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Überraschende Indexmietvereinbarung im Mietvertrag unwirksam

Im Mietrecht gelten hohe Anforderungen an Formulierungen, Transparenz und Übersichtlichkeit mietpreisgestaltender Klauseln. Eine besonders heikle Spielart ist die Indexmiete gemäß § 557b BGB. Kürzlich hat das Landgericht Berlin II klargestellt, dass eine Indexmietvereinbarung bereits dann unwirksam sein kann, wenn sie in einem Mietvertrag versteckt oder an unerwarteter Stelle untergebracht ist – und zudem intransparent formuliert wurde. Der Beschluss (13.01.2025, Az. 63 S 138/24) schafft neue Klarheit in der Rechtsprechung und mahnt Vermieter zur sorgfältigen Vertragsgestaltung.

Sachverhalt

Ein Ehepaar mietete im Dezember 2021 eine Wohnung von einem privaten Vermieter. Der Mietvertrag enthielt unter „§ 16 Sonstige Vereinbarungen“ in Punkt 4.4 eine kurze Bestimmung: „Mieter und Vermieter vereinbaren eine Indexmiete gem. § 557b BGB.“

Diese Klausel war inmitten organisatorischer Regelungen zur Kommunikation der Vertragsparteien eingefügt und blieb für die Mieter bei Vertragsunterzeichnung ohne besondere Bedeutung. Erst im Mai 2023, als der Vermieter eine Erhöhung der Nettokaltmiete um 12,02 Prozent ankündigte und sich dabei auf die Indexmietvereinbarung berief, wurde den Mietern der Inhalt der Klausel bewusst. Sie sahen sich dadurch unerwartet mit einer erheblichen Mietsteigerung konfrontiert und zweifelten an der Wirksamkeit der Regelung.

Urteil und Begründung

Nach Auffassung des Landgerichts handelte es sich bei der Klausel um eine überraschende Vertragsbestimmung im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB. Überraschend sind Klauseln, mit denen der Vertragspartner nicht rechnen müsse. Dies gelte auch für an sich übliche Regelungen, wenn sie an einer völlig unerwarteten Stelle im Vertrag stehen.

Eine Indexmietvereinbarung hätte nach allgemeinem Sprachgebrauch im Abschnitt über „Miete und Nebenkosten“ (§ 3 des Vertrags) ihren Platz gehabt. Dass sie hingegen unter „Sonstige Vereinbarungen“ auftauchte, zwischen organisatorischen Bestimmungen zur Kommunikation der Vertragsparteien, sei nicht nachvollziehbar. Damit sei sie für die Mieter unerwartet und unwirksam.

Darüber hinaus beanstandete das Gericht die mangelnde Transparenz: Der bloße Verweis auf § 557b BGB reiche nicht aus. Der Gesetzestext oder zumindest eine kurze Erläuterung zum Inhalt hätten in den Vertrag aufgenommen werden müssen. Für juristische Laien sei der Begriff „Indexmiete“ nicht selbsterklärend. Ein lapidarer Paragraphenverweis lasse sie im Unklaren, welche rechtlichen Konsequenzen sich daraus ergeben.

Das Gericht stellte klar, dass auch die Tatsache, dass die Indexklausel unmittelbar vor den Unterschriften stand und der Mietvertrag von den Parteien gelesen, genehmigt und unterschrieben wurde, an der Unwirksamkeit nichts ändere. Solche Umstände genügen nicht, um eine überraschende und intransparente Klausel wirksam zu machen.

Ferner betonte das Gericht, dass die Klausel nicht nur formal fehlerhaft sein könne, sondern möglicherweise schon an der Einigung über wesentliche Bestandteile (z. B. Anpassungszeitpunkte) scheitere – wobei dieser Punkt im Beschluss offenbleiben könne. 

Fazit

Das Urteil bringt eine wichtige Klarstellung: Selbst rechtlich zulässige Indexmietklauseln können wirkungslos sein, wenn sie für die Mieter überraschend oder unverständlich formuliert werden. Eine solche Vereinbarung darf im Mietvertrag nicht “versteckt” werden, etwa in einem Abschnitt „Sonstige Vereinbarungen“, wenn dieser Abschnitt thematisch wenig mit Mietzinsregelungen zu tun hat. Eine Verknüpfung allein über einen Paragraphenverweis reicht gegenüber Verbrauchern nicht – der Inhalt muss verständlich dargelegt werden. Für Vermieter heißt das: Mietpreisregelungen, insbesondere Indexvereinbarungen, sollten klar kenntlich im Mietvertragsabschnitt zu Miete/Nebenkosten stehen und mit erläuternder Formulierung versehen sein, damit sie wirksam werden und im Streitfall Bestand haben.

Quelle: Beschluss des Landgerichts Berlin II vom 13.01.2025 – 63 S 138/24 

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