Haftung nach dem StVG? Traubenernte von Dieselöl ruiniert
Im Herbst 2018 hatte eine Winzerin einen landwirtschaftlichen Lohnunternehmer beauftragt, mit seinem Traubenvollernter in ihrem Weinberg bei der Weinlese zu helfen. Sie selbst und ein Mitarbeiter des Unternehmers hatten mit der Maschine bereits 2,5 Tonnen Trauben geerntet, als sie Dieselgeruch bemerkte: Die Dieselleitung des Fahrzeugs hatte ein Leck.
Nach der Traubenpressung stellte sich bei einer Analyse heraus, dass die Früchte mit Dieselöl kontaminiert waren: Die gesamte Ernte war verloren. Vom landwirtschaftlichen Lohnunternehmer forderte die Winzerin 17.000 Euro Schadenersatz.
Das Oberlandesgericht Koblenz entschied, dass er den Verlust nicht schuldhaft verursacht habe. Trotzdem müssten er bzw. seine Kfz-Versicherung dafür haften, nämlich nach dem Straßenverkehrsgesetz. Denn der Schaden sei beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden: Ein Traubenvollernter sei eine fahrbare Arbeitsmaschine, die nicht nur die Trauben von den Rebstöcken löse, sondern sich bei der Ernte ständig fortbewege.
Mit dieser Argumentation war der Bundesgerichtshof nicht einverstanden (VI ZR 16/23). Die Verunreinigung der Traubenernte hänge nicht mit der Eigenschaft der Maschine als Kraftfahrzeug zusammen, d.h. mit ihrer Funktion als Fortbewegungs- und Transportmittel. Die Fortbewegung des Traubenvollernters sei im Weinberg kein Selbstzweck. Sie diene bei diesem Einsatz — fern öffentlicher Verkehrsflächen — lediglich der Traubenernte.
Im Vordergrund stehe die Funktion des Traubenvollernters als Arbeitsmaschine. Dafür würden hier Motorkraft und Dieselkraftstoff benötigt. Anders wäre der Fall möglicherweise zu beurteilen, wenn der Schaden erst nach dem Ernteeinsatz der Arbeitsmaschine stattgefunden hätte — beim Transport der Trauben zum Umladen an der Straße.
Doch Winzerin und Zeuge hätten ausgesagt, dass sie das Leck an der Kraftstoffleitung an Ort und Stelle bemerkten. Damit stehe fest, dass die Trauben während des Erntevorgangs im Weinberg und nicht erst beim nachfolgenden Transport mit dem Öl in Kontakt gekommen seien. Für den Schaden müsse daher nicht die Kfz-Versicherung einstehen. Großes Pech für die Winzerin, die auf ihrem Schaden sitzen blieb.
Quelle: onlineurteile.de