Viele Kanzleien. Ein starkes Netzwerk.
Aktuelles
Neues aus Markt und Netzwerk
 

Gesundheitsrecht Strafverfolgung wegen Betrug und Korruption im Gesundheitswesen:

Zunehmende Spezialisierung der Staatsanwaltschaften und Krankenkassen

Jährliche Leistungsausgaben in Höhe von rund 284 Milliarden Euro durch die gesetzlichen Krankenversicherungen und weitere von rund 32 Milliarden Euro durch private Krankenversicherungen zeigen, dass das Gesundheitswesen ein Wirtschaftszweig von hoher Bedeutung ist. Zugleich stehen Leistungserbringer im Gesundheitswesen (Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Krankenhäuser, Pflegedienste sowie eine Vielzahl anderer Anbieter von Gesundheitsleistungen) vor der Herausforderung, ihre erbrachten Leistungen genauestens abzurechnen. Angesichts der Komplexität des Abrechnungswesens ist dies nicht immer einfach. Umgekehrt ist der Gesundheitssektor infolge der Komplexität des Abrechnungssystems und der Beteiligung unterschiedlichster Akteure anfällig für Abrechnungsbetrugstaten nach § 263 StGB und Korruptionsdelikte gemäß §§ 299a, 299b StGB. Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit (Wirtschafts-)Straftaten im Gesundheitswesen stellen Staatsanwaltschaft und Polizei vor erhebliche Schwierigkeiten.

Fokussierung der Strafverfolgung im Gesundheitssektor

Seit geraumer Zeit ist aber zu beobachten, dass die Strafverfolgung in diesem Bereich fokussiert wird: Bereits seit langem existieren sog. Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen bei den Krankenkassen, zwischenzeitlich wurden auch anonyme Hinweisgebersysteme implementiert.

Einige Bundesländer haben landesweit agierende Schwerpunktstaatsanwaltschaften eingerichtet, die ausschließlich mit der Verfolgung von Wirtschaftskriminalität im Gesundheitssektor befasst sind und eine dementsprechende Expertise etwa im hochkomplexen Gebiet der Abrechnung heilberuflicher Leistungen aufweisen. Auch die personelle Ausstattung solcher Schwerpunktstaatsanwaltschaften ist nicht zu unterschätzen.

Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen

So besteht in Bayern seit dem 15.09.2020 die Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG), die bei der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg angesiedelt ist. Sie ist zuständig für Korruptions- und Vermögensstraftaten, die Angehörige der Heilberufe oder Dritte in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erbringung oder Abrechnung heilberuflicher Leistungen begehen. Personell ist die ZKG ausgestattet mit spezialisierten Staatsanwälten, medizinischen Abrechnungsfachkräften sowie IT-Forensikern. Seit ihrer Gründung hat die ZKG 568 Verfahren neu eingeleitet und 249 Altverfahren bearbeitet. Die Verfahren richten sich etwa gegen Ärzte, Physiotherapeuten, Pflegedienste oder Corona-Teststellen-Betreiber.

Spezialisierte Verteidigung bei Ermittlungsverfahren im Medizinstrafrecht

Zu erwarten ist, dass auch andere Bundesländer den Aufbau solcher spezialisierten Schwerpunktstaatsanwaltschaften vorantreiben werden: Die Justizministerkonferenz hat sich im November 2022 für den bundesweiten Aufbau spezialisierter Ermittlungseinheiten im Gesundheitssektor ausgesprochen. Dementsprechend ist auch in Zukunft mit einer Ausweitung von Ermittlungsverfahren gegen Heilberufsangehörige zu rechnen.

Es ist offensichtlich, dass ein eingeleitetes Ermittlungsverfahren gegen den jeweiligen Heilberufsangehörigen mit erheblichen Belastungen einhergeht und eine Verurteilung zu existenzvernichtenden Folgen beruflicher und finanzieller Art führen kann. Im Rahmen der Verteidigung sind dementsprechend zahlreiche Besonderheiten, wie beispielsweise das Risiko von Rückforderungen bereits erhaltener Vergütungen, berufsrechtliche oder kassenarztrechtliche Konsequenzen, zu berücksichtigen. Die beschriebene Spezialisierung der Ermittlungsbehörden erfordert auch eine Spezialisierung der Verteidigung.

Alle Fachbeiträge zeigen

computer laptop unternehmer arbeit
Arbeitsrecht
26.08.2025

Nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage

Das BAG entschied am 3. April 2025, dass für die nachträgliche Zulassung einer Kündigungsschutzklage bei Schwangerschaft ein ärztlicher Nachweis erforderlich ist – ein positiver Selbsttest reicht nicht aus.

Beitrag lesen
Gesellschaftsrecht
26.08.2025

Reform des Personengesellschaftsrechts (MoPeG): Erste Erfahrungen und Risiken aus Sicht der Beratungspraxis nach Inkrafttreten zum 1. Januar 2024

Zum 1. Januar 2024 ist das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) in Kraft getreten. Ziel dieser umfassenden Reform ist die zeitgemäße Ausgestaltung der Rechtsformen Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), offene Handelsgesellschaft (OHG), Kommanditgesellschaft (KG) und Partnergesellschaft (PartG). Erste Erfahrungen aus der Beratung zeigen: Insbesondere für mittelständische Unternehmen bestehen neue Handlungserfordernisse – aber auch Unsicherheiten und konkrete Risiken.

Beitrag lesen
Geschäftsführerhaftung in der Insolvenz, Insolvenzrecht
26.08.2025

Wann ist eine Zahlungsfähigkeit wiederhergestellt und liegt damit keine Geschäftsführerhaftung (mehr) vor?

Ein Geschäftsführer einer in die Insolvenz geratenen GmbH wird vom Insolvenzverwalter aus dem Gesichtspunkt der Insolvenzverschleppung auf Ersatz in Anspruch genommen. Die zugrundeliegende Argumentation lautet, dass die Zahlungsunfähigkeit bereits mehr als drei Wochen vor dem Datum des Insolvenzantrages entstanden sei. Der Geschäftsführer tritt dem mit dem Argument entgegen, dass zu dem betreffenden Zeitpunkt die Zahlungsfähigkeit wiederhergestellt gewesen sei.

Beitrag lesen