Influencer und Steuern – Was Unternehmen und Content Creator jetzt wissen müssen
Steuerpflicht trifft neue Medien
In den vergangenen Jahren hat sich aus kreativer Freizeitgestaltung auf Social-Media-Plattformen ein ernstzunehmendes und vielfach lukratives Geschäftsmodell entwickelt: Das Influencer- oder Content-Creator-Tum. Was nach unkompliziertem Marketing und Entertainment aussieht, bringt – ähnlich wie klassische gewerbliche Tätigkeiten – eine Vielzahl steuerlicher Pflichten mit sich. Für Influencer, die als Einzelunternehmer tätig sind, ebenso wie für Unternehmen, die mit ihnen kooperieren, kommt es spätestens bei Kooperationen, Produktplatzierungen oder auszuzahlenden Honoraren auf steuerliche Transparenz an.
Wann und wie wird ein Influencer steuerlich relevant?
Sobald Influencer oder Content Creator regelmäßig und mit Gewinnerzielungsabsicht auf Plattformen wie Instagram, TikTok, YouTube oder Twitch aktiv sind, gelten sie steuerlich in der Regel als Gewerbetreibende. Zu den steuerpflichtigen Einnahmen zählen nicht nur Honorare, sondern auch sämtliche geldwerten Vorteile, wie zum Beispiel kostenlose Produkte (sogenannte „Sachzuwendungen“), Reisen, Restaurantbesuche oder Hotelübernachtungen, unabhängig davon, ob ein Geldfluss stattfindet. Auch Spenden von Firmen oder Affiliate-Einnahmen sind zu erfassen.
Oft liegt die Herausforderung bereits darin, sämtliche relevanten Einnahmen und deren Wert zu dokumentieren. Gerade bei Sachleistungen empfiehlt sich eine detaillierte Bestandsaufnahme – etwa mittels übersichtlicher Excel-Tabellen.
Welche Steuern fallen für Influencer an?
Im Grundsatz sind die folgenden Steuerarten relevant:
- Einkommensteuer : Ab Überschreiten des Grundfreibetrags (2025: 12.096 Euro) ist sämtlicher Gewinn – also Einnahmen abzüglich aller betrieblich veranlassten Ausgaben – einkommensteuerpflichtig. Der Grundfreibetrag bezieht sich auf alle Einkünfte, auch außerhalb der Content-Creator-Tätigkeit.
- Gewerbesteuer : Wird die Tätigkeit als gewerblich eingestuft, was bei den meisten Influencern bei wiederholter oder umfangreicher Produktwerbung der Fall ist, fällt ab einem Gewinn von über 24.500 Euro zusätzlich Gewerbesteuer an.
- Umsatzsteuer : Wird der zulässige Umsatz für Kleinunternehmer (2025: 25.000 Euro im Vorjahr) überschritten, müssen Creator auf sämtliche Umsätze – auch Sachleistungen – 19 Prozent Umsatzsteuer erheben und abführen. Vor allem Sachleistungen begründen regelmäßig Umsatzsteuerpflicht.
Besonderheiten bei Auslandswohnsitz und Wegzug
Mittlerweile versuchen zahlreiche Top-Influencer, ihre Steuerpflicht mittels Umzugs nach Dubai oder in andere Niedrigsteuerländer zu umgehen. Doch allein der Wegzug ins Ausland befreit nicht zwangsläufig von steuerlichen Pflichten in Deutschland: Wer weiterhin inländische wirtschaftliche Interessen verfolgt, in Deutschland wohnt oder hier relevante Geschäftsvorgänge abwickelt, bleibt oftmals weiterhin ganz oder teilweise steuerpflichtig. Zudem wird beim endgültigen Wegzug nach § 6 Außensteuergesetz („Wegzugsbesteuerung“) ein fiktiver Verkauf aller Gesellschaftsanteile angenommen – mit der Folge, dass die stillen Reserven sofort besteuert werden.
Fehlende oder fehlerhafte Steuerdeklaration – Hohe Risiken!
Die zunehmende Aufmerksamkeit der Finanzverwaltung für diese junge Branche sollte nicht unterschätzt werden. Aktuell werten diverse Taskforces, etwa in Nordrhein-Westfalen, Datensätze großer Social-Media-Plattformen aus, um Steuerpflichten zu überprüfen und Verdachtsfälle aufzudecken. Im Fokus stehen „große Fische“, also Akteure mit bedeutenden Umsätzen, doch auch kleinere Fälle können relevant werden. Die Strafen reichen – je nach Ausmaß und Vorsatz – von erheblichen Nachzahlungen bis zu Freiheitsstrafen. Bei gewerbsmäßiger Steuerhinterziehung jenseits der 50.000 Euro-Grenze droht regelmäßig eine Haftstrafe ohne Bewährung.
Unternehmen als Kooperationspartner: Steuerpflichten auch bei Unternehmen
Nicht nur Creator selbst, auch Unternehmen, die mit Influencern zusammenarbeiten, sollten die eigenen steuerlichen Pflichten im Blick behalten. Beispielsweise kann eine Anzeigepflicht bestehen, wenn Vergütungen an im Ausland ansässige Influencer gezahlt werden (Stichwort: Quellensteuer), oder es müssen inländische Umsatz- und Steuerabzugsverpflichtungen eingehalten werden. Es empfiehlt sich, die Finanzabteilung frühzeitig in vergleichbare Kooperationen einzubinden.
Selbstanzeige: Eine letzte Brücke zur Straffreiheit
Wer als Influencer bislang Steuererklärungen versäumt oder unvollständig abgegeben hat, sollte umgehend handeln: Eine sogenannte strafbefreiende Selbstanzeige (§ 371 AO) ist – solange der Steuerfall nicht bereits von den Behörden entdeckt ist – vielfach noch möglich. Voraussetzung: Die Rückkehr in die Steuerlegalität erfolgt vollständig, rechtzeitig und offenbart sämtliche unverjährten Taten einer Steuerart. Daneben müssen alle Steuern und Nebenleistungen wie Zinsen unverzüglich nachgezahlt werden. Eine Selbstanzeige sollte stets mit anwaltlicher oder steuerlicher Begleitung erfolgen, um Risiken und Formfehler zu vermeiden.
Fazit: Steuer-Compliance statt „Wild-West-Methoden“
Influencer und Unternehmen, die im Social-Media-Business aktiv sind, stehen heute unter den prüfenden Augen der Steuerbehörden. Die Praxis zeigt: Der Aufwand für eine ordnungsgemäße steuerliche Deklaration steht in keinem Verhältnis zu den Risiken, die aus fahrlässiger oder vorsätzlicher Steuerverkürzung entstehen können. Nur mit frühzeitiger Dokumentation, klarer Vertragsgestaltung, regelmäßiger Überprüfung und im Zweifel durch Hinzuziehung von Fachleuten ist eine nachhaltige und rechtssichere Marktteilnahme möglich.