Ladevorgang ohne Überwachung Halterhaftung wegen brennender E-Bike-Batterie?
Nach der StVG haften Halter von Kraftfahrzeugen grundsätzlich auch für Schäden, die ohne ihr Verschulden entstanden sind. Doch muss auch der Halter eines E-Bikes haften, wenn dessen Akku beim Ladevorgang in Brand gerät?
Halterhaftung nach dem StVG
Nach § 7 Abs. 1 StVG haftet der Halter eines Kraftfahrzeugs für Schäden, die „bei dem Betrieb“ des Fahrzeugs entstanden sind. Diese Haftung ist verschuldensunabhängig , d. h., es kommt nicht darauf an, ob der Halter oder der Fahrer vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben.
Wesentliche Voraussetzung ist daher, dass der der Schaden „ bei dem Betrieb “ eines Fahrzeugs entstanden ist. Laut Rechtsprechung ist das der Fall, wenn ein unmittelbarer, innerer Zusammenhang zwischen der Funktion des Fahrzeugs als Fortbewegungsmittel und der Schadensverursachung besteht. Der Begriff ist weit auszulegen und umfasst auch betriebsnahe Situationen , in denen das Fahrzeug eine verkehrsrelevante Gefahr darstellt, selbst wenn es ruht oder nicht in Bewegung ist.
In einigen Ausnahmefällen kann die Haftung dennoch entfallen, insbesondere wenn:
- der Schaden durch höhere Gewalt (z. B. Naturkatastrophen) verursacht wurde (§ 7 Abs. 2 StVG);
- der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis geschah, wobei der Fahrer alle Sorgfaltspflichten erfüllt haben muss (§ 17 Abs. 3 StVG). Es gilt der Maßstab eines "Idealfahrers".
Wenn mehrere Kraftfahrzeuge an einem Unfall beteiligt sind, wird die Haftung nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG nach den jeweiligen Verursachungs- und Verschuldensanteilen verteilt. Die Höhe der Haftung richtet sich nach der Betriebsgefahr der beteiligten Fahrzeuge . Fahrzeuge mit höherer Betriebsgefahr (z. B. Lkw gegenüber Pkw oder Motorrad) tragen in der Regel einen höheren Anteil. Falls ein Fahrer ein Verschulden trägt (z. B. Rotlichtverstoß, Vorfahrtsverletzung), erhöht sich dessen Haftungsquote.
Neben dem Halter kann auch der Fahrer nach § 18 StVG haften, allerdings nur bei eigenem Verschulden . In der Praxis wird daher meist der Halter herangezogen.
Und was ist mit E-Bikes?
Auch E-Bikes gelten als Kraftfahrzeuge im Sinne des § 1 StVG, da es sich um ein Landfahrzeug handelt, dass durch Maschinenkraft bewegt wird, ohne an Bahngleise gebunden zu sein. Ausgenommen sind gem. § 1 Abs. 3 StVG aber sogenannte Pedelecs, da ihr Elektromotor eine maximale Nenndauerleistung von 0,25 kW (250 W) besitzt, sich progressiv mit steigender Geschwindigkeit reduziert und sich spätestens bei 25 km/h oder beim Treten ohne Unterstützung abschaltet.
Haftung für brennenden Akku?
Doch gilt die Halterhaftung nach § 7 Abs. 1 StVG auch für den Fall, dass der Akku des E-Bikes beim Ladevorgang in Brand gerät? Mit dieser Frage musste sich nun das LG Lübeck auseinandersetzen.
Sachverhalt
Ein E-Bike-Händler hatte für den Verkauf eine Halle gemietet. Dort brach eines Nachts Feuer aus. Der Brand war auf einen fest verbauten Akku eines der E-Bikes zurückzuführen, den der E-Bike Händler gerade aufgeladen hatte. Der Vermieter verlangte von ihm Schadenersatz für die Brandschäden: Der Händler sei dafür verantwortlich, weil er die Halle verlassen hatte, ohne den Stecker des Ladegeräts zu ziehen.
Der Mieter wies die Forderung zurück: Es sei für ihn als Verkäufer unzumutbar, jeden lang andauernden Ladevorgang zu überwachen.
Entscheidung des LG Lübeck
Das LG Lübeck entschied, dass der Händler für den Schaden gem. § 7 Abs. 1 StVG haftet - unabhängig davon, ob ihm ein Fehlverhalten nachzuweisen ist. Da das E-Bike eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 85 km/h verfügt, sei die Haftung auch nicht gem. § 8 Nr. 1 StVG ausgeschlossen.
Entscheidend war für das LG Lübeck die Frage, ob sich beim Brand die Betriebsgefahr des E-Bikes verwirklicht hat. Unschädlich sei dabei, dass der Schaden nicht beim Fahrbetrieb selbst entstanden ist, sondern als dieses in der Halle abgestellt wurde. Denn der Begriff des Betriebes eine Fahrzeuges sei weit auszulegen und umfasse auch technische Defekte einer Betriebseinrichtung, ohne dass es auf den Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang ankommt. Dazu gehöre auch das Aufladen des Akkus. Außerdem sei unerheblich, dass sich das E-Bike nicht im öffentlichen Straßenverkahr befand, als es abbrannte. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des BGH kann die Halterhaftung auch für Schäden auf Privatgeländen greifen.
Interessant ist dabei, dass der BGH die Halterhaftung in den Fällen einschränkt, in denen sich ein ausgebauter Akku eines E-Rollers beim Ladevorgang entzündet (VI ZR 1234/20). Die Tatsache, dass der Akku fest verbaut war, war demnach entscheidend für die Haftung des Halters.
Unabhängig davon stelle das Gericht fest, dass der Beklagte auch fahrlässig gegen Obhutspflichten aus dem Mietvertrag verstoßen habe, indem er die gemietete Halle verließ, ohne den Ladevorgang vorher zu beenden. Der Mieter hafte daher zusätzlich zur Halterhaftung nach § 7 Abs. 1 StVG auch nach §§ 535, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB.
Quelle: Urteil des Landgerichts Lübeck vom 26.07.2024 – 5 O 26/23