Viele Kanzleien. Ein starkes Netzwerk.
Aktuelles
Neues aus Markt und Netzwerk
 

Game Over fürs Urheberrecht? BGH gibt Cheat-Software grünes Licht!

Mit Urteil vom 31. Juli 2025 (I ZR 157/21 – Action Replay II) hat der Bundesgerichtshof eine grundlegende Entscheidung zur urheberrechtlichen Zulässigkeit von sogenannter „Cheat-Software“ für Spielkonsolen gefällt. Demnach verletzt der Vertrieb solcher Software das Urheberrecht des Spieleherstellers nicht, solange die Software nicht den Quell- oder Objektcode des betroffenen Spiels verändert.

Sachverhalt

Im Mittelpunkt des Falls stand die Klage einer Herstellerin von Spielkonsolen und Computerspielen gegen ein Unternehmen, das Ergänzungssoftware – unter anderem „Cheat-Software“ – vertreibt. Mit dieser Software konnten Nutzer Spielbeschränkungen umgehen, zum Beispiel die Nutzung eines „Turbos“ verlängern oder die Zahl der Fahrer in einem Rennspiel beeinflussen.

Die Funktionsweise der Software beruhte darauf, variable Daten im Arbeitsspeicher der Konsole zu verändern, die von der Spielesoftware im laufenden Betrieb abgelegt werden. Dabei wird der Spielesoftware ein Zustand „vorgespiegelt“, der zwar tatsächlich auftreten kann, im gebotenen Moment aber nicht real ist. Wesentlich war, dass dabei weder der Quellcode noch der Objektcode des Computerprogramms direkt verändert wird.

Die Klägerin sah hierin eine unzulässige Umarbeitung gemäß § 69c Nr. 2 Satz 1 UrhG.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der BGH stellte klar: Ein bloßes Manipulieren von im Arbeitsspeicher abgelegten Spieldaten, das lediglich programmimmanente Zustände auslöst, stellt keine urheberrechtlich relevante Umarbeitung im Sinne von § 69c Nr. 2 UrhG dar. Maßgeblich ist, dass durch die Nutzung der „Cheat-Software“ der Quell- oder Objektcode der Spielesoftware in keiner Weise verändert wird.

Der urheberrechtliche Schutz für Computerprogramme, wie er in der Richtlinie 2009/24/EG und in den §§ 69a ff. UrhG umgesetzt ist, bezieht sich demnach auf die konkrete Ausdrucksform des Programms, insbesondere auf Quell- und Objektcode. Funktionalitäten des Programms oder abgeleitete Spielzustände sind hiervon nicht umfasst. Die verändert abgelegten Variablen im Arbeitsspeicher fallen nicht unter diesen Schutzbereich, solange sie keinen Eingriff in den Quell- oder Objektcode darstellen.

Der für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat folgte damit der Linie des Europäischen Gerichtshofs, wonach Ideen und Funktionsprinzipien eines Computerprogramms genauso wenig schützenswert sind wie die reine Nutzung programmimmanenter Zustände.

Fazit und Praxisfolgen

Der BGH hat mit diesem Urteil die urheberrechtlichen Grenzen für die Zulässigkeit von „Cheat-Software“ präzisiert: Solange die Software lediglich den Programmablauf über veränderte Spieldaten manipuliert, ohne dabei den Quell- oder Objektcode zu ändern, liegt keine urheberrechtlich relevante Umarbeitung vor. Spielehersteller können sich gegen solche Formen der Manipulation daher nicht auf ihr Urheberrecht an der Spielesoftware berufen.

Offen bleibt hingegen, ob etwaige andere rechtliche Schutzmechanismen – insbesondere aus dem Bereich des Wettbewerbs- oder Vertragsrechts – eingreifen können. Hierzu hat der BGH nicht entschieden. Für Hersteller und Entwickler ergibt sich daraus die Notwendigkeit, ggf. zusätzlichen technischen und rechtlichen Schutz vor derartiger Software zu etablieren.

Beitrag veröffentlicht am
26. August 2025

Diesen Beitrag teilen

Alle Fachbeiträge zeigen

Finanzrecht
03.11.2025

Ausbildung an privater Fernuniversität: Kindergeldanspruch für studierenden Sprössling

Auch für ein bereits erwachsenes Kind können Sie noch Kindergeld erhalten - unter bestimmten Voraussetzungen. Etwa wenn das Kind noch studiert. Aber sind an ein solches Studium ebenfalls bestimmte Voraussetzungen geknüpft? Im Streitfall bemängelte die Familienkasse, das Studium werde nicht ernsthaft betrieben. Daher stellte sich die Frage, ob an ein Studium an einer privaten (Fern-)Universität strengere Anforderungen zu stellen sind als an ein Studium an einer staatlichen Hochschule. Das Finanzgericht Münster (FG) musste hierzu entscheiden.

Beitrag lesen
computer online kauf shopping
Internetrecht
31.10.2025

Ab Juni 2026: Die gesetzliche Pflicht zum Widerrufsbutton im Online-Handel – Was Unternehmen beachten müssen

Ab Juni 2026 müssen Online-Händler eine wesentliche Neuerung beachten: Für alle, die online Verträge mit Verbrauchern abschließen, gilt künftig die Pflicht, einen sogenannten Widerrufsbutton bereitzustellen. Damit setzt der deutsche Gesetzgeber die europäische Richtlinie 2023/2673 um. Noch liegt das konkrete Umsetzungsgesetz nicht vor, dennoch ist klar: Die Pflicht wird nahezu alle betreffen, die nicht unter klar definierte Ausnahmen fallen. Jetzt gilt es zu prüfen, ob Ihr Unternehmen betroffen ist und rechtzeitig die Weichen für eine gesetzeskonforme Umsetzung zu stellen. Im Folgenden geben wir einen praxisorientierten Überblick zu Anwendungsbereich, Ausnahmen, technischen und rechtlichen Umsetzungspflichten sowie wichtigen Schritten zur Vorbereitung.

Beitrag lesen
Gesellschaft Meeting Büro
Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht
30.10.2025

Sicherung von Verbindlichkeiten der GmbH durch den Gesellschafter

Die Sicherung von Verbindlichkeiten der GmbH durch den Gesellschafter ist insbesondere im Kontext einer etwaigen Insolvenz von erheblicher Bedeutung. Gesellschafter sehen sich hierbei mit besonderen rechtlichen und finanziellen Risiken konfrontiert, wenn sie für Schulden der Gesellschaft persönliche Sicherheiten stellen.

Beitrag lesen