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Insolvenzrecht Gewährleistungsansprüche beim Liegenschaftskauf in Exekutions- und Insolvenzverfahren (AT)

Gerät ein Schuldner in finanzielle Schieflage, so kann dies auf Antrag eines andrängenden Gläubigers zur Einleitung eines Exekutionsverfahrens einerseits oder aber bei Vorliegen der insolvenzrechtlichen Eröffnungstatbestände der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens andererseits führen. Ist der Schuldner Eigentümer einer Liegenschaft, kommt es oftmals zur Verwertung dieser Liegenschaft zur Befriedigung eines oder mehrerer Gläubiger. Die Regelungen über den Eigentumserwerb und mögliche Ansprüche des Käufers aus Leistungsstörungen sind in den beiden Verfahren durchaus unterschiedlich geregelt.

Der Freihandverkauf von Liegenschaften

Im Rahmen der Gesamtreform des Exekutionsrechts ( GREx 2021 BGBl I 2021/86 ; www.ris.bka.gv.at/bgbl) wurde der Verwalter in Exekutionssachen eingeführt. Dieser ist nunmehr ebenso wie der Gerichtsvollzieher im Exekutionsverfahren und der konkursgerichtlich bestellte Masseverwalter im Insolvenzverfahren befugt, Liegenschaften zu veräußern.

Die insolvenzrechtliche Gesetzgebung bevorzugt schon seit Jahrzehnten die sogenannte freihändige Veräußerung von Liegenschaften durch den Insolvenzverwalter. Zwar hat der Insolvenzverwalter auch die Möglichkeit, die gerichtliche Versteigerung einer Liegenschaft zu beantragen, in der Praxis zeigt sich aber regelmäßig, dass der Freihandverkauf durch den Insolvenzverwalter zumeist bessere Ergebnisse als eine gerichtliche Versteigerung bringt. Das Eigentum an der Liegenschaft wird nach Durchführung des dafür in der Insolvenzordnung vorgesehenen Prozederes durch Abschluss eines zivilrechtlichen Kaufvertrages zwischen Insolvenzverwalter und Käufer sowie durch Eintragung des Eigentumsrechts im Grundbuch übertragen. Der Vertrag bedarf der konkursgerichtlichen Genehmigung, Schuldner und Gläubigerausschuss sind ebenso involviert.

Das im Rahmen der Gesamtreform des Exekutionsrechts – GREx – (neben dem Gerichtsvollzieher) neu geschaffene exekutionsrechtliche Organ ist der Verwalter in Exekutionssachen. Die §§ 79ff EO regeln die Details der Bestellung, der Auswahl der Person des Verwalters und der Befugnisse eines solchen. Diese entsprechen zu weiten Teilen den Befugnissen eines Vollstreckungsorgans, Zwangsbefugnisse erhält der Verwalter aber keine. Er ist aber befugt, Vermögensgegenstände des Schuldners zu pfänden und zu verwerten. Nach § 268 EO kann der Verwalter Liegenschaften ebenso wie der Gerichtsvollzieher schon bisher freihändig verwerten. Das Eigentum an solcherart verwerteten Liegenschaften wird durch Zuschlagserteilung verschafft, eines Kaufvertrags bedarf es nicht.

Gewährleistungsansprüchedes Käufers?

Für den Käufer einer Liegenschaft ist es von essentieller Bedeutung, ob er im Fall von Mängeln an der erworbenen Liegenschaft Gewährleistungsansprüche geltend machen kann. Wenngleich sich die Regelungen des Freihandverkaufs durch den jeweiligen Verwalter in Exekutionsordnung und Insolvenzordnung mit der Einführung des Verwalters in Exekutionssachen durchaus annähern, so unterschiedlich sind Ansprüche aus Leistungsstörungen geregelt.

Während der Eigentumsübergang beim Kauf einer Liegenschaft in einem Exekutionsverfahren durch Zuschlagserteilung bewerkstelligt wird, wird beim freihändigen Verkauf durch den Insolvenzverwalter ein zivilrechtlicher Kaufvertrag abgeschlossen. In einem Kaufvertrag können Gewährleistungs- ansprüche nur dann ausgeschlossen werden, wenn es sich um ein Unternehmergeschäft handelt. Bei einem Verkauf der Liegenschaft an einen Verbraucher ist dies nicht möglich. Folgedessen sind Gewährleistungsansprüche des Käufers gegenüber der Insolvenzmasse. Bei einem Erwerb der Liegenschaft im Rahmen eines Exekutionsverfahrens sieht § 270 EO in dessen Abs 4 hingegen ausdrücklich einen Gewährleistungsausschluss vor. Auch das Recht auf Rücktritt vom Erwerb wird ausgeschlossen wie auch die Anwendbarkeit des Fern- und Auswärtsgeschäftegesetzes (FAGG).

Fazit

Die beiden Erwerbsformen werden aus gesetzlicher Sicht unterschiedlich behandelt, wenngleich dies angesichts der durchaus vergleichbaren Interessenlage beim freihändigen Verkauf im Exekutionsverfahren und im Insolvenzverfahren durchaus zu hinterfragen wäre. Solange es aber keine gesetzliche Änderung der einschlägigen Bestimmungen gibt, werden Käufer von Liegenschaften, sofern sie Verbraucher sind, in Exekutionsverfahren bessergestellt als in Insolvenzverfahren.

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