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Einhaltung der örtlichen Formvorschriften ausreichend? Zur Formwirksamkeit im Ausland beglaubigter Unterschriften für den deutschen Rechtsverkehr

Sind im Ausland notariell beglaubigte Unterschriften zur Verwendung vor dem deutschen Handelsregister geeignet, und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen? Zu dieser Frage hat das Kammergericht Berlin in einem gesellschaftsrechtlichen Fall mit Beschluss vom 03.03.2022 (22 W 92/21) Stellung genommen.

In dem zugrundeliegenden Sachverhalt ging es um die Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH. Zu entscheiden hatte das Kammergericht Berlin, ob die dazu erforderlichen Übernahmeerklärungen formwirksam abgegeben wurden. Die Übernahmeerklärungen wurden zunächst durch lediglich einen der Gesellschafter abgegeben, der allerdings ohne Vollmacht der übrigen Gesellschafter  handelte. Die Wirksamkeit der Erklärungen hing also von der Genehmigung durch die übrigen Gesellschafter ab, wobei diese wegen § 55 GmbHG der notariellen Beglaubigung bedurfte.

Zwei der Gesellschafter ließen ihre Genehmigungen sodann vor einem luxemburgischen Notar beglaubigen. Im Gegensatz zum deutschen Beurkundungsrecht erfordert das luxemburgische Recht allerdings keine persönliche Anwesenheit vor einem Notar. Der luxemburgische Notar hatte die ihm vorgelegten Unterschriften mit anderen bei ihm vorhandenen Unterschriften verglichen und daraus auf die Echtheit der Unterschriften geschlossen.

Ausländische Beglaubigung – Einhaltung der örtlichen Formvorschriften ausreichend?

Diese Beglaubigung war nach Auffassung des Kammergerichts nicht formwirksam erfolgt, denn nach seiner Auffassung hätten alle Anforderungen nach dem deutschen Beurkundungsgesetz erfüllt sein müssen und damit auch die Voraussetzung der persönlichen Anwesenheit der Unterzeichner vor dem Notar, vgl. § 40 BeurkG. Fehle eine solche, sei die ausländische Beglaubigung und damit auch die erteilte Genehmigung nicht formwirksam.

Ob dieser Auffassung des Kammergerichts gefolgt werden muss, darf durchaus bezweifelt werden, denn nach Art. 11 Abs. 1 Alt. 2 EGBGB finden auf die Form der Genehmigung alternativ die örtlichen Formvorschriften desjenigen Staates (Ortsrecht) Anwendung, in welchem die Genehmigung erklärt werden. Die Reichweite dieser Norm ist in der Literatur umstritten; das Kammergericht hat sich nun eindeutig gegen die alternative Geltung positioniert.

Folgen für die Rechtspraxis bei Beglaubigungen im Ausland

Es bleibt abzuwarten, ob sich die Rechtsprechung des Kammergerichts verfestigen wird. Angesichts der Zweifel an der Praxistauglichkeit eines weitreichenden Ausschlusses des Ortsrechts wäre dies nicht zu begrüßen. Für die Praxis ist gleichwohl anzuraten, auch bei der Beglaubigung im Ausland den Notar zur Einhaltung der Formvorschriften nach deutschem Recht aufzufordern.

Das gleiche Prinzip muss im Übrigen auch für Beglaubigungen vor deutschen Notaren für ausländische Rechtsgeschäfte gelten – z.B. in Italien. Auch hier müssen die für italienische Notare geltenden Anforderungen an die Beglaubigung und ihren Inhalt vom deutschen Notar eingehalten werden. Das ist insbesondere bei Vollmachten von gesetzlichen Vertretern zu beachten.

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