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Arbeitsrecht Wie gewonnen, so zerronnen?

Verständlicherweis ist die Sorge eines Arbeitnehmers nach Zugang einer Kündigung groß - es droht Arbeitslosigkeit, eine Existenzgefährdung und oft auch eine emotionale (Familien-) Krise. Die Kündigungsschutzklage wird oft ersteinmal das Mittel der Wahl sein, insbesondere wenn die eigenen Kosten versicherungsgedeckt ist, weshalb eine Rechtschutzversicherung für Arbeitnehmer, die dieses Risiko abdeckt, auf jeden Fall zu empfehlen ist.

Ist das Kündigungsschutzgesetz anwendbar, wird mit der Klage beantragt, was das Gesetz schon im Titel trägt: Der Schutz vor einer Kündigung, also im Ergebnis die Unwirksamkeit der Kündigung und der Fortbestand des im Zweifel maroden Arbeitsverhältnisses. Anders geht es nicht, einen "Abfindungszahlungsanspruch" sieht das Gesetz nicht vor, auch wenn im Vergleich meist dann doch (irgendwann) eine Abfindung vereinbart wird.

Wird ein Kündigungsschutzverfahren mit dem Ziel eingeleitet, die Arbeitslosigkeit zu verhindern und den Arbeitsplatz zu sichern, kann sich der Fokus schnell ändern: Vielleicht stellen sich anfängliche Existenzsorgen (zum Glück) als unbegründet heraus und der Gekündigte hat schnell ein eventuell sogar besseres Angebot von eines neuen Arbeitgebers vorliegen, dass er nicht sausen lassen will oder kann. Es geht ihm nun doch eher darum, " noch etwas mitzunehmen ", also eine Abfindung zu erhalten. Erfährt der alte Arbeitgeber hiervon, " droht " er gerne, damit, das Arbeitsverhältnis doch fortzusetzen - auch wenn er dies eigentlich gar nicht will. Was dann? Was wird aus dem Kündigungsschutzverfahren? Wie kann oder sollte man sich als Kläger oder Anwalt im Gütetermin verhalten?

Zunächst kommt der Vertreter des Arbeitgebers im Termin vielleicht auf die Idee zu, die Kündigung zurück zu nehmen . Dies ist kein Grund zur Panik oder gar Klagerücknahme! Eine Rücknahme ist bei einer einseitigen Willenserklärung, wie einer Kündigung, die zugegangen ist, nicht möglich. Um bei Robin Hood zu bleiben: Der Pfeil, der in der Brust sitzt, kann nicht ohne Schaden heraus gezogen werden. Gegen eine Klagerücknahme spricht zudem die Kostenfolge, zumindest wenn Anträge nicht nur angekündigt, sondern schon gestellt worden sind. Gerichtskosten werden bei einer Rücknahme vor Antragstellung im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht erhoben, die erstinstanzlichen Anwaltskosten trägt ohnehin unabhängig vom Ausgang jede Partei selbst, § 12a ArbGG.

Wird vom Arbeitnehmervertreter eingewandt, dass die Kündigung nicht zurück genommen werden kann (s. oben), kontert die Arbeitgeberseite häufig mit der Erklärung " aus der Kündigung keine Rechte mehr herleiten " zu wollen. Das ist aber nichts anderes und lässt vor allem das Rechtschutzbedürfnis des Klägers nicht entfallen. Es droht kein Unterliegen.

Die Arbeitgeberseite könnte - was manchmal sogar eine ganz gute Idee sein kann - auf die Idee zu kommen, dann ganz simpel den klägerischen Kündigungsschutzantrag anzuerkennen (oder zumindest damit zu drohen, um damit eine Klagerücknahme zu erreichen und eine Abfindungsdiskussion zu unterbinden). Ob sie dies wirklich tut? Sie trüge dann zumindest die Gerichtskosten, wenn eine streitige Verhandlung stattgefunden hat (zu den Besonderheiten des arbeitsgerichtlichen Gerichtskostenrechts insgesamt siehe Anhang 1 zum GKG Teil 8 - ab Ziff. 8001).

Und wirklich Angst haben muss der Arbeitnehmervertrer davor auch nicht. Er darf nie vergessen, in jeder Situation daran zu denken und seiem Mandanten zu erklären, dass auch insoweit der Gesetzgeber vorgesorgt hat: Auch im Falle eines Anerkenntnisurteils kann der Arbeitnehmer die Möglichkeit des § 12 KSchG wahrnehmen und sich - unter Wahrung der dort geregelten Frist - vom alten Arbeitgeber lösen, obwohl er gerade eigentlich sein Ziel erreicht und gewonnen hat. Dann gilt zwar tatsächlich " wie gewonnen, so zerronnen ", aber wenigstens ohne Gerichtskosten (bei den Anwaltskosten auf eigener Seite wird es immer bleiben, siehe dazu oben das Stichwort "Rechtschutz").

Wird dies alles im spannenden Hin- und Her im Termin unter verständigen Anwälten erörtert, kommt es ja vielleicht doch noch zu einem kleinen Abfindungsvergleich. Die Gerichtskosten entfallen dann und alle sind ein wenig mehr zufrieden, als sie es vor dem Termin aus unterschiedlichen Gründen waren.

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