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Schenkung oder Darlehen? Zuwendungen von Schwiegereltern: besteht eine Rückzahlungspflicht?

Wenn Schwiegereltern ihrem Schwiegersohn oder ihrer Schwiegertochter finanzielle Mittel zur Unterstützung der ehelichen Lebensführung zukommen lassen, stellt sich oft die Frage, ob diese Zuwendungen als Schenkung, als ehebedingte Zuwendung oder als Darlehen betrachtet werden müssen. Insbesondere im Falle einer Trennung oder Scheidung stellt sich die Frage, ob eine Rückzahlungsverpflichtung gegenüber den Schwiegereltern besteht. Dieser Beitrag beleuchtet die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale und rechtlichen Aspekte der verschiedenen Arten von Zuwendungen und gibt einen Überblick darüber, wie diese im Fall einer Trennung rechtlich behandelt werden.

Abgrenzung:

Die Abgrenzung, ob es sich bei einer Zuwendung von Schwiegereltern um eine Schenkung, eine ehebedingte Zuwendung oder ein Darlehen handelt, ist in der Praxis von entscheidender Bedeutung, da die rechtliche Behandlung und die steuerlichen Konsequenzen unterschiedlich ausfallen können. Hier sind die wesentlichen Kriterien zur Abgrenzung dieser Begriffe:

1. Schenkung

Eine Schenkung ist eine unentgeltliche Zuwendung, bei der der Schenker dem Empfänger etwas gibt, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Sie ist im deutschen Recht in den §§ 516 ff. BGB geregelt und definiert sich dadurch, dass der Schenker dem Beschenkten eine Bereicherung verschafft, ohne dass der Beschenkte im Gegenzug eine Leistung erbringt.

Merkmale der Schenkung sind:

  • Keine Rückzahlungsverpflichtung: Eine Schenkung ist grundsätzlich unentgeltlich und mit der Absicht verbunden, dem Empfänger einen Vermögensvorteil ohne Verpflichtung zur Gegenleistung zu gewähren.
  • Wille des Schenkers: Es muss der eindeutige Wille des Schenkers erkennbar sein, dem Empfänger das Vermögen dauerhaft zu übertragen. Dies kann auch durch eine schriftliche Erklärung oder eine Vereinbarung zwischen den Parteien belegt werden.
  • Formfreiheit: Grundsätzlich ist eine Schenkung formfrei, das heißt, sie kann mündlich oder durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Eine notarielle Beurkundung ist jedoch erforderlich, wenn Immobilien übertragen werden (§ 311b BGB). Zudem bedarf ein Schenkungsversprechen, das vor der Durchführung der Schenkung abgegeben wird, der notariellen Beurkundung (§ 518 BGB).
  • Abgrenzung zur ehebedingten Zuwendung: Eine Schenkung kann von einer ehebedingten Zuwendung unterschieden werden, wenn sie ohne Zusammenhang zur ehelichen Lebensführung erfolgt und keine Absicht dahintersteht, die Zuwendung für den gemeinsamen Lebensunterhalt oder für die Ehe zu verwenden.

Beispiel : Die Schwiegereltern geben ihrem Schwiegersohn einen Geldbetrag, ohne eine Rückzahlungsverpflichtung zu erwarten und ohne eine spezielle Zweckbindung. Es handelt sich um eine unentgeltliche Zuwendung, die im Regelfall als Schenkung zu qualifizieren ist.

2. Ehebedingte Zuwendung

Eine ehebedingte Zuwendung ist eine Zuwendung, die innerhalb der Ehe oder im Zusammenhang mit der Ehe gemacht wird. Diese Zuwendung ist oft darauf ausgerichtet, das eheliche Zusammenleben zu fördern oder den Ehepartner zu unterstützen. Sie kann von einem Ehepartner an den anderen und nach früherer Rechtsprechung auch von Dritten (wie Schwiegereltern) an einen Ehepartner gemacht werden. Die ehebedingte Zuwendung ist nicht ausdrücklich im BGB geregelt, sondern stellt einen familienrechtlichen Vertrag sui generis dar.

Merkmale einer ehebedingten Zuwendung sind:

  • Zweck der Zuwendung: Eine ehebedingte Zuwendung dient oft der Unterstützung des gemeinsamen Haushalts oder der Förderung des gemeinsamen Lebens. Sie ist daher typischerweise nicht als unentgeltliche Schenkung, sondern als Unterstützung oder Beitrag zur ehelichen Lebensführung gedacht.
  • Verwendung für gemeinsame Zwecke der Ehegatten: Die Zuwendung könnte etwa für den Kauf eines gemeinsamen Hauses, die Ausbildung eines Kindes oder für andere eheliche Ausgaben verwendet werden.
  • Rechtsfolgen im Scheidungsfall : Wie die Rückforderung einer ehebedingten Zuwendung rechtlich zu behandeln ist, ist umstritten und der Rückzahlungsanspruch wird in der Regel nur in unzumutbaren Ausnahmefällen (und zum Teil) gewährt. Ehebedingte Zuwendungen können im Falle einer Trennung oder Scheidung zur Vermögensaufteilung oder bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen berücksichtigt werden. In der Zugewinngemeinschaft (dem gesetzlichen Güterstand in Deutschland) wird das während der Ehe erworbene Vermögen geteilt, wobei ehebedingte Zuwendungen in der Regel als Teil des gemeinsamen Vermögens betrachtet werden.
  • Abgrenzung zur Schenkung : Eine ehebedingte Zuwendung wird im Unterschied zur Schenkung mit der Absicht gemacht, das gemeinsame eheliche Leben zu fördern und nicht lediglich als unentgeltliche Gabe.

Beispiel : Wenn Schwiegereltern ihrem Schwiegersohn einen Betrag zukommen lassen, um ihm beim Erwerb eines gemeinsamen Hauses mit seiner Ehefrau zu helfen, konnte dies nach früherer Rechtsprechung als ehebedingte Zuwendung angesehen werden, da die Zuwendung direkt auf die eheliche Lebensführung und die gemeinsamen Bedürfnisse der Ehegatten ausgerichtet ist.

Beachte : Allerdings ordnet die Rechtsprechung Zuwendungen von Schwiegereltern mittlerweile nicht mehr als ehebedingte Zuwendung ein. In der Regel handelt es sich daher um eine Schenkung iSd § 516 BGB oder ein rückzahlungspfichtiges Darlehen iSd § 488 BGB. Somit spielen ehebedingte Zuwendungen nur noch bei Zuwendungen unter den Ehegatten eine Rolle.

3. Darlehen

Ein Darlehen ist eine vertragliche Vereinbarung, bei der ein Darlehensgeber dem Darlehensnehmer einen bestimmten Geldbetrag zur Verfügung stellt, der in der Regel mit Zinsen und zu einem späteren Zeitpunkt zurückgezahlt werden muss. Es ist im Wesentlichen in den §§ 488 ff. BGB geregelt.

Merkmale eines Darlehens sind:

  • Rückzahlungsverpflichtung: Ein Darlehen ist durch die Verpflichtung zur Rückzahlung des geliehenen Betrags gekennzeichnet. Dies unterscheidet es klar von einer Schenkung oder einer ehebedingten Zuwendung.
  • Zinsen und Laufzeit: In der Regel wird bei einem Darlehen auch eine Rückzahlung von Zinsen vereinbart. Die Konditionen, wie die Höhe der Zinsen und der Rückzahlungszeitraum, werden ebenfalls im Darlehensvertrag festgelegt.
  • Formvorschriften: Darlehensverträge können formlos abgeschlossen werden, aber für größere Beträge oder bestimmte Darlehen (z.B. bei Immobilien) kann eine schriftliche Vereinbarung oder sogar notarielle Beurkundung erforderlich sein.
  • Abgrenzung zur Schenkung: Ein Darlehen ist durch eine Rückzahlungspflicht und möglicherweise durch Zinsen gekennzeichnet, während Schenkungen unentgeltlich sind und keine Rückzahlungsverpflichtung vorsehen.

Beispiel : Wenn Schwiegereltern ihrem Schwiegersohn einen Betrag geben, aber im Voraus vereinbaren, dass er diesen Betrag zu einem späteren Zeitpunkt ohne Zinsen zurückzuzahlen hat, handelt es sich um ein Darlehen und nicht um eine Schenkung oder ehebedingte Zuwendung.

Aktuelle Entscheidung des LG Frankfurt a.M.

Mit der Abgrenzung zwischen Darlehen und Schenkung musste sich auch das Landgericht Frankfurt am Main in einer aktuellen Entscheidung (Urteil vom 28.11.2024 – 2-23 O 701/23)   beschäftigen:

Ein frisch verheirateter Mann erhielt von seinen Schwiegereltern ein Darlehen in Höhe von 250.000 Euro, da er selbst keinen Kredit mehr von der Bank bekam. Mit dem geliehenen Geld konnte er die Restschuld eines bestehenden Kredits ablösen und somit das sanierungsbedürftige Wohnhaus, das er von seinen Eltern geerbt hatte, vor dem Verlust retten. Im Gegenzug sicherte er zu, die gesamte Summe inklusive Zinsen an die Schwiegereltern zurückzuzahlen. Diese Vereinbarung funktionierte solange, wie die Ehe Bestand hatte.

Nach der Scheidung änderte sich die Situation: Der Mann hatte bis dahin lediglich 60.000 Euro zurückgezahlt. Er stellte die Tilgung ein und erklärte, dass er aufgrund seiner Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seiner Ex-Frau finanziell nicht mehr in der Lage sei, die Raten zu begleichen. Außerdem betrachtete er den Kredit rückblickend als ein freiwilliges, familiäres Opfer seiner Schwiegereltern, das sie in einer schwierigen Situation des jungen Ehepaars gebracht hätten.

Die Schwiegereltern akzeptierten diese Sichtweise nicht. Die Schwiegermutter klagte schließlich auf Rückzahlung der verbleibenden 190.000 Euro. Das Landgericht Frankfurt gab ihr recht. Es stellte fest, dass es sich um einen rechtlich bindenden, mündlich geschlossenen Darlehensvertrag handelte. Eine Schenkung oder eine rein familiäre Gefälligkeit sei angesichts der hohen Summe auszuschließen. Die Vereinbarung habe eine klare Rückzahlungsverpflichtung beinhaltet, und der Schwiegersohn selbst hatte eingeräumt, dass keine Schenkung beabsichtigt gewesen sei.

Die Schwiegereltern waren das finanzielle Risiko nur eingegangen, um den drohenden Verlust des Hauses des Mannes zu verhindern. Nachdem sie den Darlehensvertrag gekündigt hatten, sei der Schwiegersohn zur Rückzahlung der offenen Summe von 190.000 Euro verpflichtet.

Quelle: Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28.11.2024 – 2-23 O 701/23 

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