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Kündigung eines Kontokorrentvertrags – Das sollten Unternehmen wissen

I. Ordentliche und außerordentliche Kündigung: Die Unterschiede

1. Ordentliche Kündigung

Die Bank (und auch der Kreditnehmer) kann einen unbefristeten Kontokorrentvertrag in aller Regel „ordnungsgemäß“ kündigen. Das bedeutet: Es reicht aus, die gesetzliche Kündigungsfrist einzuhalten, ohne dass besondere Gründe nachgewiesen werden müssen. Die maßgebliche Vorschrift ist § 488 Abs. 3 BGB. Das Gesetz schreibt vor, dass die Kündigungsfrist für beide Parteien drei Monate beträgt. Eine Vereinbarung über eine andere Frist ist möglich, sofern sie im Kreditvertrag oder den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) verbindlich festgelegt wurde. Die Kündigung ist grundsätzlich formfrei, sollte aus Gründen der Rechtssicherheit jedoch stets in Textform erfolgen.

Auf den Punkt gebracht: Das Kündigungsrecht besteht unabhängig von wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder Pflichtverletzungen. Es gibt keine „Abmahnpflicht“. Auch eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung genügt, solange der Wille zur Beendigung klar erkennbar ist. Die Rückzahlung des offenen Kreditbetrags wird mit Zugang der Kündigung zum Fristablauf fällig.

2. Schranken der ordentlichen Kündigung

Allerdings dürfen Banken nicht unbesehen oder willkürlich kündigen. Besonders der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verlangt, dass die berechtigten Interessen des Kreditnehmers angemessen berücksichtigt werden. Kündigt die Bank beispielsweise nach einer langen Zeit besonderer Kulanz plötzlich überraschend, könnte dies im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstoßen. Umgekehrt begründet allein die mehrjährige Fortführung des Kontokorrentkontos oder regelmäßige Verlängerungen aber keinen Kündigungsausschluss. Die Anforderungen an einen Einspruch sind hoch: Nur bei klaren Indizien eines „Bruchs mit der bisherigen Kulanz“ ergibt sich eine Angriffschance.

Die berechtigten Belange des Kunden/Kreditnehmers zu berücksichtigen bedeutet für die Bank, eine Angemessenheits- und Interessenabwägung vorzunehmen. Kriterien, die dabei im Hinblick auf den Kreditnehmer zu berücksichtigen sind, sind beispielhaft genannt folgende:

  • Es muss von der Bank berücksichtigt werden, dass der Kreditnehmer Zeit benötigt, um alternative Finanzierungen zu organisieren und die Liquiditätsplanung an die neue Situation anzupassen;
  • Dabei darf die Kündigung auch nicht dazu führen, dass es dem Kreditnehmer nicht mehr möglich ist, bereits eingegangene Verpflichtungen aus laufenden Projekten, abgeschlossenen Verträgen zum Bezug von Waren und Leistungen zu erfüllen. Denn diese laufenden Projekte und Verträge erfolgten und bestehen auf der Grundlage der bisher berechtigten Annahme einer unbefristeten Kreditzusage.

3. Die außerordentliche Kündigung: Höhere Hürde und gravierendere Folge

Die außerordentliche, fristlose Kündigung ist nur bei Vorliegen eines „wichtigen Grundes“ zulässig. Das Gesetz und die Rechtsprechung verlangen gravierende Umstände, welche der Bank die Fortsetzung des Kreditverhältnisses unzumutbar machen. Maßgebend ist § 490 BGB.

Ein solcher wichtiger Grund besteht insbesondere bei einer objektiven, wesentlichen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers, einer drohenden Insolvenz, der Entwertung bzw. dem Verlust von Sicherheiten oder einer erheblichen Vertragsverletzung (etwa beharrliche Nichterfüllung von Informationspflichten). Die Bank trägt dabei die Beweislast für das Vorliegen des wichtigen Grundes.

a. Ein Praxisbeispiel: Informationspflichten und Offenlegung

Kreditverträge enthalten oft eine Klausel zur regelmäßigen Offenlegung wirtschaftlicher und rechtlicher Veränderungen. Die Bank darf fristlos kündigen, wenn der Kreditnehmer die verlangten Unterlagen nicht vollständig oder beharrlich nicht vorlegt und dadurch die Einschätzung seiner Bonität objektiv unmöglich wird.

Für die Praxis gilt dabei: Nicht jede verspätete oder unvollständige Mitteilung reicht aus. Die Schwelle zur fristlosen Kündigung ist erst überschritten, wenn der Kreditnehmer eine Aufklärung beharrlich verweigert und andere Informationsquellen nicht zur Verfügung stehen.

b. Weitere mögliche wichtige Gründe

Neben einer wirtschaftlichen Schieflage zählen grobe Pflichtverletzungen, Täuschung, erhebliche Zahlungsrückstände oder Gefährdungen der Sicherheiten zu den wichtigen Kündigungsgründen. Auch die Anordnung eines gerichtlichen Verfügungsverbots (etwa im Rahmen einer drohenden Insolvenz) begründet ein außerordentliches Kündigungsrecht zugunsten der Bank.

Die Vertragsbedingungen (AGB etc.) können zusätzliche wichtige Gründe explizit aufführen und näher beschreiben. Insbesondere die Verletzung der Gleichbehandlungsklausel (pari-passu-Klausel) fällt nicht automatisch hierunter; entscheidend bleibt, ob dadurch die Rückzahlung des Kredits gefährdet ist.

c. Die Gleichbehandlungsklausel – kurz erklärt

Eine Gleichbehandlungsklausel verpflichtet den Kreditnehmer, der Bank bei der Besicherung anderer Kredite denselben Rang einzuräumen oder gleichwertige Sicherheiten zu stellen. Sie gilt nicht für die reine Existenz paralleler Kreditlinien oder deren Höhe, sondern ausschließlich für die Sicherheitengestellung.

II. Fazit und Handlungsempfehlung

Die Kündigung eines Kontokorrentvertrags durch die Bank ist – außer in gravierenden Ausnahmefällen – regelmäßig möglich. Eine ordentliche Kündigung setzt eine Fristeinhaltung voraus und bedarf auf Seiten der kündigenden Bank der zuvor beschriebenen Berücksichtigung der Interessen des Kreditnehmers. Es bedarf hierzu keines besonderen Grundes; gegen eine fristlose außerordentliche Kündigung kann sich Ihr Unternehmen „zur Wehr setzen“, wenn die Schwelle eines wichtigen Grundes nicht überschritten ist.

Beitrag veröffentlicht am
7. November 2025

Carsten Lange
dh&k Rechtsanwälte Steuerberater
Rechtsanwalt, Insolvenzverwalter, Mediator (DAA), Wirtschaftsmediator, Bankkaufmann

Florian Wrona
dh&k Rechtsanwälte Steuerberater

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