Österreich | EU-Wasserrichtlinie Sind Kleinwasserkraftwerke noch realisierbar?
Der u.a. aus den Regeln der EU-Wasserrahmenrichtlinie folgende Schutz der Gewässer steht der Bewilligung von Wasserkraftwerken, vor allem von Kleinwasserkraftwerken, oft unüberwindbar entgegen. In bestimmten Ausnahmefällen ist eine wasserrechtliche Bewilligung dafür dennoch greifbar, so etwa in einem kürzlich vom LVwG Tirol entschiedenen Fall ( LVwG-20.12.2021, 2021/26/0666 und 0667-31 – siehe www.ris.bka.gv.at/Lvwg/ ).
Wenn damit zu rechnen ist, dass der gute ökologische Zustand oder das gute ökologische Potential in einem Oberflächenwasserkörper nicht erreicht werden können oder eine Verschlechterung dessen Zustandes die Folge wäre, dürfen wasserrechtlich bewilligungspflichtige Vorhaben in der Regel nicht genehmigt werden. Das ergibt sich aus § 104a Abs. 1 WRG und gilt auch für Wasserkraftwerke. Befindet sich ein Gewässer in einem sehr guten Zustand (wie er entsprechend der EU- Wasserrahmenrichtlinie definiert ist), bedeutet das für Projekte zur Errichtung von Wasserkraftwerken mit relativ geringer Leistung meist das Ende, auch wenn sie im Einzelfall dringend benötigt werden und jedenfalls zur Erreichung der Klimaziele beitragen. Gerade bei kleineren Projekten in höheren Regionen ist das oft der Fall.
Denn nur ausnahmsweise ist in solchen Fällen eine wasserrechtliche Bewilligung gemäß § 104 Abs. 2 WRG zu erteilen: Dafür müssen (kurz zusammengefasst) alle praktikablen Vorkehrungen getroffen worden sein, um die negativen Auswirkungen auf den Zustand des Oberflächenwasserkörpers zu mindern, es muss ein übergeordnetes öffentliches Interesse für das Vorhaben sprechen oder eine Art Interessenabwägung endet zugunsten des Vorhabens und die Ziele, denen das Vorhaben dient, können nicht durch andere Mittel, die eine „wesentlich bessere Umweltoption“ darstellten, erreicht werden.
Diese Bestimmung (korrekt) anzuwenden, bedeutet sowohl für die Wasserrechtsbehörden als auch für den Bewilligungswerber eine große Herausforderung, auch wenn es für solche Fälle einen eigenen Leitfaden der obersten Wasserrechtsbehörde gibt („Österreichischer Wasserkatalog, Wasser schützen – Wasser nutzen, Kriterien zur Beurteilung einer nachhaltigen Wasserkraftnutzung“ – siehe www. bmlrt.gv.at/ ).
Vor allem bei im Allgemeinen für die Energiewirtschaft objektiv gering relevanten Kleinwasserkraftwerken ist – nach bisheriger Behördenpraxis – eine Ausnahmegenehmigung nach § 104 Abs. 2 WRG kaum zu erhalten.
Aber selbst bei einem kleinen Wasserkraftwerk mit einer Engpassleistung von nur 416 kW (Regelarbeitsvermögen 1,58 GWh, Entnahme von maximal 300 l/s aus einem Tiroler Bach) kann eine solche Bewilligung zulässig sein. In seiner ausführlich begründeten und vor kurzem veröffentlichten Entscheidung zeigte das LVwG Tirol, dass eine Zustandsverschlechterung in besonderen Fällen auch durch ein Kleinwasserkraftwerk hinzunehmen ist:
Verschlechterungen des Gewässerzustandes drohten für die hydromorphologische Qualitätskomponente „Wasserhaushalt“ und die biologische Qualitätskomponente „Makrozoobenthos“. Demgegenüber anerkannte das Gericht einen Beitrag des Kraftwerkes zur Erreichung der Klimaziele und würdigte letztendlich z.B. auch, dass durch die Verwirklichung des Projektes Ersatz für die Verbrennung von rund 10.000 Liter an Dieseltreibstoff jährlich zur Stromerzeugung geschaffen wird, was nicht nur der Lärmvermeidung, sondern auch der Vermeidung von Abgasen und Schadstoffen in einer alpinen Alm- und Wanderregion dient.
Insgesamt kam das Verwaltungsgericht zur Auffassung, dass der Nutzen des Projektes für die menschliche Gesundheit und für die nachhaltige Entwicklung den Nutzen übertrifft, den die Einhaltung des Verschlechterungsverbotes im Anlassfall hätte. Seine Entscheidung ist noch nicht endgültig, sie wurde von der Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus mit außerordentlicher Revision an den Verwaltungsgerichtshof bekämpft. Die Entscheidung des Höchstgerichtes ist also abzuwarten.