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EU-Zustellungsverordnung (VO (EU) Nr. 2020/1784) Die neue Zustellungsverordnung; was bedeutet das für Sie?

Die neue EU-Zustellungsverordnung (VO (EU) Nr. 2020/1784) gilt ab dem 1. Juli 2022. Das Ausführungsgesetz zur Verordnung befindet sich noch bei der Zweiten Kammer („Tweede Kamer“) des niederländischen Parlaments in Bearbeitung. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Bestimmungen der neuen Zustellungsverordnung noch nicht gelten, im Gegenteil. Deshalb konzentrieren wir uns hier auf die fünf größten Veränderungen, die die neue Zustellungsverordnung mit sich bringt.

1. Verlängerte Frist, um die Annahme von Schriftstücken zu verweigern

Die zuzustellenden gerichtlichen Schriftstücke müssen in der Amtssprache des Empfangsmitgliedsstaates oder einer Sprache, die der Empfänger versteht, abgefasst sein. Wenn dies nicht der Fall ist, kann der Empfänger die Annahme der Schriftstücke verweigern. Diese Verweigerung kann nach der neuen Verordnung entweder bei der Zustellung oder durch eine schriftliche Erklärung der Annahmeverweigerung innerhalb von zwei Wochen ab dem Zeitpunkt der Zustellung erfolgen. Nach der vorherigen Verordnung galt eine Frist von einer Woche, aber der Empfänger hat ab jetzt nach der Zustellung zwei Wochen Zeit, die Annahme der Schriftstücke zu verweigern. Das bedeutet für die Praxis zwei Wochen Wartezeit, bevor das Zustellungszertifikat der Übermittlungsstelle zugesendet wird.

2. Einholen von Anschriften

Eine bereits in Kraft getretene Möglichkeit ist das Einholen von Anschriften einer Gegenseite in einem anderen Mitgliedsstaat. Mitgliedsstaaten können in dem Zusammenhang entscheiden, im Rahmen der Herausgabe von Anschriften einerseits Behörden zu benennen, bei denen die Anschriften beantragt werden können. Oder sie können andererseits direkten Zugang zu den Melderegistern erteilen oder über das Europäische Justizportal informieren, wie die Anschriften gefunden werden können. Jeder Mitgliedsstaat hat demnach eine Entscheidung getroffen, wie dem Antragsteller Anschriften zugänglich gemacht werden.

In den Niederlanden fiel die Entscheidung auf die erste Möglichkeit. Gerichtsvollzieher erhalten und verarbeiten Anträge auf Anschriften. Die sog. königliche Berufsorganisation für Gerichtsvollzieher („Koninklijke Beroepsorganisatie van Gerechtsdeurwaarders“) hat bekanntgegeben, dass Gerichtsvollzieher einen Antrag auf Anschriften binnen zwei Werktagen beantworten und dafür grundsätzlich keine zusätzlichen Kosten in Rechnung stellen werden, es sei denn, es handelt sich um eine ausführliche Einholung mehrerer Anschriften. 

3. Elektronische Zustellung

Sofern aufgrund des Rechts des Mitgliedsstaates eine elektronische Zustellung gestattet ist, ist dies auch nach der Europäischen Zustellungsverordnung möglich, wenn einige Verpflichtungen erfüllt werden. Obligatorisch ist, dass die Schriftstücke mittels eines qualifizierten Dienstes für die elektronische Zustellung elektronischer Einschreiben versandt und empfangen werden. Außerdem ist es nach der Verordnung obligatorisch, dass der Empfänger vorab seine ausdrückliche Zustimmung zur Verwendung elektronischer Mittel und einer bestimmten E-Mailadresse für die Zustellung und den Empfang von Schriftstücken erteilt haben muss. 

4. Höhere Vergütung für Gerichtsvollzieher

Eine wichtige Veränderung bei den Zustellungskosten ist eine Erhöhung der von einem niederländischem Gerichtsvollzieher für eine Zustellung zu berechnenden Kosten von 65 Euro auf 125 Euro. Notwendig ist dies, weil der Tarif von 65 Euro seit 2009 nicht mehr indexiert wurde. Allerdings handelt es sich dabei bisher nur um einen Entwurf im Ausführungsgesetz und nicht um eine definitive Entscheidung. Die Erste und Zweite Kammer (Eerste Kamer, Tweede Kamer) des niederländischen Parlaments müssen den Entwurf noch absegnen. Da der erhöhte Tarif der Arbeit, die der Gerichtsvollzieher im Rahmen der internationalen Zustellung zu leisten hat, besser gerecht wird, erscheint uns dies sehr angemessen.

5. Elektronischer Austausch von Schriftstücken ab 2025

Aufgrund der Verordnung muss der Austausch von Schriftstücken zwischen versendenden und empfangenden Instanzen elektronisch über das dezentrale IT-System der Europäischen Union stattfinden. Die Mitgliedsstaaten werden ihre eigenen nationalen IT-Systeme einrichten und miteinander verbinden. Ihre Kosten tragen die Mitgliedsstaaten selbst. In den Niederlanden werden alle Gerichtsvollzieherkanzleien an das niederländische IT-System angeschlossen sein, damit diese die Schriftstücke digital versenden und empfangen könnten. Diese Verpflichtungen treten am 14. März 2025 in Kraft. 

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