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Verkratzter Miet-Transporter Beweislastverteilung bei der Autovermietung

In einem aktuellen Urteil bestätigte das LG Münster, dass der Vermieter eines Fahrzeugs nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen die Beweislast dafür trägt, dass das Fahrzeug vor der Übernahme durch den Mieter unbeschädigt war.

Was ist passiert?

Für einen Umzug mietete Herr S einen Mercedes Sprinter. In der Vermietungsstation schloss er mit dem Angestellten B den digital erstellen Mietvertrag ab, der dem S per E-Mail an sein Handy gesendet wurde. B begutachtete allerdings den Transporter vorher nicht. Er übernahm nur einige Angaben zu Vorschäden im Kfz-Innenraum aus dem Computersystem des Unternehmens und schrieb sie in den Vertrag. Äußere Schäden wurden im Vertrag nicht erwähnt, obwohl das Fahrzeug leichte Schrammen und Dellen aufwies.

Am Abend stellte der Mieter den Sprinter an der Station wieder ab und warf den Schlüssel in den Nachttresor. Vier Tage später erhielt er vom Autovermieter eine E-Mail: Am Mietwagen habe man „bisher nicht dokumentierte“ äußere Schäden festgestellt, für deren Reparatur müsse Herr S rund 11.000 Euro zahlen. Er habe den Transporter, abgesehen von den vertraglich fixierten Mängeln im Innenraum, „schadenfrei“ übernommen. Zudem berief sich der Autovermieter auf eine Vertragsklausel, nach der sich der Mieter verpflichtet, "vor Abfahrt das Fahrzeug nochmals auf Schäden zu kontrollieren und etwaige nicht erfasste Schäden vor Abfahrt der Übergabestation oder der unten angegebenen Service-Hotline zu melden“.

S zahlte jedoch nichts und ließ es auf einen Rechtsstreit ankommen.

Beweislast bei der Autovermietung

Die Beweislast für die Verursachung von Schäden am Mietfahrzeug liegt grundsätzlich beim Autovermieter. Er muss beweisen, dass der Schaden während der Mietzeit entstanden ist und vom Mieter verursacht wurde. Dabei kommt die sogenannte Rosenberg’sche Formel zur Anwendung, die den allgemeinen Grundsatz beschreibt: "Jede Partei muss die ihr günstigen Voraussetzungen vortragen und beweisen."

Etwas anderes gilt jedoch, falls gesetzliche Beweislastregeln (§ 292 ZPO) greifen. Zudem ist es grundsätzlich auch möglich, durch vertragliche Vereinbarungen die Beweislast zu regeln. Handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) ist eine solche Regelung zulasten des Vertragspartners des Verwenders jedoch gem. § 309 Nr. 12 BGB unzulässig.

Entscheidung des LG Münster

Mieter S gewann den Rechtsstreit beim Landgericht Münster (10 O 52/24). Der Autovermieter habe zwar nachträglich Bilder von äußeren Schäden vorgelegt, so das Landgericht. Das beweise jedoch nicht, dass sie während der Mietzeit entstanden seien und der Kunde sie zu verantworten habe. Der Mietvertrag biete keinen Anhaltspunkt dafür, dass Herrn S das Fahrzeug unbeschädigt übergeben wurde. Zeuge B habe bei der Vermietung kein Übergabeprotokoll mit Fotos erstellt und den Transporter nicht einmal besichtigt. Zu dessen äußerem Zustand habe B also keine Angaben machen können.

Auf den ersten Blick erscheine es verwunderlich, dass Herr S den Wagen mit einigen Kratzern und Dellen akzeptiert habe, obwohl im Vertrag nur Mängel im Fahrzeuginneren dokumentiert seien. Der Mieter habe allerdings nachvollziehbar geschildert, er und sein Umzugshelfer seien davon ausgegangen, dass der Autovermieter die Schäden kenne. Und letztlich seien Bagatellschäden wie Kratzer für einen Miet-Transporter ja nicht ungewöhnlich. Das sei auch daran abzulesen, dass der Autovermieter den Transporter anschließend monatelang unrepariert weitervermietet habe. 

Aus der Vertragsklausel, die den S vor Abfahrt zur Überprüfung und Meldung von nicht erfassten Schäden verpflichtet, ergebe sich auch nichts anderes. Sie habe keine Relevanz für die Beweislast. Zudem könne eine solche AGB-Klausel auch gar nicht zu einer Beweislastumkehr führen, da dies gegen § 309 Nr. 12 BGB verstoßen würde. Die Beweislast für Schäden vor der Übernahme verbleibt somit weiterhin beim Autovermieter.

Quelle: Urteil des Landgerichts Münster vom 11.10.2024 – 10 O 52/24 

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