Erstattung der Bank Mit geklauter ec-Karte Konto geplündert
Mit ihrer ec-Karte hatte die Bankkundin im Supermarkt um 10.30 Uhr ihren Einkauf bezahlt. Dass ihr im Kassenbereich danach jemand den Geldbeutel stahl, bemerkte sie nicht. Drei Tage später rief ein Bankmitarbeiter bei der Frau an: Von ihrem Konto seien mit der richtigen persönlichen Geheimzahl ungewöhnlich schnell nacheinander hohe Beträge abgebucht worden, teilte er mit. Insgesamt 18.545 Euro – ob sie darüber Bescheid wisse?
Die schockierte Frau ließ sofort die Karte sperren und erstattete Strafanzeige. Wie in diesen Fällen üblich, lehnte es die Bank ab, den Verlust zu ersetzen. Sie warf der Kontoinhaberin fahrlässiges Verhalten vor: Dass der Dieb/die Diebin ihre PIN benutzt habe, sei nur zu erklären, wenn die Kundin die Geheimzahl zusammen mit der Karte aufbewahrt habe.
Daraufhin verklagte die Frau die Bank auf Erstattung des Gesamtbetrags. Entschieden bestritt sie, dass sie die Geheimzahl im Portemonnaie notiert hatte: Die unbekannte Person, die das Konto geplündert habe, müsse sie bei der PIN-Eingabe an der Supermarkt-Kasse beobachtet haben. Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart entschied den Streit zu Gunsten der Kundin (9 U 200/22). Dass sie grob fahrlässig gegen die Pflichten im Umgang mit der ec-Karte verstoßen habe, sei nicht bewiesen, so das OLG.
Wenn ein Unberechtigter eine Originalkarte und die richtige Geheimzahl am Bankautomaten verwende, sei dies meistens, aber nicht zwangsläufig immer darauf zurückzuführen, dass beides zusammen aufbewahrt wurde. Im konkreten Fall habe die Kundin das Ausspähen der PIN nicht nur als theoretische Möglichkeit behauptet. Vielmehr stehe fest, dass sie nur zehn Minuten vor der ersten, von ihr nicht autorisierten Abhebung am Geldautomaten mit der ec-Karte an der Supermarkt-Kasse bezahlt habe.
Da die Karte direkt nach dem Bezahlen dort gestohlen wurde, sei die PIN sehr wahrscheinlich vorher ausgespäht worden. Das sei keineswegs unmöglich, wie die Bank behaupte. Auch wenn ein Karteninhaber bei der PIN-Eingabe vorschriftsmäßig eine Hand über das Gerät halte, schließe dies nicht aus, dass jemand über die Schulter blicke und die Zahl oder zumindest die Handbewegung beobachte. Mit einer Hand sei das Tastaturfeld nicht vollständig zu verdecken.
Außerdem müsse der Karteninhaber ja auch selbst die Tasten sehen, um die Nummer einzugeben. Dass ein Dieb/eine Diebin die Bankkundin bei der PIN-Eingabe mit einem Smartphone oder einem anderen Gerät fotografierte oder filmte, sei ebenfalls nicht ausgeschlossen. Die Bank vermute nur, dass Mitarbeiter des Supermarkts dies „auf alle Fälle bemerkt und die Polizei gerufen hätten“. Fakt sei aber: Die wenigsten Trickdiebe würden bemerkt.
Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 08.02.2023 – 9 U 200/22
Quelle: onlineurteile.de