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Reform des Personengesellschaftsrechts (MoPeG): Erste Erfahrungen und Risiken aus Sicht der Beratungspraxis nach Inkrafttreten zum 1. Januar 2024

Zum 1. Januar 2024 ist das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) in Kraft getreten. Ziel dieser umfassenden Reform ist die zeitgemäße Ausgestaltung der Rechtsformen Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), offene Handelsgesellschaft (OHG), Kommanditgesellschaft (KG) und Partnergesellschaft (PartG). Erste Erfahrungen aus der Beratung zeigen: Insbesondere für mittelständische Unternehmen bestehen neue Handlungserfordernisse – aber auch Unsicherheiten und konkrete Risiken.

Überblick – Was hat sich geändert?

Die umfassendsten Neuerungen betreffen die GbR, die gesetzgeberisch bislang recht stiefmütterlich behandelt wurde. Sie ist nun als sogenannte „rechtsfähige GbR“ gesetzlich normiert. Die Rechtsfähigkeit war zwar zuvor jahrzehntelang gelebte Rechtspraxis auf Basis der Rechtsprechung, dennoch ist es zu begrüßen, dass der Gesetzgeber durch die Kodifizierung weitere Rechtssicherheit geschaffen hat. Die rechtsfähige GbR kann nämlich als sog. „juristische Person“ am Rechtsverkehr teilnehmen, selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen. Die Eintragung in das neu geschaffene Gesellschaftsregister ist für die Anerkennung der Rechtsfähigkeit zwar nicht zwingend, aber in verschiedenen praktischen Konstellationen de facto unerlässlich und sogar zwingend geworden, etwa im Zusammenhang mit Grundbesitz oder Unternehmensbeteiligungen.

Gesellschaftsregister – Freiwilligkeit mit faktischem Zwang

Die Möglichkeit der Eintragung einer GbR in das Gesellschaftsregister ist grundsätzlich freiwillig. Allerdings verlangt das Grundstücksrecht mittlerweile mit § 47 Abs. 2 GBO n. F., dass eine GbR, die im Grundbuch eingetragen ist oder Rechte an Grundstücken erwerben will, zwingend zuvor im Gesellschaftsregister verzeichnet sein muss. Gleiches gilt für die Beteiligung von GbRs bei Handels- oder Kapitalgesellschaften: Ohne Eintragung bleibt beispielsweise die Gesellschafterliste einer GmbH blockiert oder das Aktienregister lässt keine Umtragung zu. Das Registergericht, das für die Eintragung einer GbR in das Gesellschaftsregister zuständig ist, ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die GbR ihren vertraglich vereinbarten Sitz hat. Bei der Antragstellung zur Eintragung in das Register muss zwingend eine Notarin oder ein Notar mitwirken.

Neue Anforderungen an Unternehmensnamen

Eingetragene GbRs müssen nun den Zusatz „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“ führen. Die Praxis zeigt hier erfreuliche Flexibilität: Der Zusatz darf auch am Anfang stehen, solange die Gesellschaftsform eindeutig erkennbar bleibt. Für Unternehmen bedeutet dies ein Stück mehr Namensfreiheit, etwa bei Zweck-GbRs wie Immobilienträgergemeinschaften.

Haftung – Bewährtes wird kodifiziert

Wesentliche Grundsätze der Gesellschafterhaftung wurden durch das MoPeG klargestellt, aber nicht grundlegend verändert. Gesellschafter einer GbR haften weiterhin persönlich für Gesellschaftsverbindlichkeiten. Für ausgeschiedene Gesellschafter gilt künftig eine fünfjährige Nachhaftung – auch für „Altfälle“ vor dem 1. Januar 2024. Neu gesetzlich geregelt ist, dass der ausscheidende Gesellschafter in diesen Fällen regelmäßig einen Ausgleichsanspruch gegenüber den verbleibenden Gesellschaftern geltend machen kann, womit nun kodifiziert ist, was zuvor bereits Rechtsprechung war. Für die Praxis entsteht hier größtmögliche Vorhersehbarkeit – aber auch Handlungsbedarf bei der Gestaltung von Gesellschafts- sowie Anteilsübertragungsverträgen.

Informationsrechte und Beschlussmängel in Handelspersonengesellschaften

Gerade für Kommanditisten und Minderheitsgesellschafter wurden die gesetzlichen Informationsrechte präzisiert: Diese können Auskünfte verlangen, wenn dies zur Wahrnehmung ihrer Mitgliedschaftsrechte erforderlich ist: Kommanditisten haben nun einen Anspruch auf die Kopie des Jahresabschlusses (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung) nebst zugehörigen Unterlagen sowie ein allgemeines Auskunftsrecht, soweit ihre Mitgliedschaftsrechte betroffen sind.

Prozesstechnisch werden Beschlussmängel in Personengesellschaften nun eigens geregelt. Im Fall von Beschlussmängeln findet daher nunmehr das sogenannte „Anfechtungsmodell“ Anwendung, sofern die Gesellschafter nicht abweichende individuelle Regelungen vereinbart haben, das bereits aus den Kapitalgesellschaften bekannt ist. Somit sind fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse grundsätzlich wirksam, jedoch der Anfechtung zugänglich.

Eine von Anfang an bestehende Nichtigkeit eines Beschlusses liegt gemäß § 110 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 HGB nur in Ausnahmefällen vor, nämlich dann, wenn der Inhalt des Beschlusses fundamentale, unabdingbare Rechtsvorschriften verletzt. Darunter fallen zentrale Gesellschafterrechte wie das Informationsrecht, das Teilnahmerecht oder das Stimmrecht. Liegen derart gravierende Verstöße vor, ist der betreffende Beschluss von Anfang an unwirksam.

Anfechtungen müssen innerhalb von drei Monaten erfolgen, Nichtigerklärungen sind deutlich eingeschränkt.

Risiken und Praxiserfahrungen

Die wohl größte Beratungsherausforderung liegt in den Übergangsregelungen und der Frage: Wann gilt „altes“, wann „neues“ Recht? Gerade für bereits eingetragene Grundbuch-GbRs besteht dringender Handlungsbedarf, um die weitere Verfügungsbefugnis über Grundstücke und die Anpassung an den neuen Rechtsformzusatz zu gewährleisten. Ohne Eintragung drohen kostspielige und unter Umständen langwierige Blockaden und Rechtsverluste.Ein weiteres Thema ist die präzise Ausgestaltung von Vollmachten: Die Eintragungserklärung zum Gesellschaftsregister ist nur dann wirksam, wenn aus der Vollmacht klar und eindeutig hervorgeht, dass sie auch hierfür gilt. Unklare oder lückenhafte Formulierungen können zur Abweisung durch das Registergericht führen und damit Projekte erheblich verzögern.

Fazit und Handlungsempfehlung

Für mittelständische Unternehmen ist das MoPeG Chance und Herausforderung zugleich. Es schafft Rechtssicherheit und Flexibilität, birgt aber neue Pflichten rund um Registereintragungen, transparente Gesellschaftsverträge und abgestimmte Prozesse. Handlungsbedarf besteht insbesondere bei grundbuchhaltenden GbRs, aber auch bei Gesellschaften mit Beteiligungen an Kapital- oder Personengesellschaften.

Empfehlung: Überprüfen Sie zeitnah Ihre Gesellschaftsverträge und bestehende Registereintragungen. Klären Sie, ob Anpassungs- oder Eintragungsbedarf besteht – insbesondere bei Grundbesitz und Beteiligungsverhältnissen. Versäumen Sie diese Checks nicht: Der Teufel steckt im Detail und Fristversäumnisse können empfindliche rechtliche und wirtschaftliche Nachteile nach sich ziehen.

Beitrag veröffentlicht am
26. August 2025

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