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Zivilprozessrecht Untätigkeit eines Richters als möglicher Befangenheitsgrund

Ein Richter kann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Entscheidend ist hierbei, ob bei vernünftiger Betrachtung und Würdigung aller Umstände berechtigte Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Richters gegeben sind (BGH NJW 2014, 1227). Auch die willkürliche Benachteiligung oder Behinderung einer Partei kann unter Umständen genügen. Bloße Verfahrensverstöße genügen jedoch nicht, sodass die schlichte Untätigkeit eines Richters über einen längeren Zeitraum hinweg alleine noch keine Besorgnis der Befangenheit begründet. Nur wenn das Unterlassen verfahrensleitender Handlungen objektiv als schlechthin unvertretbar erscheint und aus subjektiver Sicht des Ablehnenden deshalb der Anschein einer auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung wecken kann, kann etwas anderes gelten (OLG Düsseldorf, BeckRS 1998, 10239). Hierfür ist nicht die Dauer der Verfahrensverzögerung wesentlich, sondern die Frage, ob durch die Nichtbearbeitung des Antrags die Befürchtung entstehen kann, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber (OLG Brandenburg, BeckRS 2012, 14878). Wenn beispielsweise ein Richter eine Entscheidung vor sich herschiebt, um sich später die nötige Zeit für die Sachbearbeitung zu nehmen, begründet diese Untätigkeit noch keine hinreichenden Zweifel an der Unparteilichkeit, sofern nicht weitere objektive Umstände zu diesem äußeren Verfahrensgeschehen hinzutreten (OLG Brandenburg, Beschluss vom 21.09.2020 – 1 W 25/20 = BeckRS 2020, 24969). In dem vom OLG Brandenburg entschiedenen Fall hatte das Gericht auch nach über zwei Jahren noch nicht über einen Erbscheinsantrag entschieden.

Falls ein Gericht untätig bleibt, hilft deshalb in der Praxis ein Befangenheitsantrag in der Regel wenig. Sinnvoller ist der Weg über eine Dienstaufsichtsbeschwerde.

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