Viele Kanzleien. Ein starkes Netzwerk.
Aktuelles
Neues aus Markt und Netzwerk
 

Baurecht „Schlüsselfertig“ – was bedeutet das?

Der BGH hat mit einer Entscheidung vom 2.11.2022 (BGH VII ZR 22/20) klargestellt, dass der Begriff „schlüsselfertig“ eine funktionale Beschreibung des Leistungsinhalts des geschlossenen Vertrages darstellt und konkrete Leistungsbeschreibungen (aus dem Vertrag) insoweit vorgehen. Lediglich bei Lücken der konkreten Leistungsbeschreibung können diese durch die Schlüsselfertigkeitsklausel gefüllt werden. Eine solche Lücke liegt nicht vor, wenn ausdrücklich bestimmte Leistungen herausgenommen werden.

„Schlüsselfertig“ bedeutet, dass der Auftraggeber nach Fertigstellung des Bauvorhabens sofort mit dem Einzug in der Möblierung beginnen kann, ohne weitere Bauleistungen ausführen zu müssen (OLG Düsseldorf, IBR 1995,503). Insoweit handelt es sich um eine funktionale Leistungsbeschreibung, die über den zu erreichenden Erfolg vollständig beschrieben ist (BGH, IBR 1994,223). Der Auftragnehmer muss daher zu der vereinbarten Vergütung, meist ein Pauschalpreis, grundsätzlich sämtliche Leistungen ausführen, die für die Erreichung des Vertragszwecks nach den anerkannten Regeln der Technik erforderlich sind. Zur schlüsselfertigen Herstellung eines Wohngebäudes gehören sämtliche Bauleistungen, die zu dessen ordnungsgemäße und vollständige Nutzung notwendig sind.

Ist eine Teilleistung detaillierter beschrieben, geht diese Beschreibung dem funktionalen Leistungsziel nach dem Grundsatz „speziell vor allgemein“ vor (BGH NJW 1984,1676). Gleiches gilt, wenn – wie im zu entscheidenden Fall – einzelne Teilleistungen aus dem vereinbarten Leistungsumfang ausdrücklich herausgenommen werden. Im zu entscheidenden Fall wurden im Vertrag die Bodenbeläge in Wohnräumen und Fluren aus der Leistungsbeschreibung ausdrücklich ausgenommen.

Werden daher bestimmte Leistungen herausgenommen im Rahmen der konkreten Leistungsbeschreibung, liegt keine Lücke vor, sodass die konkrete herausgenommene Leistung nicht vom Begriff „schlüsselfertig“ umfasst ist und damit auch nicht geschuldet ist.

Beitrag veröffentlicht am
17. April 2024

Diesen Beitrag teilen

Alle Fachbeiträge zeigen

KI-AI-Urheber-IT-Internet
Erbrecht, Internetrecht
22.07.2025

Digitaler Nachlass: Was passiert mit dem Instagram-Konto nach dem Tod?

Die Frage, was mit einem Social-Media-Account nach dem Tod des Inhabers geschieht, betrifft immer mehr Menschen. Instagram, aber auch andere Plattformen wie Facebook oder X, sind inzwischen fester Bestandteil des Nachlasses geworden. Gerade bei Accounts mit hoher Reichweite oder besonderem ideellen Wert stellen sich viele Erben und Erblasser die Frage: Wer darf nach dem Tod eines Nutzers auf dessen Konto zugreifen und es weiterführen?

Beitrag lesen
Datenschutzrecht, Verbraucherrecht, Wettbewerbsrecht
22.07.2025

BGH-Urteil ermöglicht Klagen bei Datenschutzverstößen durch Verbraucherschutzverbände und Mitbewerber

Mit Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. März 2025 (Az.: I ZR 186/17) wurde entschieden, dass Verbraucherschutzverbände und Mitbewerber bei Verstößen gegen datenschutzrechtliche Informationspflichten wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend machen können. Der Entscheidung des BGH liegt ein Sachverhalt zugrunde, bei dem ein Betreiber eines sozialen Netzwerks, in diesem Fall Facebook, seine Nutzer nicht ausreichend über Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung ihrer personenbezogenen Daten informierte.

Beitrag lesen
Internationales Arbeitsrecht
17.07.2025

Die Rügepflicht im Arbeitsrecht (NLD)

Das Gesetz verlangt von einem Gläubiger eine rechtzeitige Rüge, wenn ein Schuldner eine mangelhafte Leistung erbracht hat. Diese so genannte „Rügepflicht“ gilt für alle Schuldverhältnisse. Denken Sie an die Verpflichtung zur Lieferung eines Autos, die Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz, aber auch an Verpflichtungen aus einem Arbeitsvertrag. Die Anwendbarkeit der Rügepflicht im Arbeitsrecht war lange Zeit unklar. Der Hoge Raad hat 2024 über die Rügepflicht in diesem Rechtsbereich entschieden. In diesem Beitrag wird die Auffassung des Hoge Raad erörtert.

Beitrag lesen