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Billige Pflegekräfte aus Bulgarien und anderswo Mindestlohn ausländischer Pflegekräfte

Mindestlohn ausländischer Pflegekräfte

Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 24. Juni 2021 - 5 AZR 505/20 entschieden, dass auch nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern, die als Pflegekräfte in Privathaushalten arbeiten, der gesetzliche Mindestlohn zusteht. Dies gelte nicht nur für die regulären Arbeitszeiten, sondern auch für Bereitschaftsdienste.

Der Sachverhalt

Der Sachverhalt stellte sich wie folgt dar:

Geklagt hatte eine bulgarische Pflegekraft, welche bei einem Unternehmen mit Sitz in Bulgarien als Sozialassistentin angestellt war. Ihr bulgarischer Arbeitgeber hat sie nach Berlin entsandt, um dort in einem Privathaushalt als Sozialassistentin zuarbeiten. Dort hat sie für ein monatliches Nettoentgelt von 950,00 € eine Seniorin betreut.

Zwischen ihr und dem Arbeitgeber war eine 30 Stundenwoche vereinbart und sie sollte an den Wochenenden frei haben. Gewohnt hat die Pflegekraft im Haushalt der betreuten Person und sie musste neben der körperlichen Pflege, auch sämtliche Hausarbeiten übernehmen. Eine Besonderheit bei dem vorliegenden Fall war, dass zwischen der betreuten Personen und dem Arbeitgeber der Pflegekraft ein Dienstleistungsvertrag geschlossen wurde, nach welchem sich das bulgarische Unternehmen verpflichtete sämtliche Betreuungsleistungen zu erbringen. Ein Arbeitsverhältnis zwischen der betreuten Person und der Pflegerin selber bestand nicht.

Ansprüche aus dem bulgarischen Arbeitsvertrag

Vor dem Arbeitsgericht hatte die Pflegekraft geltend gemacht, sie habe nicht nur lediglich die vereinbarten 30 Wochenstunden gearbeitet , sondern sie habe nahezu rund um die Uhr ihren Dienst verrichten müssen. Sogar während der Nacht habe sie ständig in Bereitschaft sein müssen, damit sie der betreuten Person behilflich sein konnte, sollte dies notwendig werden.

Sie forderte von dem bulgarischen Arbeitgeber den gesetzlichen Mindestlohn für 24 Stunden am Tag, da sie, wenn sie nicht arbeiten musste, zumindest Bereitschaftsdienst geleistet habe. Allein für den Zeitraum von Mai bis August 2015 und Oktober bis Dezember 2015 habe sie Anspruch auf Lohn i.H.v. 42.636 € brutto. Diese Ansprüche würden sich aus dem bulgarischen Arbeitsvertrag ergeben, auf den das deutsche Mindestlohngesetz Anwendung finden würde.

In der zweiten Instanz hat das Landesarbeitsgericht der Klage weitestgehend stattgegeben. Zugunsten der Klägerin wurde von einer täglichen Arbeitszeit von 21 Stunden ausgegangen.

Sowohl die Klägerin, als auch die Beklagte haben wegen dieses Urteils das Bundesarbeitsgericht angerufen.

Urteil des BAG

Das Bundesarbeitsgericht hat die Sache zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes zurückverwiesen, da das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 17. August 2020 (21 Sa 1900/19) nicht hinreichend aufgeklärt hat, wie viele Stunden die Klägerin tatsächlich gearbeitet hat und inwieweit die arbeitsvertraglichen Regelungen zu beachten sind. Das Gericht habe weder aufgeklärt, wie viel Freizeit die Klägerin tatsächlich gearbeitet habe, noch in welchem Umfang sie arbeitsvertraglich zur Leistung von voller Arbeit oder Bereitschaftsdienst verpflichtet gewesen sei.

Dass die bulgarische Pflegekraft erheblich mehr als die vereinbarten 30 Stunden gearbeitet hat, sah das Bundesarbeitsgericht als naheliegend an.

Entscheidend an dem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes, ist nicht der Umstand, dass das Verfahren nach der Berufung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen wurde, sondern, dass in ausländischen Firmen beschäftigte Arbeitnehmer, die in Deutschland ihren Dienst verrichten, Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn haben.

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