Viele Kanzleien. Ein starkes Netzwerk.
Aktuelles
Neues aus Markt und Netzwerk
 

Bindungswirkung des Berliner Testaments Berliner Testament: Wechselbezügliche Verfügungen von kinderlosen Eheleuten sind bindend

In dem sogenannten Berliner Testament setzen sich Eheleute gegenseitig als Erben ein und bestimmen, dass nach dem Tod des Überlebenden der beiderseitige Nachlass an einen Dritten fallen soll. Behalten sich die Eheleute nicht vor, dass der Überlebende nach dem Tod des Ehepartners diese Verfügungen nachträglich noch ändern darf, unterliegen derartige wechselbezügliche Verfügungen einer Bindungswirkung und können nach dem Tod des zuerst verstorbenen Ehepartners nicht mehr abgeändert werden. Ein solcher Fall landete kürzlich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG).

Die Eheleute dieses Falls hatten sich zunächst aufgrund eines handschriftlichen Testaments im Jahr 1997 gegenseitig „im Falle unseres Todes“ zu Alleinerben eingesetzt. Im Jahr 2004 hatten beide dann eine weitere Verfügung getroffen und mehrere Personen zu Miterben eingesetzt, unter anderem eine Nichte des Erblassers sowie einen Neffen der Ehefrau des Erblassers. Nach dem Tod der Ehefrau hatte der Erblasser im Jahr 2015 ein weiteres Testament errichtet und eine abweichende Verfügung bezüglich der Schlusserben getroffen. Der Neffe der Ehefrau, der in dem Testament aus dem Jahr 2004 als Erbe bedacht war, beantragte einen Erbschein, der ihn als Alleinerben ausweist. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen und dies damit begründet, der Erblasser habe im Jahr 2015 eine wirksame abweichende Verfügung getroffen.

Das OLG kam jedoch zu dem Ergebnis, dass in einem Fall, in dem sich kinderlos gebliebene Ehepartner in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig zu Alleinerben einsetzen und Verwandte beider Seiten zu Schlusserben eingesetzt werden, die letztwilligen Verfügungen in mehrfacher Hinsicht wechselbezüglich sind. In Ermangelung anderer Anhaltspunkte bezieht sich diese Wechselbezüglichkeit auf die Einsetzung der Eheleute zu gegenseitigen Alleinerben, auf die gegenseitige Einsetzung und die Berufung von eigenen Verwandten als Schlusserben sowie die Schlusserbeneinsetzung als solche. Der Neffe konnte einen Erbschein auf der Basis des Testaments aus dem Jahr 2004 erhalten, wobei das Gericht feststellte, dass er zusammen mit seiner Ehefrau lediglich Miterbe geworden war.

Hinweis:

Wollen die Eheleute im Zusammenhang mit einem Berliner Testament dem überlebenden Ehegatten die Möglichkeit einräumen, nach dem Tod des ersten Ehepartners die letztwillige Verfügung noch abändern zu können, muss dies ausdrücklich festgehalten werden.

Quellen

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.04.2022 – I-3 Wx 82/21

Beitrag veröffentlicht am
23. Oktober 2022

Thomas Bußhardt
LFK Partner Bußhardt Huber Partnerschaft mbB
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtsanwalt

Diesen Beitrag teilen

Alle Fachbeiträge zeigen

KI-AI-Urheber-IT-Internet
Erbrecht, Internetrecht
22.07.2025

Digitaler Nachlass: Was passiert mit dem Instagram-Konto nach dem Tod?

Die Frage, was mit einem Social-Media-Account nach dem Tod des Inhabers geschieht, betrifft immer mehr Menschen. Instagram, aber auch andere Plattformen wie Facebook oder X, sind inzwischen fester Bestandteil des Nachlasses geworden. Gerade bei Accounts mit hoher Reichweite oder besonderem ideellen Wert stellen sich viele Erben und Erblasser die Frage: Wer darf nach dem Tod eines Nutzers auf dessen Konto zugreifen und es weiterführen?

Beitrag lesen
Datenschutzrecht, Verbraucherrecht, Wettbewerbsrecht
22.07.2025

BGH-Urteil ermöglicht Klagen bei Datenschutzverstößen durch Verbraucherschutzverbände und Mitbewerber

Mit Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. März 2025 (Az.: I ZR 186/17) wurde entschieden, dass Verbraucherschutzverbände und Mitbewerber bei Verstößen gegen datenschutzrechtliche Informationspflichten wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend machen können. Der Entscheidung des BGH liegt ein Sachverhalt zugrunde, bei dem ein Betreiber eines sozialen Netzwerks, in diesem Fall Facebook, seine Nutzer nicht ausreichend über Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung ihrer personenbezogenen Daten informierte.

Beitrag lesen
Internationales Arbeitsrecht
17.07.2025

Die Rügepflicht im Arbeitsrecht (NLD)

Das Gesetz verlangt von einem Gläubiger eine rechtzeitige Rüge, wenn ein Schuldner eine mangelhafte Leistung erbracht hat. Diese so genannte „Rügepflicht“ gilt für alle Schuldverhältnisse. Denken Sie an die Verpflichtung zur Lieferung eines Autos, die Verpflichtung zur Zahlung von Schadensersatz, aber auch an Verpflichtungen aus einem Arbeitsvertrag. Die Anwendbarkeit der Rügepflicht im Arbeitsrecht war lange Zeit unklar. Der Hoge Raad hat 2024 über die Rügepflicht in diesem Rechtsbereich entschieden. In diesem Beitrag wird die Auffassung des Hoge Raad erörtert.

Beitrag lesen