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Transparenzpflichten in Russland Welcher Berichtspflicht über wirtschaftlich Berechtigte unterliegen ausländische Unternehmen in Russland?

Trotz des weltweiten Trends zu mehr Transparenz in Fragen der wirtschaftlich Berechtigten bzw. sogenannten „wirtschaftlichen Eigentümer“ (Richtlinie (EU) 2015/849, 2018/843, Emp-fehlungen der FATF etc.) und der Verpflichtung Russlands zur sogenannten „Deoffshorisierung“ der Wirtschaft, gibt es in Russland – im Gegensatz zu vielen europäischen Ländern – immer noch kein öffentliches Transparenzregister über die wirtschaftlich Berechtigten bzw. Eigentümer (ultimate beneficial owner).

Allerdings sind im Mai 2021 Änderungen im russischen Steuergesetzbuch in Kraft getreten (Artikel 1 des Föderalen Gesetzes Nr. 100 vom 20. April 2021), die vorsehen, dass ausländi-sche Unternehmen sowie ausländische Strukturen ohne Gründung einer juristischen Person, die in Russland tätig und beim Föderalen Steuerdienst registriert sind, verpflichtet sind, der russischen Steuerbehörde jährlich (spätestens bis zum 28. März eines jeden Jahres) Bericht über ihre Gesellschafter (und für Strukturen ohne Gründung einer juristischen Person – über ihre Gesellschafter, wirtschaftlich Berechtigte und Geschäftsführer) zu erstatten. Zuvor waren dazu nur ausländische Unternehmen verpflichtet, die in Russland steuerpflichtiges Eigentum besitzen. Erstmalig haben Unternehmen dieser Berichtspflicht somit bis spätestens 28. März 2022 nachzukommen.

Ausländische Unternehmen müssen auch sogenannte „indirekte Beteiligungen“ offenlegen, wenn die Beteiligung einer öffentlichen Gesellschaft oder einer natürlichen Person an einem ausländischen Unternehmen mehr als 5% beträgt. Diese Daten müssen mit Stand zum 31. Dezember des Jahres, das dem Berichtsjahr vorausgeht, übermittelt werden. Die Nichteinhaltung dieser Vorschrift wird mit einer Geldstrafe von RUB 50.000 RUB (ca. 600,-- EUR) geahndet. Ausländische Organisationen, die bei der Steuerbehörde nur auf der Grundlage der Erbringung von elektronischen Dienstleistungen in Russland registriert sind, sind von dieser Verpflichtung ausgenommen.

Ein Überblick über Transparenzpflichten in Russland:

  1. Vorgeschichte zum Versuch der Schaffung eines Transparenzregisters in Russland
  2. Definition eines wirtschaftlichen Eigentümers bzw. Berechtigten nach dem russischen Geldwäschegesetz
  3. Verfahren zur Anforderung von Daten der wirtschaftlich Berechtigten
  4. Haftung / Sanktionen / Strafen

1. Vorgeschichte zum Versuch der Schaffung eines Transparenzregisters in Russland

Seitdem die russische Zentralbank 2013 die Banken verpflichtet hat, die wirtschaftlich Berechtigten ihrer Kunden zu identifizieren und diese Informationen an Rosfinmonitoring (die russische Finanzaufsichtsbehörde) zu übermitteln, hat die russische Bankenlobby versucht, ein solches Transparenzregister der wirtschaftlich Berechtigten zu erstellen. Dies war jedoch nicht erfolgreich. Auch die Initiative des russischen Nationalen Rates für den Finanzmarkt aus dem Jahr 2016, die Offenlegung der wirtschaftlich Berechtigter zusammen mit der Eintragung des Unternehmens in das Einheitliche Staatliche Register für Juristische Personen durchzusetzen, wurde nicht angenommen.

Im Jahr 2016 wurden mehrere Änderungen des Föderalen Gesetzes Nr. 115-FZ „Über die Bekämpfung der Geldwäsche und der Finanzierung des Terrorismus“ (russisches „Geldwäschegesetz“) verabschiedet. Dazu gehören die Definition des Begriffs „wirtschaftlicher Eigentümer“ sowie die Einführung von Bestimmungen über die Verpflichtung von Unternehmen, Informationen über wirtschaftliche Eigentümer/Berechtigte zu sammeln, zu speichern und offenzulegen.

  • Als Rechtsgrundlage für die Offenlegung der wirtschaftlich Berechtigten dienen:
  • das russische Gesetz Nr. 115-FZ „Über die Bekämpfung der Geldwäsche und der Finanzierung des Terrorismus“ vom 7. August 2001
  • das russische Steuergesetzbuch;
  • die Verordnung der Regierung der Russischen Föderation vom 31. Juli 2017 Nr. 913 „Über die Genehmigung der Regeln für die Offenlegung durch juristische Personen von Informationen über ihre wirtschaftlich Berechtigten und Maßnahmen zur Identifizierung von Informationen über ihre wirtschaftlich Berechtigten gemäß dem Föderalen Gesetz „Über die Bekämpfung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung“ auf Ersuchen der bevollmächtigten Regierungsstellen“;
  • die Verordnung der russischen Zentralbank vom 20. September Nr. 600-P „Über die Übermittlung von Informationen über Kundentransaktionen, wirtschaftliche Berechtigte von Kunden und Geldbewegungen auf Kundenkonten (Einlagen) durch Kreditinstitute auf Anfrage des Föderalen Finanzüberwachungsdienstes“;
  • das Informationsschreiben des russischen Föderalen Dienstes für Finanzmonitoring vom 4. Dezember 2018 Nr. 57 „Über methodische Empfehlungen zur Feststellung von Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer von Kunden“;
  • der Erlass des russischen Föderalen Steuerdienstes vom 20. Dezember 2018 Nr. MMV-7-2/824@;
  • das Schreiben des Föderalen Steuerdienstes vom 10. November 2020 Nr. ShYu-4-13/18414@ „Über die Offenlegung durch juristische Personen von Informationen über ihre wirtschaftlichen Eigentümer“ etc.

2. Definition eines wirtschaftlichen Eigentümers bzw. Berechtigten nach dem russischen Geldwäschegesetz

Gemäß Art. 6.1 des Geldwäschegesetzes ist der wirtschaftliche Eigentümer/Berechtigte eine natürliche Person, die direkt oder indirekt (über Dritte) eine juristische Person besitzt (mehr als 25% des Aktienkapitals) oder in der Lage ist, deren Aktivitäten zu kontrollieren.

a. Direkte wirtschaftliche Eigentümer/Berechtigte

Natürliche Personen, die mehr als 25% des Stammkapitals einer juristischen Person halten, werden als direkte wirtschaftliche Eigentümer/Berechtigte betrachtet.

b. Indirekte wirtschaftliche Eigentümer/Berechtigte

Indirekte wirtschaftliche Eigentümer/Berechtigte sind natürliche Personen, die in der Lage sind, die Kontrolle über die juristische Person auszuüben, z.B. gilt eine natürliche Person als indirekter Berechtigter einer Tochtergesellschaft, wenn sie mehr als 25% der Anteile an der Muttergesellschaft hält.

Gemäß den Bestimmungen des russischen Geldwäschegesetzes sind alle juristischen Personen verpflichtet, über Informationen über ihre wirtschaftlich Berechtigten zu verfügen und alle angemessenen Maßnahmen zu ergreifen, um diese Informationen zu erhalten.

Das russische Geldwäschegesetz sieht vor, dass Muttergesellschaften den Anträgen ihrer Tochtergesellschaften auf Offenlegung der wirtschaftlich Berechtigten nachkommen müssen und dass die Offenlegung dieser Informationen nicht gegen die Rechtsvorschriften zum Schutz personenbezogener Daten verstößt.

Einige Organisationen sind von der Pflicht zur Erfassung, Speicherung und Offenlegung der Informationen über die wirtschaftlichen Berechtigter befreit. Dazu gehören:

staatliche Körperschaften oder Organisationen mit >50% staatlicher Beteiligung am Stammkapital;

Emittenten von börsennotierten Wertpapieren, die die Informationen in Übereinstimmung mit der Wertpapiergesetzgebung der Russischen Föderation offenlegen;

ausländische juristische Personen, die an von der russischen Zentralbank zugelassenen ausländischen Börsen notiert sind;

ausländische Unternehmensstrukturen ohne eigene Rechtspersönlichkeit, wenn diese Strukturen weder Endbegünstigte noch ein Einzelexekutivorgan vorsehen.

Darüber hinaus wurden in 2021 Änderungen vorbereitet und vorläufig genehmigt, die religiöse Organisationen und ihre Tochtergesellschaften von der Pflicht zur Vorlage von Informationen über die wirtschaftlich Berechtigten ausnehmen. Es ist jedoch noch unklar, wann und ob diese Änderungen in Kraft treten werden.

Ausländische juristische Personen und Unternehmensstrukturen ohne Rechtspersönlichkeit, die in Russland wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben, sind ebenfalls verpflichtet, Informationen über die wirtschaftlich Berechtigten zu sammeln, zu speichern und auf Anfrage offenzulegen:

Das russische Geldwäschegesetz gilt sowohl für russische als auch für ausländische Unternehmen.

Nach den Bestimmungen des russischen Geldwäschegesetzes sind juristische Personen verpflichtet, über folgenden Daten zu ihren wirtschaftlich Berechtigten zu verfügen:

1. vollständigen Namen (Nachnamen, Vornamen, Vatersnamen (falls vorhanden);

2. Staatsangehörigkeit;

3. Geburtsdatum;

4. Ausweisdaten (Migrationskarte, Aufenthaltsgenehmigung etc.);

5. Adresse des Wohnsitzes (Anmeldung) oder des Aufenthaltsortes;

6. Steuernummer (falls vorhanden).

Darüber hinaus können die zuständigen Behörden zusätzliche Informationen anfordern, z. B:

Höhe der Anteile der juristischen Person, die im Besitz vom Endbegünstigten ist;

Grundlage für die Befugnis des Endbegünstigten, die juristische Person zu kontrollieren.

In der Regel sind die Unternehmen verpflichtet (Pkt. 3 Art. 6.1 des russischen Geldwäschegesetzes):

regelmäßig, jedoch mindestens einmal jährlich, die Informationen über alle wirtschaftlich Berechtigten zu aktualisieren und zu dokumentieren;

die Informationen über die wirtschaftlich Berechtigten und die Informationen über die Maßnahmen zur Erlangung der Informationen über die wirtschaftliche Berechtigte min-destens fünf Jahre lang nach Erhalt dieser Daten aufzubewahren.

3. Verfahren zur Anforderung von Daten der wirtschaftlich Berechtigten

Wie bereits erwähnt, gibt es in der Russischen Föderation kein öffentliches Register der wirtschaftlich Berechtigten. Juristische Personen sind jedoch verpflichtet, selbst ein solches Register zu führen und die entsprechenden Informationen auf Anfrage bestimmter staatlicher Behörden offenzulegen, darunter Finanzorganisationen (Rosfinmonitoring u.a.), Steuerbehörden u.a.

Das Verfahren für die Einreichung solcher Anträge ist in der Verordnung der Regierung der Russischen Föderation vom 31. Juli 2017 Nr. 913 festgelegt. Der russische Föderale Steuerdienst (FNS) hat in seinem Erlass vom 20. Dezember 2018 Nr. MMV-7-2/824@ ein Formular für Informationsanfragen formalisiert. Die Steuerbehörden können diese Informationen während einer Steuerprüfung, eines Konkursverfahrens und in einigen anderen Fällen anfordern.

Nach Erhalt der Anfrage hat die Gesellschaft die Informationen über die wirtschaftlich Berechtigten innerhalb von fünf Arbeitstagen offenzulegen. Sollte die Gesellschaft Unvollständigkeit oder Fehler in den zuvor vorgelegten Informationen feststellen, so legt diese spätestens innerhalb von drei Arbeitstagen nach dieser Feststellung aktualisierte oder berichtigte Informationen vor.

Die Informationen müssen dokumentiert werden, die Details sind jedoch nicht vorgeschrieben. In seinem Schreiben vom 10. November 2020 Nr. ShYu-4-13/18414@ „Über die Offenlegung durch juristische Personen von Informationen über ihre wirtschaftlichen Eigentümer“ erklärte der Föderale Steuerdienst, dass juristische Personen nicht verpflichtet sind, der Steuerbehörde neben den angefragten Daten auch Kopien von Belegen vorzulegen, obwohl sie dazu auch berechtigt sind.

In der Praxis reicht es aus, als Nachweis ein Schreiben der Muttergesellschaft oder ein vom Vertreter der juristischen Person unterzeichnetes Dokument, aus dem die Eigentumsverhältnisse hervorgehen, vorzulegen.

Können die Informationen über die Endbegünstigten aus irgendeinem Grund nicht vorgelegt werden, müssen die Unternehmen nachweisen, dass angemessene Maßnahmen ergriffen wurden, um die Informationen über die Endbegünstigten zu erhalten.

Was unter „angemessenen Maßnahmen“ zu verstehen ist, ist im russischen Geldwäschegesetz nicht spezifiziert. Im Schreiben von Rosfinmonitoring vom 29. Juli 2019 Nr. 01-04-05/17015 werden als ausreichende Maßnahmen Aufforderungen zur Offenlegung von Informationen an Gründer, Gesellschafter und auf andere Weise kontrollierende Personen und deren Antworten betrachtet. Das Recht, diese Informationen bei kontrollierenden Personen anzufragen, ist auch im Geldwäschegesetz festgelegt.

In einem Fall wurde eine juristische Person von der verwaltungsrechtlichen Haftung befreit, da das Gericht der Ansicht war, dass die Versendung eines Schreibens an die Gesellschafter mit der Aufforderung zur Offenlegung der Informationen über die wirtschaftlich Berechtigten angemessen und unter den gegebenen Umständen die einzige verfügbare Maßnahme war.

Die Identifizierung der wirtschaftlich Berechtigten kann auch für die korrekte Steuerveranlagung nützlich sein. Derzeit ist gemäß Doppelbesteuerungsabkommen jede Zahlung an eine ausländische Gegenpartei durch den Nachweis des „tatsächlichen Rechts auf Einkommen“ zu belegen. Somit kann die Offenlegung des wirtschaftlich Berechtigten den Behörden für die Anwendung des entsprechenden Steuersatzes behilflich sein. Es wird daher empfohlen, sich bei Anfragen an ausländische Gesellschafter zu erkundigen, ob das ausländische Unternehmen die gesetzlichen Anforderungen erfüllt und berechtigt ist, sein in Russland erzieltes Einkommen zu einem ermäßigten Satz zu besteuern. Zu diesem Zweck sollte die ausländische Gesellschaft aufgefordert werden, folgende Unterlagen vorzulegen:

ein Bestätigungsschreiben seitens der Geschäftsführung des Unternehmens, in dem ver-sichert wird, dass die betreffende ausländische juristische Person wirtschaftlich Berech-tigter ist;

einen Kurzüberblick über das Tagesgeschäft des Unternehmens, seine Verwaltungsstruk-tur, seine Aktiva und Passiva;

Belege für die Tätigkeitsbeschreibung des Unternehmens (z.B. Konzernstruktur, Grün-dungsurkunde, Jahresabschlüsse).

Neben den Steuerbehörden und Rosfinmonitoring haben auch die Banken Anspruch auf In-formationen über die wirtschaftlich Berechtigten: Legt eine Gesellschaft die entsprechenden Daten nicht vor, wird ihr die Eröffnung eines Bankkontos verweigert.

Der Sorgfaltsgrad der Informationsprüfung ist dabei unterschiedlich: Während bei einigen Banken ein bloßer Fragebogen zu den wirtschaftlich Berechtigten ohne jegliche Belege ausreicht, können andere Banken die Belege oder zumindest eine Erklärung der Muttergesellschaft verlangen, in der bestätigt wird, dass der wirtschaftlich Berechtigte nicht identifiziert werden kann. Wenn die juristische Person den wirtschaftlich Berechtigten nicht identifizieren kann, können die Banken gemäß der Gesetzgebung den Generaldirektor des potenziellen Kunden als wirtschaftlich Berechtigten anerkennen.

Darüber hinaus haben die Unternehmen Informationen über den wirtschaftlich Berechtigten zusammen mit den Jahresabschlüssen vorzulegen. Wenn das Unternehmen während des Rechnungslegungszeitraums Transaktionen mit verbundenen Unternehmen (einschließlich Begünstigten) durchgeführt hat, muss der Jahresabschluss daher relevante Informationen enthalten, z.B. die Art der Transaktionen, die Art der Beziehung und das Volumen der Transaktion (Pkt. 10 der russischen Rechnungslegungsverordnung 11/2008). Neben der Vorlage der Informationen auf Anfrage von Rosfinmonitoring, der Steuerbehörde und der Banken sind die Daten im Anhang zum Jahresfinanzbericht sowie im Bericht über die Finanzergebnisse offenzulegen (mehr dazu s. Schreiben von Rosfinmonitoring vom 29. Juli 2019 Nr. 01-04-05/17015).

Informationen über die wirtschaftlich Berechtigten sind auch dann offenzulegen, wenn die juristische Person an staatlichen Beschaffungsprogrammen teilnimmt. Es ist auch zu erwähnen, dass Informationen zu wirtschaftlich Berechtigten offengelegt werden müssen, wenn z.B. die Transaktion vom Föderalen Antimonopoldienst der Russischen Föderation (FAS) in Übereinstimmung mit seinen internen Vorschriften im Rahmen der Fusionskontrolle geprüft wird.

4. Haftung / Sanktionen / Strafen

Ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Feststellung, Aktualisierung, Speicherung und Offenlegung von Informationen über wirtschaftlich Berechtigte oder Nichtvorlage eines Nachweises, dass angemessene Maßnahmen zur Erlangung solcher Informationen getroffen worden sind, kann zur Verhängung einer Geldstrafe gemäß Art. 14.25.1. des russischen Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten führen:

von RUB 100.000 (ca. EUR 1.200) bis zu RUB 500.000 (ca. EUR 6.000) für juristische Perso-nen;

von RUB 30.000 (ca. EUR 360) bis zu RUB 40.000 (ca. EUR 480) für Amtspersonen.

Beitrag veröffentlicht am
9. Dezember 2021

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