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BFH: Bei der entgeltlichen Verwaltung einer "unselbstständigen Stiftung" fällt Umsatzsteuer an

Bei unselbstständigen Stiftungen verwaltet ein anderes Unternehmen oder eine andere Organisation das Vermögen der Stiftung. Problematisch sind dabei die Leistungsbeziehungen zwischen dem Verwalter des Stiftungsvermögens und der unselbstständigen Stiftung. Unterliegen diese Verwaltungsleistungen der Umsatzsteuer? Oder handelt es sich um nicht steuerbare Innenumsätze? Diese Frage hat jüngst dem BFH vorgelegen. Seine Antwort hat enorme praktische Auswirkungen.

Das versteht man unter einer unselbstständigen Stiftung

Unselbstständige Stiftungen haben im Unterschied zu rechtsfähigen Stiftungen keine eigene Rechtspersönlichkeit. Es bedarf für sie auch keiner staatlichen Anerkennung, und sie unterliegen auch keiner staatlichen Aufsicht. Unselbstständige Stiftungen entstehen durch einen Treuhandvertrag zwischen dem Stifter und dem Treuhänder, der das Stiftungsvermögen verwaltet. Vor diesem Hintergrund werden unselbstständige Stiftungen auch als "Treuhandstiftungen" bezeichnet.

Streit um Verwaltungsleistungen und Umsatzsteuer

Im Streitfall unterstützte, beriet und verwaltete ein eingetragener Verein als Treuhänder u. a. Vermögen gesondert von seinem übrigen Vermögen, das der Verein als "unselbstständige Stiftungen" bezeichnete. Dieses gesonderte Vermögen stammte von "Schenkenden" oder "Gründungsstiftern" (den Stiftern). Mit den Stiftern schloss der Verein regelmäßig unbefristete und zum Jahresende kündbare Treuhandverträge, die durch Satzungen ergänzt wurden.

Für die von dem Verein erbrachten Leistungen, die bei Verwaltung des "Stiftungsvermögens" anfielen, erhielt der Verein auf Basis des Treuhandvertrags jährlich eine nach der Höhe des "Stiftungsvermögens" gestaffelte Vergütung. Insgesamt entstanden 18 "unselbstständige Stiftungen" mit mehr oder weniger ähnlicher Vertragsgrundlage.

Sind Vergütungen aus Treuhandvertrag umsatzsteuerbar?

Während der Verein die Vergütungen auf Basis des Treuhandvertrags als nicht umsatzsteuerbar ansah, kam das Finanzamt im Rahmen einer Betriebsprüfung zu einem anderen Ergebnis. Es beurteilte die Entgelte als steuerpflichtige sonstige Leistung gegen Aufwendungsersatz und setzte Umsatzsteuer fest. Die Klage des Vereins vor dem FG Münster hatte Erfolg. Das FG sah in den Vorgängen nicht der Umsatzsteuer unterliegende Innenleistungen (FG Münster, Urteil vom 05.05.2022, Az. 5 K 1753/20 U, Abruf-Nr. 230039). Die Finanzverwaltung hat dagegen Revision eingelegt.

Die Problemstellung für den BFH

Steuerbare Leistungen setzen einen Leistungsaustausch voraus. Das erfordert nicht nur eine Leistung und eine Entgeltzahlung, sondern auch einen Leistenden und einen Leistungsempfänger. Deshalb unterliegen Umsätze zwischen zwei Betriebsstätten eines Unternehmens als nicht steuerbarer Innenumsatz nicht der Umsatzsteuer (§ 2 Abs. 1 S. 2 UStG). Gleiches gilt für Umsätze innerhalb eines Organkreises (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG).

Die Problemstellung für den BFH lautete also: Kann in dem Streitfall ein Leistungsaustausch vorliegen, wenn die unselbstständigen Stiftungen zivilrechtlich selbst nicht rechts- und handlungsfähig sind?

BFH bejaht umsatzsteuerpflichtigen Leistungsaustausch

Der BFH hat das bejaht und zugunsten der Finanzverwaltung geurteilt. Denn für eine steuerbare Verwaltungsleistung reicht es aus, dass diese sich auf ein Sondervermögen bezieht, ohne dass es für die Bejahung eines verbrauchsfähigen Vorteils beim Leistungsempfänger darauf ankommt, ob dieser entgeltlich eigene Vermögensinteressen oder die Vermögensinteressen Dritter – wie etwa gemeinnützige Interessen – verfolgt (BFH, Urteil vom 05.12.2024, Az. V R 13/22, Abruf-Nr. 248003).

Eine Leistung gegen Entgelt liegt regelmäßig auch vor, wenn der Leistende im Auftrag des Leistungsempfängers für diesen eine Aufgabe übernimmt und insoweit gegen Aufwendungsersatz tätig wird. Als Leistungsempfänger ist aber derjenige anzusehen, der aus dem der Leistung zugrunde liegenden Schuldverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist.

  1. Aus diesem Grund hatte das FG zwar zutreffend entschieden, dass keine Leistungsbeziehungen zwischen dem Verein und den jeweiligen Stiftungsvermögen bestehen. Denn hier bestand kein Rechtsverhältnis. Die Stiftungsvermögen waren nur Gegenstand der zu erbringenden Leistungen – nicht aber deren Empfänger.
  2. Jedoch war eine entgeltliche Leistungsbeziehung zwischen dem Verein und dem jeweiligen Stifter gegeben. Diese begründet sich in dem zwischen beiden geschlossenen Treuhandvertrag, der eine steuerbare Verwaltungsleistung enthält, die sich auf ein Sondervermögen (= Stiftungsvermögen) bezieht.

Bei dem Treuhandvertrag handelt es sich um einen neben der Schenkung unter Auflage bestehenden entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB). Dafür spricht auch, dass der Treuhandvertrag ordentlich gekündigt werden kann und entsprechend eine Dienstleistung zu erbringen war. Zudem wurde der "Stiftungsvorstand" durch die vereinbarte Satzung an die Verfolgung der vom Stifter vorgegebenen Zwecke gebunden. Das wiederum führt dazu, dass dem Verein bezüglich der Verwaltung des "Stiftungsvermögens" Weisungen erteilt werden konnten.

Das bedeutet das BFH-Urteil für die Praxis

Werden wie für einen Dritten – wie im Streitfall für den Stifter – über einen Geschäftsbesorgungsvertrag entgeltliche Leistungen zugunsten einer unselbstständigen Stiftung erbracht, handelt es sich um einen steuerbaren und steuerpflichtigen Vorgang.

Auf entgeltliche Leistungen fällt Umsatzsteuer an

Dies hat zur Folge, dass auf das Entgelt Umsatzsteuer anfällt. Maßgebend ist grundsätzlich der Regelsteuersatz von 19 Prozent (§ 12 Abs. 1 UStG). Unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG kann jedoch auch der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent Anwendung finden. Das ist der Fall, wenn die unselbstständige Stiftung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt (§§ 51 bis 68 AO).

Wichtig : Die Umsatzsteuerpflicht besteht nicht erst seit Verkündung des Urteils, sondern für alle offenen Fälle. Wurden entsprechende Entgelte bisher auf Basis der Entscheidung des FG Münster in den Umsatzsteuererklärungen nicht deklariert, wurde die Umsatzsteuer zu gering festgesetzt. Daraus kann auch die Pflicht für das leistende Unternehmen bzw. dessen steuerlichen Vertreter entstehen, die unrichtigen Umsatzsteuererklärungen zu berichtigen (§ 153 Abs. 1 Nr. 1 AO).

Weil der BFH in seiner Entscheidung hinsichtlich der Steuerpflicht an das zwischen dem Verein und dem Stifter bestehende Rechtsverhältnis anknüpft, ist die bestehende Umsatzsteuerpflicht aber nicht ganz unumstößlich. Sollte der Stifter versterben, geht zwar das Rechtsverhältnis auf dessen Erben über und die Steuerpflicht bleibt damit bestehen (§ 675 Abs. 1 i. V. m. § 672 S. 1 BGB). Verstirbt jedoch der Stifter ohne Rechtsnachfolger, ist kein identifizierbarer Leistungsempfänger mehr vorhanden. Das führt dann dazu, dass die vom BFH gesehene Steuerpflicht für die Entgelte ab sofort entfällt (Rz. 31 des BFH-Urteils).

Auch unentgeltliche Leistungen können zum Problem werden

In der Praxis dürfte in Fallgestaltungen mit unselbstständigen Stiftungen nicht immer ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag vorhanden sein. Denkbar ist auch, dass die Leistungen unentgeltlich erbracht werden. Damit ist das umsatzsteuerliche Problem aber nicht vom Tisch. Zwar kann mangels vereinbarten Entgelts kein Entgelt der Umsatzsteuer unterliegen. Aber der BFH hat in seinem Urteil deutlich gemacht, dass er im Falle von unentgeltlichen Leistungen zwei andere Besteuerungstatbestände für denkbar hält (Rz. 38):

  1. Die unentgeltlichen Leistungen könnten zu einer Entnahmebesteuerung nach § 3 Abs. 1b und 9a UStG führen. Die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer würde sich dann nach § 10 Abs. 4 UStG richten.
  2. Die unentgeltlichen Leistungen könnten auf Ebene des Leistungserbringers zu einer Einschränkung des Vorsteuerabzugs führen, weil es insoweit an einer Verknüpfung mit umsatzsteuerpflichtigen Ausgangsumsätzen mangelt.

Quellen: FG Münster 5.5.2022, 5 K 1753/20 U, Urteil; BFH 5.12.2024, V R 13/22, Urteil

Beitrag veröffentlicht am
7. Oktober 2025

Thomas Bußhardt
LFK Partner Bußhardt Huber Partnerschaft mbB
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwalt

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