Erbrecht Gemeinschaftliches Testament – Möglichkeiten und Risiken
Ehegatten und eingetragene Lebenspartner haben die Möglichkeit, gemeinsam über ihren Nachlass zu verfügen in Form eines sogenannten gemeinschaftlichen Testaments (§ 2265 BGB/§10 Abs. 4 LPartG). Dabei handelt es sich um eine gemeinsame Erklärung zu ihrem letzten Willen, in der Regel in einem Dokument, in der jeder von ihnen einseitig über das eigene Vermögen verfügt.
Diese Möglichkeit der gemeinsamen Nachlassplanung wird von Ehegatten/eingetragenen Lebenspartnern gerne genutzt, zumal das gemeinschaftliche Testament nicht notariell erstellt werden muss, sondern auch eigenhändig, handschriftlich möglich ist. Es gelten dieselben Formvorschriften wie für das Einzeltestament mit folgender Besonderheit: Es ist grundsätzlich ausreichend, wenn ein Ehegatte/eingetragener Lebenspartner das Testament handschriftlich errichtet und der andere mitunterzeichnet oder eine eigenhändige Beitrittserklärung darunter setzt (§§ 2267, 2247 BGB).
Gemeinschaftliches oder eigenhändiges Testament?
Dies birgt allerdings einige Risiken. Hierzu hatte das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf vor nicht allzu langer Zeit einen Fall (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9.4.2021 - I-3 Wx 219/20) zu entscheiden, in dem die Ehegatten ein vermeintlich gemeinschaftliches Testament abwechselnd geschrieben und beide unterzeichnet hatten. Inhalt des Testaments waren allerdings ausschließlich Verfügungen des Ehemannes, die im Wesentlichen in der Ich-Form verfasst waren. Letztwillige Verfügungen der Ehefrau waren nicht enthalten. Damit handelte es sich nach der Auslegung des OLG nicht um ein gemeinschaftliches Testament.
Grundsätzlich kommt in solchen Fällen die Umdeutung in ein Einzeltestament des Erblassers in Betracht. Dies hat das OLG auch in diesem Fall geprüft, aber ausgeschlossen, weil große Teile des Haupttextes des Testaments nicht von dem Erblasser selbst geschrieben waren, sondern von der Ehefrau. Es fehlte somit an der erforderlichen Form der eigenhändig ge- und unterschriebenen Erklärung. Das Testament war damit unwirksam.
Wechselbezügliche Verfügungen und Berliner Testament
In einem gemeinschaftlichen Testament können die Eheleute/eingetragenen Lebenspartner auch wechselbezügliche Verfügungen aufnehmen. D. h. die beiden einzelnen Verfügungen werden so eng miteinander verknüpft, dass die eine nicht ohne die andere gelten soll, sie voneinander abhängig sind (§ 2270 Abs. 1 BGB). Besonders bekannt ist in diesem Zusammenhang das sogenannte „Berliner Testament“, in dem sich die Eheleute/eingetragenen Lebenspartner für den ersten Erbfall wechselseitig zu Alleinerben einsetzen und in der Regel die gemeinsamen Kinder zu Schlusserben. Hierbei wird angenommen, dass der eine den anderen nur zum Alleinerben einsetzt, weil dieser dasselbe tut, die Verfügungen also wechselbezüglich sind.
Ob die Schlusserbeneinsetzung ebenfalls wechselbezüglich sein soll, ist bestenfalls eindeutig klarzustellen, anderenfalls durch Auslegung zu ermitteln.
Durch solche wechselbezüglichen Verfügungen erzielen die Ehegatten/eingetragenen Lebenspartner eine Bindungswirkung. Wenn einer von ihnen stirbt, ist der Überlebende an die Verfügungen in dem gemeinschaftlichen Testament gebunden, kann es folglich nicht mehr ändern. Die Freiheit, anderweitig zu testieren kann dann nur durch eine Erbausschlagung wiedererlangt werden.
Widerruf eines gemeinschaftlichen Testaments
Lediglich zu Lebzeiten besteht die Möglichkeit des einseitigen Widerrufs, der besonderen Form- und Zustellungsvoraussetzungen unterliegt. Es bedarf einer persönlichen, notariell beurkundeten Erklärung des Widerrufenden gegenüber dem anderen, die diesem im Zweifel formell zugestellt werden muss.
Gemeinsam können die Ehegatten/eingetragenen Lebenspartner jederzeit ihr altes, gemeinschaftliches Testament widerrufen und abweichend dazu neu testieren.
Auch können Sie Änderungsklauseln in das gemeinschaftliche Testament aufnehmen, die es dem überlebenden Ehegatten/eingetragenen Lebenspartner z. B. für bestimmte Fälle oder in bestimmten Umfang oder im Rahmen eines bestimmten Personenkreises ermöglichen, auch nach dem Tod des zuerst Verstorbenen neu zu testieren.
Gemeinschaftliches Testament in ausländischen Rechtsordnungen
Zu beachten ist außerdem, dass das gemeinschaftliche Testament in ausländischen Rechtsordnungen eher unbekannt ist. Wenn Eheleute/eingetragene Lebenspartner ihren gewöhnlichen Aufenthalt ins Ausland verlegen, und sei es auch nur schwerpunktmäßig, gilt in der Regel nicht mehr deutsches Erbrecht. Kennt das dann anwendbare, ausländische Erbrecht kein gemeinschaftliches Testament, wird es voraussichtlich unwirksam sein. Es empfiehlt sich in solchen Fällen, eine Rechtswahl für das deutsche Erbrecht testamentarisch festzuhalten, oder der Abschluss eines notariellen Erbvertrages.
Fazit
Die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments ist für Eheleute und eingetragene Lebenspartner grundsätzlich ein geeignetes Mittel der Nachlassgestaltung. Um das gewünschte Ergebnis zu erhalten und Erbstreitigkeiten zu verhindern, ist eine korrekte formale und inhaltliche Erstellung unerlässlich, für die es sich empfiehlt, vorab juristischen Rat einzuholen.