Bauvertragsrecht Österreich Unzulässige Klausel in Bauträgerverträgen (AT)
Aufgrund der derzeit vorherrschenden und allgemein wirtschaftlich schwierigen Situation scheint der große Bauboom zumindest vorübergehend gebrochen zu sein. Bauträgerverträge wurden und werden aber freilich auch weiterhin abgeschlossen. Mit der Frage der Zulässigkeit bestimmter Klauseln in einem zwischen einem Bauträger und einem Verbraucher abgeschlossenen Vertrag befasste sich jüngst auch der Oberste Gerichtshof ( OGH 23.11.2023, 5 Ob 167/23d, www.ris.bka.gv.at ).
Bauträgervertrag – Ausgangslage
Beim Bauträgervertrag handelt es sich ganz allgemein und in den meisten Fällen um einen Vertrag über den Erwerb des Eigentums oder Wohnungseigentums an noch zu errichtenden oder durchgreifend zu erneuernden Gebäuden, Wohnungen oder Geschäftsräumen. In den meisten Fällen – jedenfalls aber vor Fertigstellung des Objekts – wird zwischen dem Bauträger und den jeweiligen Erwerbern ein Vertrag über den Erwerb des jeweiligen Eigentumsrechts abgeschlossen. Zumal Mängel bei Bauvorhaben nicht immer vermeidbar sind, ist insbesondere auf im Vertrag vorgesehene gewährleistungsrechtliche Aspekte Bedacht zu nehmen.
In der eingangs zitierten Entscheidung nahmen die klagenden Wohnungseigentümer als Verbraucher ihre Bauträgerin und Vertragspartnerin aus dem mit ihr abgeschlossenen Kaufvertrag wegen diverser Mängel auf anteilige Verbesserungskosten hinsichtlich allgemeiner Teile der Liegenschaft und wegen Preisminderung hinsichtlich ihres Objekts in Anspruch.
Die beklagte Bauträgerin wandte im Verfahren die mangelnde Fälligkeit ein, zumal das im Kaufvertrag vorgesehene Schiedsgutachterverfahren betreffend Mängelfeststellung nicht eingehalten worden wäre.
Zweck eines Schiedsgutachtens
Sinn und Zweck eines Schiedsgutachtens ist es, Meinungsverschiedenheiten von Vertragsparteien durch einen unabhängigen, unparteiischen und fachlich versierten Sachverständigen auf verbindliche Weise zu klären. Im ordentlichen Gerichtsverfahren soll das dann erkennende Zivilgericht an dieses Gutachten gebunden sein.
Der Oberste Gerichtshof hatte nunmehr zu beurteilen, ob diese Schiedsgutachterabrede im Sinne des Bauträgervertragsgesetzes oder des Konsumentenschutzgesetzes zwischen dem Bauträger als Unternehmer und den Käufern als Verbraucher wirksam vereinbart werden konnte. Das Erstgericht bejahte die Zulässigkeit einer Schiedsgutachterabrede und wies die Klage daher mangels Fälligkeit ab. Das Berufungsgericht ging hingegen von einer unzulässigen Beschränkung der Verbraucher aufgrund der Schiedsgutachterabrede aus.
Gründe für die Unzulässigkeit
Der Oberste Gerichtshof bestätigte die Entscheidung des Berufungsgerichts. Das im zu beurteilenden Fall vereinbarte Schiedsgutachterverfahren bewirkt einerseits eine gewisse zeitliche Verzögerung. Überdies verliert der Verbraucher durch die Schiedsgutachterklausel weitgehend auch die in der Zivilprozessordnung in Zusammenhang mit gerichtlich bestellten Sachverständigen vorgesehenen Möglichkeiten, auf dieUnbefangenheit des Sachverständigen und die fachliche Richtigkeit des Gutachtens hinzuarbeiten. Den Grund dafür sieht der Oberste Gerichtshof darin, dass in einem Schiedsgutachterverfahren vergleichbare Mitwirkungsrechte nicht vorgesehen sind. Ein nach Abwicklung des Schiedsgutachterverfahrens nachfolgendes Gerichtsverfahren verschafft dem Verbraucher keine Abhilfe mehr, weil das Ergebnis des Schiedsgutachtens grundsätzlich für die Parteien und das Gericht materiell-rechtlich bindend ist.
Verbrauchern stehen im Schiedsgutachterverfahren weder die mündliche Erörterung des Gutachtens noch Rechtsschutzinstrumente wie Verfahrens- oder Beweisrügen zur Verfügung. Insgesamt werden nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes die prozessualen Mitwirkungsrechte von Verbrauchern im Schiedsgutachterverfahren nicht im selben Ausmaß wie vor den ordentlichen Gerichten gewahrt. Darin ist eine unzulässige Beschränkung der Gewährleistungsrechte und der prozessualen Mitwirkungsrechte von Verbrauchern im Sinne des § 9 Abs. 1 KSchG zu erblicken. Eine in einem Bauträgervertrag vorgesehene Schiedsgutachterabrede ist aus diesen Gründen gegenüber Verbrauchern unwirksam.