Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts MoPeG: Neues Gesellschaftsrecht 2024
Zum 01.01.2024 wird das Recht der Personengesellschaften (wie z.B. die GbR, oHG, KG, PartG) im Rahmen des MoPeG umfassend modernisiert. Dabei werden in erster Linie die gesetzlichen Vorschriften an die in der Praxis und Rechtsprechung gängigen Vorgehensweisen bei Personengesellschaften angepasst. Wenn jedoch bisher keine Abweichungen im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurden und vertragliche Abweichungen von der künftigen Rechtslage gewünscht sind, besteht dringender Handlungsbedarf für die Gesellschafter.
Unabhängig davon kann auch die Einführung des Gesellschaftsregisters zu erhöhtem Handlungsbedarf führen: künftig ist eine Registereintragung der GbR erforderlich, damit diese registrierte Rechte (wie z.B. Eigentum an Immobilien) erwerben kann.
I. Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts
Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) wurde am 17. August 2021 im Bundesgesetzblatt (BGBl. I S. 3436) verkündet. Es tritt am 01. Januar 2024 in Kraft und soll das Recht der Personengesellschaften an das moderne Wirtschaftsleben und die Rechtspraxis anpassen. Die wichtigsten Neuregelungen finden sich im BGB und HGB, in denen die Grundlagen des Personengesellschaftsrechts bereits seit dem Inkrafttreten dieser Gesetze im Jahr 1900 kodifiziert sind, sowie im UmwG und GwG.
II. Was sind Personengesellschaften?
Eine Personengesellschaft besteht aus mindestens zwei Rechtsträgern (natürliche Personen, juristische Personen oder Personengesellschaften), die sich zur Erreichung eines gemeinsames Zweckes zusammenschließen. Zur Gründung ist ein Gesellschaftsvertrag erforderlich, der jedoch auch konkludent durch schlüssiges Verhalten abgeschlossen werden kann.
Die Grundform der Personengesellschaften stellt die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR oder BGB-Gesellschaft) dar. Auf diesen Regelungen basieren die Personen handels gesellschaften: die offene Handelsgesellschaft (oHG) und Kommanditgesellschaft (KG).
Das Gegenstück zu den Personengesellschaften stellen die Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH und AG) dar. Der wesentliche Unterschied dieser beiden Gesellschaftsarten besteht in der Haftung der Gesellschafter. Während bei einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich nur die Gesellschaft mit dem Gesellschaftsvermögen haftet, müssen bei Personengesellschaften neben der Gesellschaft die Gesellschafter persönlich und unmittelbar mit ihrem Privatvermögen haften (mit Ausnahme der Kommanditisten einer KG).
III. Die wichtigsten Neuregelungen
1. Reform der GbR
a) Rechtsfähigkeit der GbR
Bisher befindet sich im Gesetz keine Regelung zur Rechtsfähigkeit der GbR, d.h. zu der Frage, ob die GbR selbst Trägerin von Rechten und Pflichten sein kann. In der Rechtspraxis hat sich die Ansicht des BGH ( Urteil vom 29.1.2001 - II ZR 331/00 ) durchgesetzt, dass zumindest die Außen-GbR rechtsfähig ist. Diese tritt nach außen im Rechtsverkehr als Gesellschaft in Erscheinung. Die Innen-GbR wiederum nimmt nicht nach außen am Rechtsverkehr teil und ist nicht rechtsfähig.
Im Rahmen des MoPeG wird diese teilweise Rechtsfähigkeit nun ausdrücklich in § 705 Abs. 2 BGB nF gesetzlich verankert. Dieser besagt, dass die Rechtsfähigkeit davon abhängt, ob die Gesellschaft nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen (rechtsfähige Gesellschaft) oder nur zur Ausgestaltung der Rechtsverhältnisses der Gesellschafter untereinander dienen soll (nicht rechtsfähige Gesellschaft).
Die persönliche Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft ergibt sich künftig aus § 721 BGB nF.
b) Gesellschaftsvermögen
Die gesetzliche Anerkennung der Rechtsfähigkeit spiegelt sich in der Vermögenszuordnung der GbR wieder. Bisher waren die für die Gesellschaft erworbenen Rechte und gegen sie begründeten Verbindlichkeiten Teil des gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter mit gesamthänderischer Bindung (§§ 718, 719 BGB aF). In Zukunft kann die rechtsfähige GbR selbst Vermögen bilden, sodass diese Rechte und Verbindlichkeiten zum eigenen Vermögen der Gesellschaft gehören werden (§ 713 BGB nF).
c) Beteiligungsverhältnisse und Personenbestand
Die Stimmkraft und der Anteil an Gewinn und Verlust richten sich in der Zukunft vorrangig nach den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen bzw. bei fehlender Vereinbarung nach dem vereinbarten Wert der Beiträge (§ 709 Abs. 3 BGB nF). Nur falls auch über den Wert der Beiträge keine Vereinbarung getroffen wurde, richten sich der Anteil an Gewinn und Verlust und die Stimmkraft nach Köpfen.
Ferner wird die GbR in Zukunft nicht mehr so stark vom Bestand ihrer Gesellschafter abhängig sein. Nach bisheriger Rechtslage führte beispielsweise der Tod oder die Insolvenz eines Gesellschafters zur Auflösung der Gesellschaft (vgl. §§ 727, 728 BGB aF); abweichende Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag waren jedoch zulässig. Ab 2024 wird dieses Verhältnis von gesetzlichem Regelfall und vertraglicher Abweichung umgedreht: Der Tod eines Gesellschafters oder dessen Insolvenz führen grundsätzlich nur zum Ausscheiden des Gesellschafters; die Gesellschaft bleibt bestehen, sofern im Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt wurde (§ 723 BGB nF).
Für die Auflösung durch Beschluss wird grundsätzlich eine 3/4-Mehrheit erforderlich sein (§ 732 BGB nF).
d) Umwandlunsgfähigkeit (UmwG)
Zudem kann die GbR zukünftig nach dem Umwandlungsgesetzes (UmwG) umgewandelt werden, sofern sie im Gesellschaftsregister eingetragen ist (eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts = eGbR).
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 UmwG nF ist die eGbR verschmelzungsfähiger Rechtsträger. Auf diese Vorschrift verweist der § 124 UmwG für die Spaltungsfähigkeit, sodass die eGbR auch an einer Aufspaltung oder Abspaltung beteiligt sein kann.
Außerdem ist gem. § 214 Abs. 1 UmwG nF ein Fomwechsel zur Kapitalgesellschaft oder eingetragenen Genossenschaft nach dem UmwG möglich.
Der Wechsel zur Rechtsform der oHG iSd § 105 Abs. 1 HGB erfordert allerdings keine Eintragung im Gesellschaftsregister. Dieser geschieht weiterhin von Gesetzes wegen, wenn die GbR aufgrund des Umfangs ihrer Geschäftstätigkeit ein Handelsgewerbe betreibt oder durch Eintragung als oHG im Handelsregister nach §§ 105 Abs. 2, 2 S. 2 und 3 HGB. Für diesen Statuswechsel müssen aber künftig die Anforderungen des § 707c BGB nF beachtet werden, sofern die Gesellschaft ins Gesellschaftsregister eingetragen wurde.
2. Einführung Gesellschaftsregister
Eine wesentliche Neuerung stellt die Einführung eines Gesellschaftsregisters (§§ 707 ff. BGB nF) dar.
Zwar besteht keine generelle Pflicht zur Anmeldung in das Gesellschaftsregister ( "Die Gesellschafter können die Gesellschaft bei dem Gericht, in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat, zur Eintragung in das Gesellschaftsregister anmelden." ). Es existiert jedoch ein "faktischer Zwang" für die Durchführung bestimmter Rechtsgeschäfte, beispielsweise für die Umwandlung nach dem UmwG (s.o.). Ferner wird die Eintragung ins Gesellschaftsregister eine Voraussetzung für den Erwerb registrierter Rechte durch die GbR sein, z.B. für den Erwerb von Eigentum an Grundstücken gem. der geplanten Neufassung des § 47 GBO.
Sollten sich die Gesellschafter für eine Anmeldung zum Gesellschaftsregister entscheiden, müssen sie jedoch auch folgende Risiken beachten: Die Eintragung erzeugt einen Gutglaubensschutz gegenüber Dritten, der der Publizitätswirkung des Handelsregisters entspricht (§ 707a Abs. 3 BGB nF iVm § 15 HGB). Ferner haben die eingetragenen Personengesellschaften gem. § 20 Abs. 1 S. 1 Geldwäschegesetz (GwG) Angaben zu ihren wirtschaftlich Berechtigten einzuholen und an das Transparenzregister zu übermitteln.
Eine Löschung der GbR aus dem Register ist nur bei Auflösung der GbR möglich (vgl. § 707a Abs. 4 BGB nF).
3. Generelle Haftungsbeschränkung für freie Berufe
In Zukunft ist es Freiberuflern grundsätzlich möglich, durch Eintragung in das Handelsregister eine Personenhandelsgesellschaft zu gründen (§ 107 Abs. 1 S. 2 HGB nF). Damit besteht für Freiberufler die Möglichkeit einer generellen Haftungsbeschränkung durch die Gründung einer KG oder GmbH & Co. KG. Bisher konnte die Haftung der Freiberufler nur auf Verbindlichkeiten und Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung beschränkt werden, indem sie sich für die Rechtsform der Partnergesellschaft nach dem PartGG entschieden haben.
Dies gilt allerdings nur, soweit das jeweilig anwendbare Berufsrecht eine Eintragung als Handelsgesellschaft zulässt. Es bleibt also abzuwarten, ob für bestimmte Berufsgruppen gegenteilige Vorschriften erlassen werden.
4. Freies Sitzwahlrecht
Außerdem können die Personengesellschaften künftig einen von ihrem registrierten, inländischem Vertragssitz abweichenden Verwaltungssitz haben (§ 706 BGB nF). Dies ermöglicht es, sämtlichen Geschäftstätigkeiten im Ausland nachzugehen und dabei die Rechtsform einer deutschen Personengesellschaft beizubehalten. Das wird vor allem relevant für Kommanditgesellschaften, bei denen nun die Komplementärgesellschaft ihren Verwaltungssitz im Ausland haben darf.
5. Beschlussmängel bei oHG und KG
Für Personenhandelsgesellschaft führt das MoPeG ein Beschlussmängelrecht ein (§§ 110 ff. HGB nF). Danach bleiben fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse wirksam, außer wenn die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschrift für die Gesellschafter unverzichtbar ist oder der Beschluss nach einer Anfechtunkslage durch Urteil für nichtig erklärt worden ist (§ 110 Abs. 2 HGB nF). Für die Anfechtunsklage besteht jedoch eine Klagefrist von drei Monaten (§ 112 Abs. 1 HGB).
6. Einheits-KG
Des Weiteren wird die in der Praxis bereits gängige Einheits-GmbH & Co. KG nun ausdrücklich gesetzlich anerkannt. Die Einheits-GmbH & Co. KG ist eine Kommanditgesellschaft, die gleichzeitig auch Alleingesellschafter ihrer eigenen Komplementär-GmbH (persönlich haftender Gesellschafter) ist. Dabei regelt § 170 Abs. 2 HGB nF, dass die Gesellschafterrechte in der Gesellschaftsversammlung der Komplementär-GmbH künftig von den Kommanditisten (beschränkt haftende Gesellschafter) wahrgenommen werden.
IV. Ausblick und Handlungsbedarf
Die Neuregelungen gelten auch für Gesellschaften, die vor dem 01. Januar 2024 gegründet wurden. Möchten die Gesellschafter an den bisherigen gesetzlichen Regelungen festhalten (bzw. von den künftigen gesetzlichen Regelungen abweichen), sollte eine Überarbeitung der Gesellschaftsverträge vorgenommen werden (z.B. bzgl. der Stimmkraft, der Anteile an Gewinn und Verlust oder der Gründe für die Auflösung der GbR).
Sofern nach Beginn des neuen Jahres Änderungen im Grundbuch geplant sind, die Rechte einer GbR betreffen (z.B. bei Veräußerung oder Erwerb eines Grundstücks oder einer Änderung im Gesellschafterbestand), muss die GbR zunächst ins Gesellschaftsregister eingetragen werden. Möchte man jedoch eine Eintragung ins Gesellschaftsregister vermeiden (um bspw. keine Angaben ans Transparenzregister übermitteln zu müssen), kann es sich lohnen, die Änderungen noch bis zum Ende des Jahres vorzunehmen.
Für Freiberufler bietet es sich an, die Wahl einer KG bzw. GmbH & Co. KG als Rechtsform zu prüfen, um eine generelle Haftungsbeschränkung zu genießen.