Zivilrecht Österreich Das neue Gewährleistungsrecht in Österreich
Am 01.01.2022 ist das neue Gewährleistungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz (BGBl I 175/2021;GRUG; www.ris.bka.gv.at/bund), mit dem zwei gewährleistungsrechtliche EU-Richtlinien in Österreich umgesetzt wurden, in Kraft getreten. Neben Änderungen bestehender Bestimmungen ist die Folge ein neu geschaffenes Verbrauchergewährleistungsgesetz (VGG).
Zum Verbrauchergewährleistungsgesetz (VGG)
Das VGG gilt für Verträge über den Kauf von Waren sowie über die Bereitstellung digitaler Leistungen, die zwischen einem Unternehmer als Verkäufer oder Bereitsteller und einem Verbraucher als Käufer oder Bezieher geschlossen werden. Entsprechend dem Gesetz hat der Unternehmer dafür Gewähr zu leisten, dass seine Ware oder digitale Leistung mangelfrei ist, also sowohl die vertraglich vereinbarten als auch objektiv erforderlichen Eigenschaften aufweist, erforderliche Aktualisierungen durchgeführt werden und die Ware sachgemäß montiert oder installiert wird. Erfasst sind neben Sachmängeln auch Rechtsmängel. Die Bestimmungen des VGG sind zwingend. Zum Nachteil des Verbrauchers kann von ihnen nur einvernehmlich abgegangen werden, nachdem der Verbraucher den Unternehmer vom Mangel in Kenntnis gesetzt hat.
Entsprechend der (neuen) Aktualisierungspflicht muss der Unternehmer bei Waren mit digitalen Elementen und bei digitalen Leistungen dafür Sorge tragen, dass dem Verbraucher jene Updates zur Verfügung gestellt werden, die notwendig sind, damit die Ware oder die digitale Leistung weiterhin dem Vertrag entspricht. Wie lange der Unternehmer dieser Aktualisierungspflicht nachkommen muss, richtet sich nach der vereinbarten Dauer der Bereitstellung. Der Unternehmer haftet nach dem VGG auch für all jene Mängel, die durch sein unsachgemäßes Verhalten an der Ware entstehen, wenn er die Ware laut Vertrag zu montieren hat. Zudem muss der Unternehmer für jene Mängel haften, die auf eine fehlerhafte Anleitung zurückgehen. Bei Waren mit digitalen Elementen haftet der Unternehmer selbst dann, wenn die fehlerhafte Anleitung nicht durch ihn, sondern vom Anbieter der verbundenen digitalen Leistung geliefert wurde.
Neue Gewährleistungs- und Verjährungsfrist
Das VGG bringt darüber hinaus eine Unterscheidung zwischen der Gewährleistungs- und Verjährungsfrist mit sich. Die Gewährleistungsfrist beträgt nach wie vor zwei Jahre. Sie beginnt mit der Übergabe der Ware oder mit Bereitstellung der digitalen Leistung. Bei Dauerrechtsverhältnissen ist die Gewährleistungsfrist in der Regel identisch mit dem Vertragszeitraum. Bei Rechtsmängeln ist keine Gewährleistungsfrist mehr vorgesehen. Zu berücksichtigen ist hier aber die Verjährungsfrist, die zwei Jahre nach dem Zeitpunkt endet, zu dem der Mangel dem Verbraucher bekannt wird. Sowohl im Anwendungsbereich des VGG als auch des ABGB erhält der Gewährleistungsberechtigte neuerdings die Möglichkeit, nach Ablauf der Gewährleistungsfrist noch einen Zeitraum von drei Monaten zuzuwarten, um die (gerichtliche) Geltendmachung seiner Ansprüche vorzunehmen.
Beweislast
Neu ist auch die Vermutungsfrist für die Beweislastumkehr. Gemäß § 924 ABGB wird vermutet, dass ein Mangel bereits bei der Übergabe vorhanden war, wenn der Mangel innerhalb von sechs Monaten nach der Übergabe hervorkommt. Dies gilt, bis das Gegenteil bewiesen ist. Diese Frist wird durch das VGG für Verbraucher auf ein Jahr verlängert.
Sonstige Neuerungen im ABGB
Der Begriff der „Wandlung“ wird durch jenen der „Auflösung des Vertrages“ ersetzt. Zudem gilt auch im ABGB die Kombination von Gewährleistungsfrist und einer daran anschließenden Verjährungsfrist von drei Monaten für die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs. Die Bestimmung des § 933b ABGB über den Anspruch des gewährleistungspflichtigen Übergebers auf Rückgriff gegen seine Vormänner wurde adaptiert. Demnach ist der Rückgriffsanspruch eines Unternehmers gegen seinen Vormann nicht mehr mit dem von ihm an den Vormann geleisteten Entgelt begrenzt, wenn der Übergeber im Verhältnis zum Endkunden Verbesserung oder Austausch geleistet hat. Der Gewährleistungsanspruch des Übergebers gegen seinen Vormann umfasst den Ersatz des gesamten ihm durch die Mangelbehebung entstandenen Aufwandes, auch wenn dieser das an den Vormann geleistete Entgelt überschreitet. Eine Vereinbarung, mit der ein Rückgriffsanspruch nach der Bestimmung des § 933b ABGB ausgeschlossen oder beschränkt wird, ist nur dann verbindlich, wenn sie im Einzelnen ausgehandelt worden ist und den Übergeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles nicht gröblich benachteiligt.