übernommen werden.

Der Arbeitgeber muss die Kosten, die durch das Homeoffice entstehen, zwingend übernehmen. Das Landesamt für Soziale Sicherheit hat einige administrative Hinweise zur Bestimmung dieser Kosten gegeben:

  • Eine Büroentschädigung von 10 % des Bruttogehalts im Zusammenhang mit dem Homeoffice oder eine Entschädigung von bis zu 151,70 EUR pro Monat. Achtung: Seit Juni 2022 ist es nicht mehr möglich, sich für das System der 10%-Entschädigung anzumelden. Für Arbeitnehmer, die bereits in diesem System sind, ändert sich jedoch nichts.
  • Eine Internetanschlussentschädigung von 20 EUR pro Monat;
  • Eine Entschädigung von 20 EUR pro Monat, wenn Arbeitnehmer ihre eigenen Geräte nutzen, oder eine Entschädigung von 10 EUR pro Monat für die berufliche Nutzung eines zweiten Monitors, Druckers oder Scanners ohne Privatcomputer. Im zweiten Fall wird (für maximal drei Jahre) empfohlen, 5 Euro pro Monat und Gerät zu zahlen.

Der Arbeitgeber kann jedoch frei entscheiden, zusätzliche Erstattungen zu leisten, muss dabei allerdings beweisen können, dass es sich weiterhin um die Erstattung tatsächlich generierter Kosten handelt.

Handelt es sich um eine gelegentliche Tätigkeit im Homeoffice, ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet die entstandenen Kosten zu erstatten.

Arbeitszeit und Organisation: Muss der Arbeitnehmer rund um die Uhr erreichbar sein?

Nach dem Kollektiven Arbeitsabkommen Nr. 85 organisiert der Homeoffice-Arbeiter seine Arbeit innerhalb der regulären Arbeitszeiten des Unternehmens. Das bedeutet, dass auch im Homeoffice die gleichen Arbeitszeiten eingehalten werden müssen wie im Büro, es sei denn, es wurde eine andere Arbeitszeit in der Homeoffice-Vereinbarung festgelegt.

Kurz gesagt, Homeoffice ist keine legale Möglichkeit, Überstunden im eigenen Wohnzimmer zu leisten, ohne diese als solche anzuerkennen.

Überwachung und Respekt der Privatsphäre

Die Kontroll- und Überwachungsmodalitäten durch den Arbeitgeber ändern sich durch das Homeoffice nicht. Der Arbeitgeber kann nicht jede halbe Stunde anrufen, um zu überprüfen, ob sein Arbeitnehmer ausreichend arbeitet. In diesem Zusammenhang muss besonders auf den Respekt der Privatsphäre geachtet werden.

Fazit

Das Homeoffice bietet zweifellos viele Vorteile, aber es sollte nicht zu Lasten des Wohlbefindens der Arbeitnehmer oder ihrer Rechte gehen. Es ist wichtig, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammenarbeiten, um ein Gleichgewicht zwischen Flexibilität, Produktivität und Arbeitsnormen zu finden. Wir raten daher an, sich bei diesen Schritten von unserem erfahrenen Team unterstützen zu lassen.

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